03.05.2015 14:40:45

Deutschland: Opposition droht Bundesregierung mit Klage in BND-Affäre

   HAMBURG (AFP/Dow Jones)--In der BND-Affäre droht die Opposition mit dem Gang vor Gericht. Der Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, verlangte Einsicht in die Liste beanstandeter Suchwörter, die der Bundesnachrichtendienst (BND) für den US-Geheimdienst NSA bei der Satellitenkommunikation ausspionieren sollte. "Wenn wir keine Einsicht erhalten, werden wir juristisch dagegen vorgehen", sagte von Notz der Welt am Sonntag. Auch die Obfrau der Linken im Ausschuss, Martina Renner, drohte mit einer Klage.

   Als Konsequenz aus der Spähaffäre drängen führende Politiker der Koalition auf eine deutliche Stärkung der Geheimdienstkontrolle. "Die Reformschritte von letztem Jahr reichen bei weitem nicht aus", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl Spiegel-Online. Sie forderte, den Arbeitsstab des Parlamentarischen Kontrollgremiums rasch und "deutlich" aufzustocken. "Wir brauchen mehr Leute, mehr Geld und einen leitenden Beamten, der die Geheimdienstkontrolle Vollzeit koordiniert."

   Dies solle das geheime Gremium in die Lage versetzen, Kontrollbesuche vornehmen und "sensible Dinge bei den Nachrichtendiensten selbst unter die Lupe" nehmen zu können. Mehr Zeit und Personal forderte auch der CDU-Innenexperte Clemens Binninger, Vizevorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums.

   Die Grünen pochten dagegen auf grundlegend neue Regeln. Neben einem starken Ausbau der Kontrolle solle der BND "zu einer Bringschuld verpflichtet werden", sagte Fraktionsvize von Notz Spiegel-Online. Zudem seien klarere rechtliche Regeln notwendig, "was der BND darf und was er nicht darf". Das gelte vor allem auch für die "digitale Kommunikation". Im März 2014 hatte die Koalition für das Kontrollgremium einige zusätzliche Stellen im Arbeitsstab bewilligt, auf eine strukturelle Reform aber verzichtet.

   Der Vizevorsitzende der Unionsfraktion, Thomas Strobl, forderte eine stärkere Kontrolle der Geheimdienste. In einem Interview der Welt schlug der CDU-Politiker vor, einen Geheimdienstbeauftragten des Bundestages zu berufen, der "sehr weitgehende" Befugnisse habe. Er müsse von den Nachrichtendiensten jede Auskunft bekommen, die er verlange. "Darüber hinaus hat der Geheimdienstbeauftragte das Recht, die Öffentlichkeit über alles zu informieren, was er für richtig hält und verantworten kann."

   Es müsse klar sein, betonte Strobl, dass der BND im Auftrag der Bundesregierung arbeite und "nicht im eigenen Auftrag". Die Regierung müsse wissen, was der Dienst tue. Die parlamentarischen Kontrollgremien würden sich in der kommenden Woche intensiv mit den jüngsten Vorwürfen beschäftigen.

   Der stellvertretende CDU-Vorsitzende sprach sich dafür aus, den Kontrollgremien auch Suchmerkmale der Amerikaner für die Kommunikationsüberwachung des BND zu überlassen. Den Gremien sei im Rahmen internationaler Abkommen "alles zur Verfügung zu stellen". Das gelte auch für "die sogenannten Selektoren der NSA".

   Die Linkspartei will wegen der Affäre die für die Geheimdienstkontrolle zuständigen Kanzleramtsminister der vergangenen Jahre unter Eid befragen lassen. Parteichef Bernd Riexinger sagte der Bild am Sonntag, neben dem früheren Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) sollten auch sein Vorgänger Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowie seine Nachfolger Ronald Pofalla und Peter Altmeier (beide CDU) unter Eid aussagen.

   Medienberichten zufolge hatte der BND dem US-Geheimdienst NSA jahrelang dabei geholfen, unter anderem die französische Regierung und die EU-Kommission sowie europäische Konzerne auszuspionieren. Nach Informationen von Bild am Sonntag wurde das Kanzleramt bereits im Herbst 2012 in vollem Umfang vom BND über das Abhörprojekt unterrichtet. Auf Anfrage des Blatts wollte sich das Kanzleramt zunächst nicht äußern.

   Der Ex-Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Bernd Schmidbauer (CDU), stellte sich unterdessen hinter die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes. Es werde in der aktuellen Debatte der Eindruck erweckt, der BND sei ein "Lauschdienst, der ganz Europa willfährig für die NSA ausspioniert", sagte Schmidbauer der Welt am Sonntag. Das sei "absurd". Derartige "Unterstellungen und politischen Spielchen" schwächten die Nachrichtendienste und gefährdeten die Sicherheit der Bundesrepublik.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/bek

   (END) Dow Jones Newswires

   May 03, 2015 08:10 ET (12:10 GMT)- - 08 10 AM EDT 05-03-15

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!