01.04.2014 18:56:32
|
Frankreichs Premier soll Brüsseler "Zwangsjacke" abstreifen
Von William Horobin und Gabriele Parussini
PARIS--Frankreichs Präsident François Hollande hat den neuen Premier Manuel Valls mit der Aufgabe betraut, die drückende "Zwangsjacke" aus Defizitvorgaben und Budgetkürzungen, die Brüssel dem Land verordnet hat, abzustreifen. Bei seiner Rede zur Nation sagte Hollande am Montagabend, die neue französische Regierung müsse die EU-Kommission in Brüssel "überzeugen", dass Steuersenkungen und andere Wachstumsanreize zu berücksichtigen seien, wenn die Ziele für den Defizitabbau festgelegt werden.
Frankreich verdiene mehr Zeit, um seine Staatsfinanzen zu sanieren, argumentierte Hollande. Paris muss in diesem Monat in Brüssel darlegen, wie es die öffentlichen Ausgaben in den nächsten drei Jahren um rund 50 Milliarden Euro senken will. Hollande sagte bei seiner Fernsehansprache jedoch, die Priorität sei, das maue Wachstum anzukurbeln. "Es geht nicht um eine Kürzung der Ausgaben um ihrer selbst willen", erklärte der sozialistische Politiker.
Hochrangige EU-Vertreter reagierten kühl auf die Eröffnungssalve aus Paris zu den Verhandlungen über die französischen Defizitziele. Erst am Vortag hatte sich gezeigt, dass Frankreich die Vorgabe für 2013 weit verfehlt hat. Das staatliche Defizit lag bei 4,3 Prozent und damit noch über den von der sozialistischen Regierung angepeilten 4,1 Prozent.
Die Verpflichtung der französischen Regierung gegenüber Brüssel, das Staatsdefizit im Jahr 2015 auf 3 Prozent zu senken, scheint damit umso schwerer erreichbar. Im Jahr 2012 hatte das Staatsdefizit noch bei 4,9 Prozent gelegen.
"Es ist essentiell, dass Frankreich entschieden handelt, um die Nachhaltigkeit seiner Staatsfinanzen sicherzustellen", sagte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn bei dem Treffen der Euro-Finanzminister in Athen. "Die Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits ist bereits zweimal verlängert worden."
Die neuerliche Offensive von Hollande gegen den Brüsseler Sparkurs könnte wieder einen Riss in Europa öffnen zwischen den Befürwortern einer Fiskaldisziplin im Norden und den Ländern im Süden, die sich über die sozialen und ökonomischen Schäden beklagen, die dieser Kurs für ihre Gesellschaften bedeutet.
Der französische Präsident kann auf den frischgebackenen italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi als Verbündeten zählen. Der Anführer der italienischen Sozialisten hat einen ähnlichen Steuersenkungsplan wie Hollande vorgelegt und an Brüssel appelliert, auf einen Anstieg der Staatsschulden zur Wachstumsbelebung setzen zu dürfen.
Als Renzi seinen Kollegen im vergangenen Monat in Paris besuchte, gelobten die beiden Politiker, Europa auf einen Kurs zu bringen, der das Wachstum fördert. Seit seiner Wahl im Mai 2002 hat Hollande einigen Erfolg dabei gehabt, die europäische Politik stärker auf Wachstumsförderung auszurichten.
Doch der Wachstumspakt, der geschlossen wurde, brachte wenig greifbare Resultate in Frankreich, weil Hollande weiter versuchte, die Defizitziele durch Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen zu erreichen. Die französische Wirtschaft stagnierte und Paris wandte sich an Brüssel, um die Frist für den Defizitabbau zu verlängern.
Nun wettert Hollande erneut gegen das Spardiktat, während die französische Wirtschaft immer noch keine überzeugenden Signale für einen spürbaren Aufschwung liefert. Die Konjunkturflaute erschwert sowohl den Defizitabbau als auch die Senkung der Arbeitslosenquote. "Eine Stärkung der französischen Wirtschaft ist der beste Weg, um die Richtung in Europa zu ändern", sagte Hollande.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/apo
(END) Dow Jones Newswires
April 01, 2014 12:25 ET (16:25 GMT)
Copyright (c) 2014 Dow Jones & Company, Inc.- - 12 25 PM EDT 04-01-14

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!