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Euro am Sonntag-Titel 14.09.2013 03:00:02

Die besten Autoaktien: Klein ganz groß

von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Man gönnt sich ja sonst nichts: 768.000 Euro kostet der 918 Spyder, Extras nicht mitgerechnet. Der Sportwagen der VW-Tochter Porsche bringt 887 PS auf die Straße, dazu Verbrennungs- und Elektromotor. Auch wer sich extremen Luxus leisten kann, will offenbar Sprit sparen. Oder legt zumindest Wert auf ein sauberes Image.

Protzmodelle wie der Spyder werden auf der In­ternationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt, dem wichtigsten Treffen der Autowelt, ab dem kommenden Donnerstag selbst die stets adretten Hostessen in den Schatten stellen. Routiniert lockt die Branche mit Superlativen: 159 Weltpremieren verspricht Matthias Wissmann, als Präsident des Verbands der Automobilindustrie der Hausherr der Veranstaltung.

Die Aufmerksamkeit des Fachpub­likums gilt den neuen Megatrends: Elektromobilität und das vernetzte Fahrzeug. Wissmann preist die neue Technik als „Fenster zur Zukunft der ­Mobilität“. Vor allem die deutschen Autohersteller geben sich als innovative Trendsetter: BMW und Volkswagen präsentieren mit Elektromotoren ausgestattete Modelle für den Stadtverkehr, Mercedes will mit der futuristisch anmutenden Sicherheitstechnik seiner S-Klasse beeindrucken.

Megatrends mit Makel
Trotz pompöser Inszenierung: Die Stimmung in der Branche ist angespannt. In Europa verkaufen die Konzerne so wenig Fahrzeuge wie seit 20 Jahren nicht mehr. Die Wirtschaft in China, dem wichtigsten Wachstumsmarkt, kühlt sich ab. Elektromobilität und Vernetzung sind zwar faszinierende Themen, aber wohl nicht weit genug entwickelt, um die Nachfrage nach Autos entscheidend anzukurbeln.

Die Geschäftsberichte der Konzerne sind mit Warnhinweisen gespickt: Der VW-Konzern und BMW haben zum Halbjahr als Ziel aus­gerufen, den Gewinn 2013 auf Vorjahresniveau zu halten. Daimler sieht eine „deutliche Ergebnisverbesserung“ im zweiten Halbjahr, aber nur im Vergleich zum schwachen Jahresauftakt.

An den Aktienmärkten, die nicht immer, aber oft ein feines Gespür haben, hinken Volkswagen und BMW seit Jahresbeginn dem DAX meist hinterher. Nach vorn drängt unter den deutschen Herstellern an der Börse nur Daimler.

Die neuen Stars der Aktionäre kommen ausgerechnet aus Süd­europa. Peugeot hat seinen Börsenwert seit Jahresbeginn verdoppelt. Fiat und Renault haben um mehr als 40 Prozent zugelegt. Und das, obwohl die Autokonzerne Frankreichs und Italiens noch immer mit großen Prob­lemen zu kämpfen haben: Die Produktion ist zu teuer, viele Modelle sind veraltet und unattraktiv, das Geschäft stark auf den europäischen Markt ausgerichtet. Börsianer aber blicken bekanntlich nach vorn.

Der Fluch des Erfolgs
Die deutschen Hersteller steuerten an der Börse lange auf der Überholspur. Mit ihren Premiummodellen profitieren sie von der Dynamik Chinas und der USA. Volkswagen etwa verkaufte im ersten Halbjahr bereits 35 Prozent seiner Fahrzeuge in China. Der Boom in Fernost lässt die Probleme in Europa im Rückspiegel verschwinden.

Mit dem Erfolg aber sind die Erwartungen gestiegen. Die Börse reagiert empfindlich, selbst auf kleine Abweichungen von der Ideallinie. Audi, als Premiummarke wichtiger Gewinnbringer für Volkswagen, steigerte den Absatz im ersten Halbjahr um knapp sechseinhalb Prozent — so langsam wie seit fast vier Jahren nicht mehr. Ähnlich sieht der Trend bei BMW aus.

Die Südeuropäer haben es in dieser Hinsicht leichter. Trotz der jüngsten Kurserholung sind sie weit von früheren Bestmarken entfernt. Peugeot notiert 58 Prozent unter Buchwert, Renault 35 Prozent — halb so hoch wie vor Eskalation der euro­päischen Schuldenkrise. Entsprechend groß ist der Hebel im Fall positiver Überraschungen.

Noch immer schreiben die Süd­europäer im Kerngeschäft rote Zahlen. Das CAR-Center Automotive Research an der Uni Duisburg-Essen hat die Bilanzen für das erste Halbjahr genau unter die Lupe genommen. Renault fuhr demnach im Kerngeschäft mit jedem Fahrzeug vor Zinsen und Steuern einen Verlust von 457 Euro ein, Peugeot-Citroën 349 Euro, Fiat Auto 130 Euro.

Es gibt aber auch Fortschritte zu vermelden: „Gegenüber dem Vorjahr konnten alle Verlustmarken mit Ausnahme von Renault ihre Verluste pro verkauftem Fahrzeug senken“, heißt es in der Analyse. Rückenwind erhalten die Optimisten von Konjunkturindikatoren. Die Privatwirtschaft der Eurozone legte im August so stark zu wie seit gut zwei Jahren nicht mehr, ergab eine Umfrage des Londoner Marktforschungsunternehmens Markit, das 5.000 Dienstleister und Industriebetriebe befragte. „Immer mehr Sekto­ren und Länder finden aus der Rezes­sion heraus“, urteilt der Chefvolkswirt von Markit, Chris Williamson.

Auch wenn Europa von einem Wirtschaftsboom weit entfernt ist — die sich abzeichnende Stabilisierung müsste sich, zeitlich verzögert, auch in den Verkaufshallen der Autohändler bemerkbar machen. Das lässt vor allem Peugeot Hoffnung schöpfen. Den Konzern mit dem Löwenlogo hat die Krise besonders hart erwischt. Im vergangenen Jahr türmten sich die Verluste auf fünf Milliarden Euro. Zwei Drittel seiner Fahrzeuge verkauft Peugeot auf dem Krisenkontinent — so viele wie kein anderer der großen Hersteller, wie JP Morgan errechnet hat.

Gemeinsam aus der Krise
Die Automesse in Frankfurt will Peugeot nutzen, um eine neue Generation wichtiger Modelle zu präsentieren. Der 308 soll dem VW Golf Konkurrenz machen. Mit dem neuen 2008 greifen die Franzosen derweil in der Klasse der sportlichen Geländewagen an, einem der wenigen Wachstumsfelder im europäischen Automobilmarkt.
Ähnlich stark wie Peugeot hängt Renault vom europäischen Markt ab, hat aber einen strategischen Vorteil: Die Allianz mit dem japanischen ­Autokonzern Nissan. Beide besitzen größere Aktienpakete des Partners und werden von Carlos Ghosn geführt. Durch abgestimmte Prozesse konnten die Kosten bereits um 2,7 Milliarden Euro gedrückt werden. Bis zum Jahr 2016 sollen es vier Milliarden werden.

Vorteile soll auch die strategische Ausrichtung bringen: Während Peugeot mit seinen in der Mittelklasse angesiedelten Fahrzeugen von preisgünstigeren Modellen der Premiumhersteller wie BMW bedrängt wird, setzt Renault auf günstige Einsteigermodelle. Dort sieht Ghosn „enormes Wachstumspotenzial“. Nicht nur in Schwellenländern, sondern auch in Südeuropa, wo Kunden selbst im Fall einer Konjunkturbelebung sparsam wirtschaften werden.

Wie wertvoll ein Partner ist, zeigt sich auch beim italienischen Konzern Fiat. Konzernchef Sergio Marchionne hat auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise Mut bewiesen und schrittweise die Mehrheit des amerikanischen Autokonzerns Chrysler aufgekauft. Damit hat Fiat ein starkes Standbein in den USA, dem neben China wichtigsten Wachstumsmarkt der Branche.

Am Rand der roten Linie
Auch wenn Chrysler zuletzt seine Gewinnprognose senken musste, läuft das Geschäft profitabel und stützt den Mutterkonzern. Im zweiten Quartal kam Fiat auf einen Nettogewinn von 142 Millionen Euro — ohne Chrysler wäre es ein Verlust von 247 Millionen gewesen.

Solche Zahlen zeigen, dass sich die süd­europäischen Autobauer weiterhin auf glatter Fahrbahn bewegen. Verbesserungen wurden vor allem durch Einsparungen erreicht. Für einen wirklichen Umschwung aber muss der Absatz spürbar steigen.
Aktionären bieten sich zwei Ansätze: Risikofreudige setzen auf das positive Momentum der Südeuropäer. Langfristig orientierte Anleger dürften mit den deutschen Herstellern besser fahren. Wie wichtig die weltweite Präsenz der Marken made in Germany ist, haben die jüngsten Absatzzahlen in den USA gezeigt: Die deutschen Premiummarken legten im August zweistellig zu, BMW sogar um 35 Prozent.

Unter den Autokonzernen im DAX hat Daimler derzeit die höchste Dynamik und dürfte auch auf der IAA mit optimistischen Aussagen zur aktuellen Geschäftsentwicklung aufwarten. BMW, der am stärksten auf Pre­miummodelle ausgerichtete deutsche Hersteller, will auf der Automesse vor allem mit seinem neuen Elektroauto i3 glänzen. Das Management werde aber wohl seinen vorsichtigen Ausblick auf das zweite Halbjahr bestätigen, kalkuliert die Commerzbank. Auch Volkswagen dürfte sich eher verhalten zur Geschäftsentwicklung äußern, dafür aber den IAA-Besuchern mit neuen Elektrofahrzeugen und Porsches Spyder den höchsten Unterhaltungswert bieten.

Highlights

Protzig
Der Porsche 918 Spyder

Porsches Highlight auf der IAA wird die Weltpremiere des 918 Spyder. Der Sportwagenhersteller verspricht für seinen „Hochleistungshybrid“ 887 PS, eine Beschleunigung von 0 auf 100 in 2,8 Sekunden und die fast lautlose Fortbewegung eines Elektrofahrzeugs.

Elegant
Die Mercedes-S-Klasse

Fünf Weltpremieren hat Daimlers Hauptmarke Mercedes-Benz zur Automobilausstellung angekündigt. Hingucken lohnt sich besonders beim Flaggschiff der Flotte, der zehnten Generation der S-Klasse. Mercedes verspricht neue Maßstäbe bei Effizienz, Antriebs- und Klimakomfort.

Bissig
Der Peugeot 308

Weniger Gewicht, weniger Verbrauch, dazu eine futuristische Raubkatzenoptik verspricht Peugeot für die neue Generation seines Kompaktwagens 308, der den Golf von Volkswagen das Fürchten lehren soll. Erstmals vor breitem Publikum zeigt der 308 auf der IAA Zähne.

Putzig
Der BMW i3

Eine neue Ära der Mobilität verspricht BMW. Die Fahrgastzelle des Kleinwagen i3 ist aus karbon- faserverstärktem Kunststoff gefertigt. Der Elek-tromotor mit 170 PS kommt im Alltagsverkehr auf eine Reichweite von 130 bis 160 Kilometer.

Investor-Info

Peugeot
Mutiger Kickstart

Analysten haben ihre Ergebnisprognosen für Peugeot im August so stark angehoben wie bei keinem anderen europäischen Autohersteller. Das erklärt den deutlichen Kursanstieg der Aktie. Für einen Nettogewinn dürfte es bei Peugeot frühestens im Jahr 2014 reichen. Da Verbesserungen vor allem durch Kostensenkungen erzielt wurden, sollten Anleger den Kursen nicht hinterherfahren. Halteposition. 

Renault
Mitfahrgelegenheit

Besser als von Analysten erwartet hat Renault im ersten Halbjahr abgeschnitten. Ohne Sondereffekte durch Abschreibungen im Iran und in Frankreich stieg das operative Ergebnis um 15 Prozent auf 583 Millionen Euro. Die Allianz mit Nissan im operativen Geschäft und die Aktienbeteiligung an den ­Japanern macht die Renault-Aktie zu einem aussichtsreichen Investment.

Daimler
Handbremse gelöst

Die Schwaben haben ihre Aktionäre in der Vergangenheit oft enttäuscht, zuletzt mit einer Gewinnwarnung zu Jahresbeginn. Die modernisierte Mercedes-Flotte und eine geänderte Vertriebsstrategie in China machen Hoffnung, dass Daimler mit seiner Gewinnmarge an BMW und Audi heranfahren kann. Das Momentum spricht für die Aktie, langfristig betrachtet bleiben wir vorsichtig. Halteposition.

Volkswagen
Groß gewinnt

Mit zwölf Marken von Audi bis Skoda und einem Jahresumsatz von bald mehr als 200 Milliarden Euro ist Volkswagen ein Schwergewicht. Das Management hat bewiesen, dass es die Größenvorteile ausspielen kann. Wir sehen die jüngste Kursschwäche der im DAX notierten Vorzugsaktie als Kaufgelegenheit für langfristig orientierte Anleger. 

Weitere Links:


Bildquelle: Fiat, Peugeot, ©2012 Daimler AG.

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Aktien in diesem Artikel

BMW AG 67,74 0,21% BMW AG
Mercedes-Benz Group (ex Daimler) 52,26 1,14% Mercedes-Benz Group (ex Daimler)
Nissan Motor Co. Ltd. 2,49 -0,14% Nissan Motor Co. Ltd.
Porsche Automobil Holding SE Vz 34,26 1,03% Porsche Automobil Holding SE Vz
Renault S.A. 40,05 -0,72% Renault S.A.
Volkswagen (VW) AG Vz. 81,56 0,57% Volkswagen (VW) AG Vz.
Volkswagen (VW) St. 84,20 0,96% Volkswagen (VW) St.