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22.09.2013 22:30:38

Euro-Krise fegt FDP aus dem Bundestag

   Von Christian Grimm und Susamm Kreutzmann

   BERLIN--Ein inhaltsleerer Wahlkampf, offene Machtkämpfe in der Parteispitze und zum Schluss noch eine Bettelkampagne um Zweitstimmen - das war selbst treuen FDP-Wählern zu viel. Die Quittung folgte an der Wahlurne: Die FDP fuhr das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein und wird aller Voraussicht nach im neuen Bundestag nicht vertreten sein. Auch aus dem Hessischen Landtag werden sich die Freidemokraten wohl verabschieden müssen.

   Triumphieren konnte dagegen die Union mit einer strahlenden Kanzlerin Merkel, die auch den Liberalen Wähler abwerben konnte. Doch am meisten hat wohl die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) von enttäuschten ehemaligen FDP-Wählern profitiert. Rund 440.000 von ihnen wandten sich der neu gegründeten Anti-Euro-Partei zu. "Wenn die FDP ihre Versprechen von vor vier Jahren gehalten hätte, gäbe es uns heute nicht", brachte es der stellvertretende Afd-Vorsitzende Alexander Gauland am Wahlabend auf den Punkt.

   Die AfD machte mit der Angst der Menschen vor einer Überfrachtung Deutschlands in der Euro-Rettungspolitik Punkte. Bankenunion, Schuldenvergemeinschaftung und die Angst vor immer neuen Rettungspaketen für Krisenländer waren das politische Programm.

   Vielen prinzipienfesten Marktliberalen ging die vermeintlich alternativlose Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung gegen den Strich. Sie warnten vor einem immer neuen Herauskaufen von Euro-Sorgenkinder wie Griechenland, Zypern oder Portugal aus dem Bankrott. Gehört wurden sie von der Parteispitze nicht.

   Auch innerparteilich regte sich Widerstand gegen den Euro-Rettungskurs. Der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler schoss immer wieder öffentlichkeitswirksam gegen weitere Hilfspakete in Milliardenhöhe. Mit den Euro-Skeptikern von der AfD bot sich verärgerten FDP-Anhängern eine neue politische Heimat.

   "Wir haben eine Alternative entwickelt, für Menschen, die enttäuscht sind", sagte Afd-Parteichef Bernd Lucke. Die neue Partei profitierte auch von der Aufbauhilfe früherer Freidemokraten. Rund 700 Mitglieder wechselten die Seiten. Prominente Beispiele sind Matthias Niebel, Cousin von Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel und der hessische Landtagsabgeordnete Jochen Paulus.

   Im Wahlkampf der Liberalen fehlte es an inhaltlicher Positionierung. Sie machten eine Kampagne gegen die Solidaritätsabgabe, was aber die Mehrheit der Wähler nicht wirklich bewegte. Auch konnte sie nichts vom Glanz der Erfolge der Bundesregierung für sich verbuchen.

   So verkaufte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die gute Situation auf dem Arbeitsmarkt als ihren Verdienst. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) fuhr Sympathiepunkte als strenger Kassenwart ein, der keine Steuergelder verschwendete. Und die Kanzlerin gab nicht nur innenpolitisch den Kurs vor, sondern auch international, vor allem in der Europapolitik. Damit übernahm sie auch gleich noch das Feld von Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Für die FDP und ihre Minister blieb am Ende nicht viel übrig für eine eigene Profilierung.

   Hinzu kam innerparteilicher Streit. 2011 kandidierte FDP-Chef Westerwelle nach wochenlangen parteiinternen Querelen nicht erneut für den Parteivorsitz. Unter seiner Führung hatten die Liberalen 2009 bei der Bundestagswahl mit 14,6 Prozent immerhin ihr erfolgreichstes Ergebnis eingefahren. Philipp Rösler übernahm das Parteiruder und agierte glücklos.

   Der nun wahrscheinlich verpasste Wiedereinzug in den Bundestag versetzte die Parteiführung in Schockstarre. "Ich werde natürlich die persönliche Verantwortung übernehmen. Das ist natürlich bitter für mich", sagte der sichtlich betretene FDP-Vorsitzende in seiner ersten Erklärung nach dem Wahlschock. Andere liberale Spitzenpolitiker waren da deutlicher: "Ich habe keine Ahnung, wie es weitergeht. Es ist für uns alle ein Schock", sagte Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt.

   Nach der verpatzten Bayern-Wahl vor einer Woche, bei der die Liberalen ebenfalls den Einzug ins Landesparlament verpassen, rief Rösler eine Zweitstimmenkampagne aus. "Jetzt erst recht" war sein Slogan. Wer die Fortsetzung der schwarzen-gelben Koalition wolle, müsse mit Zweitstimme FDP wählen. Es folgte Streit mit der Union. "Zweitstimme ist Kanzlerstimme", stellte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe klar. Nur wenige Liberale wie der schleswig-holsteinische FDP-Chef Wolfgang Kubicki warnten schon damals vor dieser Bettelkampagne.

   Auch wenn die AfD nach jetzigem Stand mit 4,9 Prozent den Einzug in den Bundestag verpasst, ist ihr Abschneiden doch ein Erfolg. Es ist Indiz für die große Verunsicherung vieler Wähler in der Euro-Rettungspolitik und das Bedürfnis nach einfachen Antworten.

   Die AfD hat das deutsche Parteiensystem durcheinander gewirbelt. Zumindest das kann sie sich auf die Fahnen schreiben: Parteichef Lucke kündigte bereits an, bei der Europawahl nächsten Jahr einen neuen Anlauf zu starten.

   Kontakt zum Autor: redaktion@wallstreetjournal.de

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   September 22, 2013 15:59 ET (19:59 GMT)

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