03.07.2013 20:10:31

Europa verspricht Resultate im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit

   Von Andreas Kißler

   BERLIN--Europa will den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit intensivieren und dafür erste Reformschritte einleiten, die im Herbst überprüft werden sollen. "Wenn wir uns das nächste Mal in einem solchen Kreise treffen, muss es Fortschritte geben", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einem Gipfel zur Jugendbeschäftigung, zu dem die meisten Staats- und Regierungschefs der EU ins Kanzleramt nach Berlin gekommen waren. Dort vereinbarten sie, dass es im Oktober ein Folgetreffen in Paris geben soll.

   "Unser Ziel ist doch klar, dass die hohe Jugendarbeitslosigkeit jetzt herunter kommen muss", betonte Merkel. Allerdings seien keine Zielwerte ins Auge gefasst worden. Jedoch sollen laut Merkel unter anderem die Arbeitsverwaltungen "wo notwendig effizienter gestaltet werden" und die Weiterbildungs- und Qualifizierungsstrukturen gestärkt werden.

   Auch soll die Europäische Investitionsbank (EIB) zur Unterstützung von Ausbildung auch Kredite an kleine und mittlere Unternehmen geben. "Wir wissen, dass eine große Barriere heute ist, dass die Kreditfinanzierung der Unternehmen in bestimmten Ländern schlecht bis gar nicht klappt", konstatierte die Kanzlerin.

   Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande sagte, mit Hilfe der EIB solle auch die Selbstständigkeit gefördert werden. Als Gastgeber der Folgekonferenz versprach er Resultate. "Es gibt für uns eine Ergebnisverpflichtung".

   An dem Gipfeltreffen nahmen die meisten europäischen Staats- und Regierungschefs teil, neben Merkel und Hollande unter anderem auch die Ministerpräsidenten aus Italien, Irland, Spanien und Griechenland. Parallel trafen sich die Arbeitsminister aller EU-Länder und die Chefs der nationalen Arbeitsverwaltungen.

   Die Jugendarbeitslosigkeit liegt nach den neuesten EU-Statistiken im Mai in Spanien bei 56,5 Prozent und in Portugal bei 42,1 Prozent. In Griechenland waren es laut der jüngsten verfügbaren Zahl im März sogar 59,2 Prozent. In Deutschland sind es hingegen 7,6 Prozent und im Schnitt der Eurozone 23,9 Prozent.

   Europa hat bereits sechs Milliarden Euro für die nächsten zwei Jahre zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zugesagt, die durch eine zusätzliche Flexibilisierung im EU-Finanzrahmen auf acht Milliarden Euro anwachsen sollen. Merkel bekräftigte diese Zusage. "Wir haben acht Milliarden, die noch nicht in den klassischen Strukturen verplant sind", sagte die Kanzlerin. Jedoch stünden aus anderen Bereichen noch deutlich mehr Mittel auch hierfür zur Verfügung.

   Allerdings ist im Detail noch unklar, wozu diese Mittel dienen sollen. Bei dem Treffen ging es deshalb vor allem um ihre Verwendung. In der siebenseitigen Abschlusserklärung des Treffens werden dafür Schwerpunkte genannt. Die Mitgliedstaaten sollen demnach auch temporäre Lohnsubventionen in Betracht ziehen und "maßgeschneiderte Implementierungspläne zur Weiterentwicklung der nationalen Ausbildungssysteme, soweit erforderlich, hin zur möglichst betriebsnahen Qualifizierung" erarbeiten.

   Deutschland wolle den anderen Staaten "eine Blaupause für die duale Ausbildung" weitergeben, erklärte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die die Beratungen der Arbeitsminister leitete. "Das Entscheidende ist, die Strukturen herzustellen, dass junge Menschen im idealen Fall eine duale Ausbildung bekommen."

   Nach ihrem Treffen erklärten die Arbeitsminister, die Mitgliedstaaten würden "schnell Schritte einleiten", um die verfügbaren Finanzierungsinstrumente noch intensiver zu nutzen. "Hierzu gehört insbesondere die erhöhte Darlehensvergabe seitens der Europäischen Investitionsbank sowie die verstärkte Nutzung der Mittel aus den Struktur- und Investmentfonds," heißt es in einer Erklärung. Von großer Bedeutung seien besonders Vorschläge für Darlehen der EIB an kleine und mittlere Unternehmen zur Förderung der Beschäftigung junger Menschen, betonten auch sie.

   Opposition und Gewerkschaften in Deutschland haben allerdings bereits Kritik geübt und stärkere Anstrengungen verlangt. "Merkel und ihre Regierung haben ein Jahr mit Nichtstun und Blockade verstreichen lassen, um jetzt drei Monate vor der Wahl internationale Gipfel-Shows zu machen", sagte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und kritisierte Merkels EU-Kurs. "Die sträfliche Fixierung auf einen rigorosen Sparkurs hat zu dieser Hungerkur geführt, die die hohe Jugendarbeitslosigkeit erst verursacht hat," erklärte Steinbrück. Er verlangte ein Sofortprogramm. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, forderte einen "Marshall-Plan" für Investitionen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

   Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lädt junge Menschen aus Südeuropa vor dem Hintergrund des Berliner Gipfeltreffens dazu ein, sich auf die noch freien Ausbildungsplätze in Deutschland zu bewerben. Den Gipfel zur Jugendarbeitslosigkeit bezeichnete Rösler als "Signal", dass Europa zusammenstehe. "Allein in diesem Jahr sind noch circa 30.000 Ausbildungsplätze unbesetzt", erklärte Rösler.

   Arbeitsministerin von der Leyen hat in Madrid bereits mit Spanien ein Abkommen geschlossen, das eine Ausbildung und spätere Beschäftigung junger Spanier in Deutschland zum Ziel hat. Durch eine Vereinbarung von der Leyens mit ihrer spanischen Amtskollegin sollen jährlich rund 5.000 junge Spanier die Möglichkeit erhalten, in Deutschland eine Ausbildung zu erhalten und zu arbeiten.

   Deutschland plant zudem im Rahmen eines Investitionsprogramms für spanische Klein- und Mittelbetriebe insgesamt Garantien über rund 1 Milliarde Euro. Kurzfristig umgesetzt werden soll demnach ein Globaldarlehen der deutschen Förderbank KfW über 800 Millionen Euro an die staatliche spanische Förderbank ICO. So soll spanischen Klein- und Mittelbetrieben Liquidität und Kapital verschafft werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Rösler wollen das Globaldarlehen am Donnerstag in Berlin gemeinsam mit den zuständigen spanischen Ministern offiziell unterzeichnen.

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@dowjones.com

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   July 03, 2013 13:32 ET (17:32 GMT)

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