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18.09.2013 19:23:58

DER STANDARD-Kommentar: "Der Türke in der SPÖ" von Michael Völker

"Faymann fehlt der Mut, sich zum Engagement aller Funktionäre zu bekennen"; Ausgabe vom 19.9.2013

Wien (ots) - Die SPÖ hat einen Kandidaten mit Migrationshintergrund. Einen Türken. Keine Sorge: mit ös-terreichischer Staatsbürgerschaft. Na und? Türken haben die anderen Parteien auch. Nur die FPÖ nicht. Bei der FPÖ wird zwar um die Sympathien der Serben geworben, der Türke muss dagegen als Feindbild herhalten: kriminell, arbeitslos und "integrationsresistent". Dieses Bild zeichnete vor we-nigen Tagen der Wiener FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus aus dem aktuellen Anlass "330 Jahre Befreiung von der Türkenbelagerung". Schön blöd, platt und dumpf, aber das war bei der FPÖ nicht anders zu erwarten. Warum aber SPÖ-Chef Werner Faymann am Dienstagabend so in Rage geriet, als ihn Heinz-Christian Strache im ORF mit einem türkischsprachigen Plakat und dem Folder eines türkischstämmigen SPÖ-Kandidaten konfrontierte, ist schwer nachzuvollziehen. Resul Ekrem Gönültas kandidiert auf der Bundesliste für die SPÖ. Er macht Werbung, wie andere auch, für sich und die Partei. Auch auf Türkisch. Er versucht vor allem seine Community anzusprechen. Die SPÖ versicherte am Tag nach der TV-Konfrontation, dass das türkischsprachige Poster, mit dem für Faymann geworben wurde, schon abgehängt worden sei. Das Poster sei eine Privatinitiative gewesen, wie auch der Folder, beides nicht von der Partei finanziert. Offenbar ist der SPÖ das Thema peinlich. Sie würde ihre türkischstämmigen Kandidaten lieber verstecken. Dabei hat auch die ÖVP türkischstämmige Kandidaten. Es gab sogar Plakate gemeinsam mit Parteichef Michael Spindelegger, auch auf Türkisch
mittlerweile abgehängt. Dolme gibt es überall, auch bei der ÖVP, echte Wiener Dolme sogar. Wie Ursula Stenzel, Bezirksvorsteherin in der Innenstadt, die sich daran stößt, dass auf der ÖVP-Liste ein Muslim kandidiert. Asdin El Habbass, Chef der Jungen ÖVP in Salzburg übrigens. Zu liberal sei das, dadurch würde man viele Wähler verschrecken, sagt Stenzel. Zumindest offiziell blieb sie mit dieser Meinung in der Partei allein. Und selbstverständlich haben auch die Grünen türkischstämmige Kandidaten und Funktionäre, sie werben damit, oft genug geht das auch schief. Bundesrat Efgani Dönmez führt derzeit einen Vorzugsstimmenwahlkampf, er will in den Nationalrat. Dönmez greift in seiner Wortwahl gelegentlich ordentlich daneben. Das ist provokant, erfrischend, manchmal schlichtweg dumm, wenn er etwa die Abschiebung aller Türken in Österreich fordert, die für Premier Recep Tayyip Erdogan demonstrieren. Solche gibt es bei den Grünen übrigens auch: türkische Funktionäre, die Erdogan super finden, Homosexuelle dagegen nicht. Die Grünen können damit offenbar umgehen. Die SPÖ kann es nicht. Sie begegnet dem "Ausländerthema"mit Panik. Die Parteistrategen wissen: Damit ist nichts zu holen. Schadet nur. Hilft der FPÖ. Es gibt in der potenziellen SPÖ-Wählerschaft mehr Menschen, die Ausländern, vorsichtig gesagt, mit Vorbehalten gegenüberstehen, als es bei Mi-granten Stimmen zu holen gibt. Besonders die SPÖ ist in der türkischen Gemeinschaft aber gut verankert, es gibt sehr integre (und gut integrierte) Funktionäre auf allen Ebenen. Bei allen Problemen, die es mit türkischen Mitbürgern auch gibt: Es stünde der SPÖ gut an, sich für das Engagement der türkischen Mitbürger nicht zu genieren, sondern dazu zu stehen. Das wäre ein ehrlicher und guter Beitrag zum Thema Integration.

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