03.04.2013 11:38:00

ESM-Vertrag 2 - Auslegungserklärung spielte Rolle in Verhandlungen

Die Bundesregierung und der Nationalrat entschieden sich für die Teilnahme am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und gingen damit begrenzte Verpflichtungen ein, zur Vermeidung nicht absehbarer wirtschaftlicher und sozialer Schäden. Diese Vorgangsweise habe sich im Rahmen der Verfassung bewegt, so VfGH-Präsident Gerhart Holzinger. Zu den Bedenken der früheren Kärntner Landesregierung, dass eine andere "politische Handlungsoption" richtiger gewesen wäre, meinte der VfGH-Präsident: "Das ist eine rechtspolitische Frage, die vom VfGH nicht zu beurteilen ist."

Eine besondere Rolle in den Verhandlungen der Verfassungsrichter habe die sogenannte "Auslegungserklärung" zum ESM-Vertrag gespielt. Darin wurden den beteiligten Staaten, wie vom deutschen Bundesverfassungsgericht gefordert, Haftungsobergrenzen zugesichert. Diese Erklärung wurde in Österreich zwar im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, aber nicht im Parlament beschlossen. Aus Kärntner Sicht sei dies unzulässig gewesen. Bundesregierung und Nationalrat seien allerdings bereits bei der Genehmigung des ESM-Vertrags davon ausgegangen, dass sämtliche Zahlungsverpflichtungen der ESM-Mitglieder begrenzt seien mit den im Anhang festgelegten Anteilen - in Österreichs Fall rund 19,4 Mrd. Euro. Dass die Auslegungserklärung nicht vom Nationalrat gesondert genehmigt wurde, sei daher nicht problematisch, so Holzinger.

Der VfGH-Präsident bekräftigte am Mittwoch, dass er es für zweckmäßig hielte, Staatsverträge in europäischem Kontext vorab prüfen zu können. Dies habe auch bereits Bundespräsident Heinz Fischer vorgeschlagen. "Meines Erachtens zeigte der Abschluss des ESM-Vertrages, dass es zweckmäßig wäre." Schon vor Inkrafttreten oder einer Ratifikation sollte ein Staatsorgan wie der Bundespräsident die Möglichkeit erhalten, die Verfassungskonformität prüfen zu lassen.

Holzinger räumte aber ein, dass es für eine Vorabprüfung derzeit keine Einigungder Parteien gibt, u.a. werde befürchtet, der Verfassungsgerichtshof könnte über Gebühr in den rechtspolitischen Meinungsstreit einbezogen werden. "Die Kontrolle im Nachhinein hat durchaus Vorteile", so Holzinger. Aber bei Staatsverträgen im europäischen Kontext wäre die Möglichkeit einer Vorabprüfung durchaus zweckmäßig. Gerade dieser Fall habe gezeigt, dass man sich politischen Streit erspart hätte, wäre die Frage der Verfassungsmäßigkeit geklärt gewesen, meinte der VfGH-Präsident.

Die Kärntner Freiheitlichen hatten mit dem Argument, die Verfassungsklage noch auf den Weg bringen zu wollen, monatelang den Neuwahlbeschluss der anderen Parteien in Kärnten blockiert.

(Schluss) jul/me/mk

WEB http://www.vfgh.gv.at/

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