DAX
14.02.2015 10:04:48
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HINTERGRUND: Die Mär von der Dividende als dem neuen Zins
FRANKFURT (dpa-AFX) - Für Sparer kommt es derzeit knüppeldick: Angesichts der Geldflut der Notenbanken fallen die Zinsen immer weiter in den Keller - bei manchen Anleihen solider Staaten muss man sogar draufzahlen statt etwas zu bekommen. Auf der verzweifelten Suche nach Alternativen könnten Anleger deshalb zunehmend ihr Glück in der scheinbar heilen Dividenden-Welt suchen, in der Unternehmen mit steigenden Ausschüttungen ihre Aktionäre glücklich machen. Doch Fachleute warnen vor übereilten Entscheidungen. "Jeder Prozentpunkt mehr Rendite bedeutet ein höheres Risiko für den Anleger", sagt Günter Lego, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Packenius, Mademann & Partner.
Dabei sieht auf dem ersten Blick alles so rosig aus: Daten der Fondsgesellschaft Henderson Global Investors etwa zeigen, dass weltweit aktuell so viele Dividenden verteilt werden wie nie zuvor. "Viele Unternehmen verdienen weiterhin gut und beteiligen ihre Aktionäre großzügig an den Gewinnen", sagt Analyst Michael Bissinger von der DZ Bank. An diesem Donnerstag etwa lockt der Chiphersteller Infineon seine Aktionäre mit einer satten Erhöhung der Ausschüttung von 12 auf 18 Cent je Anteilsschein zur Hauptversammlung nach München. Das bedeutet bei einem Kurs von momentan rund 10 Euro eine Rendite von 1,8 Prozent. Davon können Anleger auf Tagesgeldkonten derzeit nur träumen.
Und Infineon ist nicht einmal Dividendenkönig im deutschen Leitindex Dax: Siemens-Aktionäre durften sich fürs vergangene Geschäftsjahr über mehr als 3 Prozent Rendite freuen, bei der Münchener Rückversicherung (Munich Re) erwartet die Anleger aktuell mehr als 4 Prozent.
Doch gerade kurzfristig orientierte Sparer sollten sich nicht von Dividendenversprechen einlullen lassen, mahnen Experten. So sei das nun allenthalben zu hörende Sprichwort "Die Dividende ist der neue Zins" weder rechtlich noch wirtschaftlich richtig, sagt Thomas Freiberger, Geschäftsführer der Thomas Freiberger Vermögensverwaltung: "Die Analyse historischer Daten zeigt, dass eine Dividendenstrategie als Ersatz für niedrig verzinsliche Anleihen guter bis sehr guter Qualität ein Portfolio nicht rentierlicher, sondern riskanter macht."
Aktuell jedoch ist die Versuchung groß, kurz vor dem Zuschnappen der Zinsfalle noch auf den Dividendenzug aufzuspringen. Denn wenn die Zinsen in Zukunft auf breiter Front unter die Inflationsrate fallen sollten, droht das Geld Jahr für Jahr weniger zu werden. Laut einer Umfrage der Fondsgesellschaft Union Investment hält mittlerweile schon ein Drittel der Anleger die Aktie für eine gute Anlage. Auf lange Sicht haben Anleger im deutschen Leitindex Dax bislang auch nicht viel falsch machen können. Im Rückblick waren selbst Einbrüche wie zu Zeiten der New-Economy-Blase um das Jahr 2000 oder der Finanzkrise 2008/2009 nur kurzfristige Eskapaden. Zuletzt erklommt der Dax immer neue Höhen.
Hingegen findet laut der Umfrage das Sparbuch mit seinen Zinsen von oft unter einem halben Prozent nur noch bei jedem fünften Anklang. Auch Tages- und Festgeld macht nicht mehr froh: Hier ist bei den bekannten Anbietern bei gut einem Prozent Schluss. Vorbei sind ebenfalls die Zeiten, in denen Festzinspapiere solider Konzerne noch für große Freude gesorgt haben. "Die Firmen haben sich mit billigen Anleihengeld vollgesaugt", sagt Gottfried Urban, Vorstand der Bayerischen Vermögen. "Das liegt jetzt in der Bilanz rum." Entweder man investiere, kaufe andere Unternehmen - oder schütte eben das überschüssige Geld an die Aktionäre aus.
Trotzdem mahnen Anlageexperten, kühlen Kopf zu bewahren. Denn einige Branchen könnten an der Börse bereits so heiß gelaufenen sein, dass sie für einen Einsteig mittlerweile zu teuer sind. In Verdacht stehen dabei gerade einige beliebte Aktien von Konsumgüterunternehmen. Nach Beobachtungen von Wolfgang Juds, Geschäftsführer bei der Credo Vermögensmanagement GmbH, schütten diese besonders hohe Dividenden aus. Ganz vorne mit dabei sind Unternehmen wie Nestle, Unilever und Procter & Gamble mit ihren Windeln, Waschmitteln oder Lebensmitteln.
Auch Verbraucherschützer raten, sich nicht von hohen Dividendenrenditen blenden zu lassen. So stimme der Spruch von der Dividendenrendite als dem neuen Zinssatz allein schon deshalb nicht, weil ein Großteil der deutschen Bevölkerung überhaupt keine Aktien besitze, sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Sicherlich stellten die niedrigen Zinsen vor allem jüngere Menschen vor die Herausforderung, mehr Risiken am Aktienmarkt einzugehen. Anfängern rät Oelmann, ihre Anlagen erst einmal breit zu streuen. In Frage kämen zum Beispiel kostengünstige Indexfonds (ETF), die etwa den weltweiten Aktienmarkt abbilden. Auf diese Weise könnten Anleger dann - je nach Ausgestaltung des ETF - auch von Dividenden profitieren./la/das/fbr
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
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