24.09.2009 11:32:23

FOKUS: Hamburger Hafen sucht Ideen und Investoren für Terminal

Von Kirsten Bienk DOW JONES NEWSWIRES HAMBURG (Dow Jones)--Der Hamburger Hafen geht bei der Ausschreibung neuer Projekte ungewohnte Wege. So sucht die Hamburg Port Authority (HPA) künftig auch international nach finanzkräftigen Investoren für Containerterminals und Grundstücke und hat für eines ihrer wertvollsten Areale sogar einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben. Die Teilnehmer sind aufgefordert, innovative Konzepte für das geplante Central Terminal Steinwerder (CTS) einzureichen und so das dynamische Wachstum von Deutschlands wichtigstem Seehafen nachhaltig zu fördern.

   Die Resonanz auf dieses so genannte Markterkundungsverfahren ist hoch. Mehr als 20 Interessenten wollen ihre Gedanken für eine verbesserte Nutzung der Wasser- und Landflächen zu Papier bringen. "Darunter befinden sich neben strategischen Investoren auch Baugesellschaften, internationale Terminalbetreiber, Reedereien, Projektplaner und Finanzinvestoren", sagte HPA-Geschäftsführer Wolfgang Hurtienne im Gespräch mit Dow Jones Newswires.

   Die Hafenbetreiberin will die Zahl der avisierten Konzepte aber auf eine "handhabbare" Menge begrenzen. Ende September informiert sie die Bewerber, die ihre detaillierten Ideen bis zum 6. November einreichen dürfen. Der Hafen in Antwerpen führt gerade einen ähnlichen Markttest durch. Erfahrungswerte liegen der HPA aber noch nicht vor.

   Das Ergebnis des Hamburger Wettbewerbs soll in den Hafenentwicklungsplan 2010 integriert werden. Mit dem ersten Spatenstich zur Umgestaltung des in die Jahre gekommenen Hafenareals rechnet die HPA 2013, mit der Inbetriebnahme der neuen Anlagen zwischen 2018 und 2020.

   Der Hamburger Hafen hat international eine sehr große Bedeutung. In Europa ist er nach Rotterdam und Antwerpen der drittgrößte Hafen. Weltweit ist er der elfgrößte Containerhafen. Hier haben Singapur und Hongkong die Nase vorn. Rund 40% des deutschen Im- und Exports werden derzeit über Hamburg abgewickelt, weitere 23% über Rotterdam und 13% über Bremen. Fläche ist im Hamburger Hafen Mangelware, obwohl er rund 10% des Stadtgebiets einnimmt.

   In der Vergangenheit hat sich der Hamburger Hafen immer wieder den Anforderungen von neuen und größeren Schiffen angepasst. Terminals und Kaianlagen wurden vergrößert, das Hinterland für den Abtransport der angelandeten Ware ausgebaut. Den Großteil der privaten Investitionen übernahmen bisher allerdings heimische und bereits ansässige Unternehmen. So werden gegenwärtig die Containerterminals von der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), der Eurogate GmbH und der Buss-Gruppe betrieben. "Hamburger Lösungen" nennt die Branche die bisher durchgeführten Vergaben.

   Damit ist nun Schluss. Für die geplante effizientere Nutzung des CTS öffnet sich der Hafen allen Interessenten. "Wir gehen damit ausdrücklich neue Wege, bekommen dafür aber sehr positive Rückmeldungen", sagt Hurtienne. Kritische Stimmen seien vereinzelt aus den Reihen der ansässigen Unternehmen zu hören.

   Die sich dem Ideenwettbewerb anschließende Ausschreibung des Projekts muss wegen des Investitionsvolumens europaweit erfolgen. Damit können sich alle internationalen Unternehmen, die in Europa Töchter unterhalten, beteiligen. Die HPA-Geschäftsführung war bereits auf Roadshow in Asien und ist dort Hurtienne zufolge auf "großes Interesse" gestoßen.

   Die HPA will künftig auf dem Gebiet des CTS mehr als nur Container be- und entladen und zum Weitertransport auf LKW heben. Sie möchte sich breiter und damit weniger konjunkturanfällig aufstellen und plädiert deswegen für ein nachhaltiges Konzept "hafenbezogener" Nutzungen und einen attraktiven Branchenmix. Wegen der gegenwärtigen Unübersichtlichkeit der Marktsituation setzt Hurtienne auch auf Ideen aus der Branche. "Wir wollen auf keinen Fall an den Bedürfnissen des Marktes vorbei planen und Überkapazitäten schaffen", sagt er.

   Am kontinuierlichen Wachstum des Container-, Stückgut- und Massengutumschlags und einer daraus resultierenden hohen Nachfrage nach Industrie- und Gewerbeflächen hegt Hurtienne trotz der Wirtschaftskrise keinerlei Zweifel. "Die Atempause, die die Konjunktur gerade macht, ändert nichts an unserer positiven Einschätzung."

   Aus diesem Grund hält der Hafen gerade jetzt an dem Ausbauvorhaben fest. "Nur abzuwarten wäre ein sehr großer Fehler", sagt der Geschäftsführer. Die im Hafen bestehenden Infrastrukturengpässe würden spätestens beim Anziehen des Welthandels wieder "schmerzhaft" spürbar. Das aktuelle Ausbauziel des Hafens orientiert sich an einem prognostizierten Umschlag von 18 Mio TEU. 2008 waren es 9,74 Mio TEU. Das geplante Terminal Steinwerder hat ein Potenzial von 3,5 Mio TEU.

   Trotz dieser positiven Einschätzung des Managements könnte sich die gegenwärtige wirtschaftliche Situation negativ auf den Projektzeitrahmen auswirken. "Es könnte sein, dass sich einige Investoren derzeit scheuen, sich finanziell zu binden", sagt Hurtienne. Für schnelle Entscheidungen sei die Krise sicher nicht förderlich. Aus diesem Grund hält er eine Verschiebung um ein oder zwei Jahre für denkbar. Entsprechende Hinweise würden möglicherweise schon im Markttest deutlich.

   Der HPA-Geschäftsführer wünscht sich am CTS alternativ oder ergänzend zu vier geplanten Liegeplätzen für Schiffe mit bis zu 400 m Länge die Ansiedlung von industrieller Fertigung. "Es gibt immer mehr Produkte, die so groß sind, dass sie am günstigsten auf dem Wasserweg transportiert werden", sagt Hurtienne und nennt Windkraftanlagen, Rolltreppen und Kraftwerkskomponenten als Beispiele. Gegenwärtig wird dieses Areal seinen Angaben zufolge nicht optimal genutzt.

   Die Teilnehmer des Ideenwettbewerbs können ihre Vorschläge entweder für das ganze Areal oder auch nur für Teile einreichen. "Wir sind ausdrücklich offen für alle hafenbezogenen Nutzungsmöglichkeiten", sagt Hurtienne. Dabei lege die HPA besonderen Wert auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Umweltverträglichkeit von Verkehrsträgern und die Einbeziehung des Umfelds.

   Die HPA wartet mit Spannung auf die eingereichten Konzepte. "Ich kann mir gut vorstellen, dass die Entwürfe sehr unterschiedlich sind", sagt Hurtienne. Neben Ideen zur Nutzung rechnet er auch mit Vorschlägen für Organisations- und Finanzierungsmodelle. Die eingereichten Vorschläge will er Anfang nächsten Jahres auswerten und prämieren. Als Preisgeld für die drei besten Vorschläge stehen insgesamt 100.000 EUR zur Verfügung.

   Die Terminalbetreiber Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Eurogate und die BUSS-Gruppe haben bereits ihr Interesse zur Teilnahme an dem Ideenwettbewerb bekundet. Zu ihren Vorschlägen machen alle Unternehmen aber mit Verweis auf ein vereinbartes Stillschweigen keine Angaben.

Webseite: http://www.hpa.hamburg.de

-Von Kirsten Bienk, Dow Jones Newswires, +49 (0)40 3574 3116, kirsten.bienk@dowjones.com DJG/kib/smh (END) Dow Jones Newswires

   September 24, 2009 05:01 ET (09:01 GMT)

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