21.01.2013 14:53:31
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GESAMT-ROUNDUP/Rot-Grün: 'Riesenchance' für Wechsel
SPD und Grüne versicherten, ihre neue Mehrheit im Bundesrat nicht für eine Blockadepolitik nutzen zu wollen. Beide Parteien wollen im Bundestagswahlkampf stark auf Gerechtigkeitsthemen setzen. CDU und CSU schlossen weitere Schützenhilfe für die FDP vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen sowie vor der Bundestagswahl im Herbst aus. In Niedersachsen hatte die FDP massiv von Leihstimmen der CDU-Anhänger profitiert.
Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel betonte mit Blick auf die Lage in der Länderkammer: "Die Verantwortung der Sozialdemokraten und der Grünen ist mit dem gestrigen Tag gewachsen." Mit dem Wechsel zu Rot-Grün in Hannover kommt das Oppositionslager im Bundesrat auf 36 der 69 Stimmen und hat damit die Gestaltungsmehrheit.
Rösler will bei einem von Mai voraussichtlich auf den 9./10. März vorgezogenen Bundesparteitag erneut als Vorsitzender kandidieren. Fraktionschef Rainer Brüderle soll Spitzenkandidat für die Bundestagswahl werden. Diese Tandemlösung soll auf dem Parteitag offiziell beschlossen werden. Rösler hatte Brüderle im FDP-Präsidium zunächst auch den Parteivorsitz angeboten. Der 67-Jährige erklärte aber nach Angaben von Teilnehmern, er strebe nicht nach diesem Amt. Am Sonntag hatte die FDP in Niedersachsen 9,9 Prozent geholt. Schwarz-Gelb wurde dennoch abgewählt - mit einem hauchdünnen Rückstand von gut 12 000 Stimmen auf Rot-Grün.
Merkel sagte nach den Entscheidungen ihres Koalitionspartners: "Wir werden so vertrauensvoll wie immer zusammenarbeiten." Zugleich kündigte sie eine schärfere Abgrenzung von der FDP an. Merkel verwies auf "Dissenspunkte" wie bei der CDU-Forderung nach einer Lohnuntergrenze. Die CDU werde sich nicht scheuen, "im Wahlprogramm zu sagen, dass wir eine andere Meinung haben". Im Bundestagswahlkampf werde jeder für sich kämpfen. Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Oskar Niedermayer sollte die CDU bei der Bundestagswahl eine Leihstimmen-Kampagne der FDP nach niedersächsischem Vorbild unbedingt vermeiden.
Gabriel betonte, Rot-Grün habe im Bundesrat jetzt zwar eine Gestaltungsmehrheit, aber die SPD gehe mit Mehrheiten verantwortungsbewusst um. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte im ZDF, im Bundesrat könne die SPD nun Initiativen ergreifen. Dazu gehörten eine Überprüfung des Betreuungsgeldes und des flächendeckenden Mindestlohns. Die SPD müsse sich noch stärker auf Themen konzentrieren, die den Menschen auf den Nägeln brennen. "Dazu gehört der Kampf gegen Steuerhinterziehung." Auch Fairness auf den Finanzmärkten und der Mindestlohn seien solche Themen, sagte Steinmeier.
Vor dem Hintergrund der Diskussion über Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte Gabriel: "Man darf sich nicht verrückt machen lassen von aufgebauschten Debatten." SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles nahm Steinbrück demonstrativ in Schutz: Allen Unkenrufen zum Trotz habe sich alles, was zuletzt Aufregung erzeugt habe, nicht im Wahlergebnis widergespiegelt. Steinbrück hatte unter anderem mit Äußerungen zu einem aus seiner Sicht zu niedrigen Kanzlergehalt für Aufregung auch in der SPD gesorgt.
Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte, seine Partei müsse auf ihre eigene Stärke setzen und Stimmen hinzugewinnen. Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sagte: "Wir haben auch Rückenwind bekommen dafür, dass wir deutlich gemacht haben, mit wem wir den Wechsel wollen." Im Bundesrat würden die Grünen für eine gerechtere Politik eintreten.
CSU-Chef Horst Seehofer sagte: "Es kann die Lehre nur sein, dass die Union mit aller Kraft für jede eigene Stimme kämpft." Mit Blick auf die FDP ergänzte er: "Nur zu schauen, dass man von der Union etwas abknapst, das reicht nicht." CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte, es werde mit Sicherheit keine Kampagne für Stimmensplitting oder Leihstimmen geben.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis verlor die CDU in Niedersachsen 6,5 Punkte, blieb aber mit 36,0 Prozent stärkste Kraft - gefolgt von der SPD, die auf 32,6 Prozent (plus 2,3) kam. DieGrünen erzielten 13,7 Prozent (plus 5,7), die FDP erreichte 9,9 (plus 1,7) und die Linke 3,1 Prozent (minus 4,0). Die Differenz zwischen den Lagern Rot-Grün und Schwarz-Gelb betrug gerade mal 12 409 Wählerstimmen. Mit Überhang- und Ausgleichsmandaten ergibt sich folgende Sitzverteilung: CDU 54; SPD 49; Grüne 20; FDP 14. Damit hat Rot-Grün im neuen Landtag eine Ein-Stimmen-Mehrheit.
SPD und Grüne in Niedersachsen wollen sich zügig auf einen Regierungskurs einigen. Die Grünen demonstrierten Selbstbewusstsein, die SPD stellte ein Bündnis auf Augenhöhe in Aussicht. Erste wichtige Ziele für die SPD sind die Abschaffung der Studiengebühren und Akzente in der Regionalpolitik./bk/DP/rum
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