28.11.2008 15:06:00
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BÖRSEN-AUSBLICK/Keine Entwarnung trotz Erholungsrally
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Dax kann auch anders. Nachdem er kurzfristig mit den alten Jahrestiefs flirtete, zeigte er sich in der Folge von seiner besten Seite und eroberte in einem atemberaubenden Tempo die Marke von 4.500 Punkten in überzeugender Manier zurück. Die Impulse für die Erholungsrally - wie sollte es in diesen Tagen der US-zentrierten Kreditkrise auch anders sein - setzte einmal mehr Wall Street, wo sich die Anleger zumindest kurzfristig ein Herz fassten und den S&P aus charttechnischen Untiefen rissen.
Für den Stimmungsumschwung sorgte ein 300 Mrd USD breiter Rettungsschirm der US-Regierung für die angeschlagene Citigroup, die zügige Nominierung des Wirtschaftsteams unter einem zukünftigen Finanzminister Timothy Geithner, die Ankündigung weiterer massiver Konjunkturpakete sowie die Auflegung eines mit 800 Mrd USD ausgestatteten Hilfprogramms, mit dem die nach wie vor nicht funktionierenden Kreditmärkte in Gang gesetzt werden sollen. Damit hat die US-Regierung einmal mehr klar gemacht, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun wird, um die Krise zu überwinden.
Ob sie in den illiquiden Marktsegmenten eine Entspannung bewirken, werden erst die kommenden Wochen zeigen. Das neueste Hilfspaket und die forcierte Implementierung der Mengenpolitik verdeutlichen nach Einschätzung der Landesbank Berlin, dass ein Herauskommen aus dem konjunkturellen Tief mit reiner Zinspolitik nicht mehr zu schaffen ist. Wie tief das Tief ausfallen wird, bewegt derzeit die Volkswirte. Diese überschlagen sich regelrecht in diesen Tagen mit ihren Revisionen der Wachstumserwartungen für das kommende Jahr.
Für Europa hat dabei das Allzeittief bei der Erwartungskomponente des ifo-Index die neue Abstufungswelle ausgelöst. Goldman Sachs geht nun von der heftigsten Rezession in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg aus; die Analysten haben daraufhin kurzerhand die Schätzungen für das Wirtschaftswachstum in Deutschland 2009 auf minus 1,4% von zuvor minus 0,5% angepasst. Die Landesbank Berlin geht davon aus, dass die Wirtschaftleistung sogar um 1,8% schrumpfen wird. Weitere Revisionen dürften folgen.
Ein Ende der Baisse an den Aktienmärkten erscheint angesichts der hohen Umsicherheit über die Tiefe der weltweiten Rezession unwahrscheinlich, wenngleich die Bärenmarktrally mit Blick auf die starke Überverkauftheit den DAX noch ein wenig weiter nach oben tragen kann. Unklar ist auch, wie hoch der Revisionsbedarf bei den Gewinn-Schätzungen der Unternehmen ausfallen wird, dem wichtigsten Bewertungsindikator für den Aktienmarkt. Eine weiterhin hohe Volatilität an den Finanzmärkten dürfte die Folge sein.
Nicht wenige Marktbeobachter halten ein Unterschreiten der bisherigen Tiefstände im DAX in den kommenden Wochen oder Monaten für das wahrscheinlichste Szenario. Mit Argusaugen werden in den kommenden Tagen neue Konjunkturdaten verfolgt werden. Dem ISM-Index am Montag bzw Mittwoch sowie dem US-Arbeitsmarktbericht am Freitag kommen dabei besondere Bedeutung zu. Nach Einschätzung der Commerzbank werden sie vor allem eins zeigen: Dass sich die US-Wirtschaft in einer tiefen Rezession befindet.
Aus deutscher Sicht stehen die VDMA-Auftragseingänge Oktober zu Wochenbeginn im Fokus. Einen wichtigen Impuls an den Finanzmärkten könnten die Leitzinsentscheidungen der Notenbanken am kommenden Donnerstag setzen. Volkswirte sind sich unsicher über das weitere Vorgehen der "lender of last resort". Dass Zentralbanken auch für Überraschungen gut sein können, hat unlängst die Bank of England (BoE) bewiesen, als sie völlig überraschend die Zinsen gleich um 150 Basispunkte nach unten genommen hat. Auf ihrer Dezembersitzung wird seitens der BoE in der Mehrheit eine Senkung von 50 Basispunkten erwartet.
Das ist auch die Konsensschätzung für die Europäische Zentralbank. Es gibt aber auch Stimmen im Markt, die 75 oder gar 100 Basispunkte für möglich halten. Die Bank of America geht sogar soweit zu sagen, dass die Argumente für eine Senkung um gleich 75 Basispunkte nie überzeugender gewesen seien als jetzt. Die restlichen Termine der Woche sind im Vergleich dazu von untergeordneter Bedeutung.
Am Montag veröffentlicht Qimonda die Zahlen für das 4. Quartal, bevor am Mittwoch Infineon folgt. Einen Hinweis für die Arbeitsmarktdaten könnte der ADP-Arbeitsmarktbericht Mitte der Woche liefern. Am Mittwoch tagt auch der Arbeitskreis Indizes der Deutschen Börse, die Änderungen greifen dann Mitte Dezember. Voraussichtlich werden Hypo Real Estate und Continental die erste Liga verlassen, als Aufstiegskandidaten gelten Beiersdorf und Salzgitter. - Von Manuel Priego Thimmel, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 223,manuel.priego-thimmel@dowjones.com-Von Manuel Priego Thimmel, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 218,
DJG/mpt/hru/raz (END) Dow Jones NewswiresNovember 28, 2008 08:34 ET (13:34 GMT)
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