DAX
06.07.2016 16:54:39
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Börse Frankfurt-News: Warnzeichen werden ignoriert(Marktstimmung)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 6. Juli 2016. Polarisierung der Anleger: Während die Profis sich die Welt schön denken, nehmen Privatanleger Gewinne mit.
Noch in der vergangenen Woche hatte der DAX den Optimisten Recht gegeben. So waren viele davon ausgegangen, dass der Abschlag von mehr als 10 Prozent, den das Börsenbarometer unmittelbar nach dem Brexit-Votum vor knapp zwei Wochen erleiden musste, als Tribut ausreichend gewesen sei. Auch zeigten sich etliche fälschlicherweise davon überzeugt, dass die Anleger sich bereits an den vom britischen Volk geäußerten Austrittswunsch Großbritanniens aus der EU gewöhnt hätten. Schenkt man den Kommentatoren Glauben, handelt es sich auch beim aktuellen Kursgeschehen lediglich um "Brexit-Nachwehen". Dabei ist die Aussetzung dreier britischer Immobilienfonds vom Handel nur eines von mehreren Warnzeichen, die die Investoren zu größerer Vorsicht mahnen sollten.
Aber die von uns befragten mittelfristig orientierten institutionellen Anleger haben ihre Haltung kaum verändert. Zwar hat sich die Polarisierung zwischen Bullen und Bären zuletzt etwas erhöht, aber der Börse Frankfurt Sentiment-Index zeigt sogar einen marginalen Zuwachs von einem Zähler auf einen Stand von nunmehr +21.
Offensichtlich scheint es einen grundsätzlichen Unterschied zwischen der Wahrnehmung der Entscheider und der der Kommentatoren zu geben. Natürlich haben es all diejenigen, die nicht im Aktienmarkt engagiert sind, etwas leichter. Sie können den Finger unbefangener auf die Brexit-Wunden legen. Auch wurden viele in ihrer Skepsis durch die außergewöhnliche Konstellation, dass zuletzt sowohl Anleihekurse als auch Aktienkurse angezogen hatten, zusätzlich bestärkt. Aber nicht nur der flache Verlauf der US-Renditekurve bereitet einigen Analysten große Sorge, denn dieser signalisiert für viele Ökonomen die gestiegene Wahrscheinlichkeit einer Rezession. Auch die Probleme in Europas Bankensektor, allen voran die fortgesetzte Schwäche italienischer Banken, sollten eigentlich bei den Entscheidern an den Aktienmärkten zu mehr Bedenken führen. Aber das so genannte "Commitment", die starke psychische Bindung an ihre bullishen Engagements, dürfte bei Optimisten zu einer selektiven Wahrnehmung der Realität und damit zum Ausblenden einiger negativer Nachrichten geführt haben.
außer von den Privatanlegern
Ganz anders die Privatanleger, die sich in der vergangenen Woche noch ausgesprochen kauffreudig gezeigt hatten. Wie erwartet haben die Teilnehmer dieses Panels dem DAX nicht allzu lange die Treue gehalten. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index dieser Gruppe ist mit einem Verlust von 35 Punkten eingestürzt und liegt bei einem Wert von +4 Punkten.
Die Räumung des Bullenlagers um 22 Prozent aller Befragten dürfte in erster Linie auf Gewinnmitnahmen zurückzuführen sein, die vorgenommen wurden, als der DAX während des Berichtszeitraums für einen Moment mehr als 9.800 Zähler notierte. Während etwas mehr als die Hälfte dieser ehemaligen Optimisten erst einmal der weiteren Entwicklung des DAX von der Seitenlinie zusehen möchten, haben sich die anderen Akteure gleichzeitig nach unten abgesichert.
Damit bleibt die deutliche Diskrepanz in der Einstellung von institutionellen und privaten Anlegern erhalten. Präsentierten sich die Privatanleger bei unserer Befragung in der Vorwoche deutlich optimistischer, äußerten sie sich nunmehr weit pessimistischer als ihre Pendants.
Interessanterweise haben die institutionellen Anleger von der temporären Erholung des DAX seit unserer vergangenen Erhebung nicht profitieren können; möglicherweise fanden die Optimisten aufgrund ungünstiger Einstandspreise die aufgelaufenen Gewinne zu niedrig, als dass sie zum Verkauf bereit gewesen wären.
Per Saldo liegt der Börse Frankfurt Sentiment-Index für diese Gruppe leicht über dem Halbjahresmittelwert und ist daher trotz allem nicht als bedenklich einzustufen. Zumal davon auszugehen ist, dass ein Umdenken erst unterhalb des DAX-Jahrestiefs von 8.700 Zähler stattfinden dürfte. Mit anderen Worten: Bis dahin bliebe das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben, erhalten. Während der DAX an der Oberseite bei einem erneuten Aufbäumen jenseits von 9.800 Zählern relativ eingeschränkt in seinem Drang nach oben erscheint, ist gleichzeitig fraglich, ob die mögliche Nachfrage privater Investoren sein weiteres Abgleiten nach unten verhindern könnte.
von: Joachim Goldberg
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© 6. Juli 2016 - Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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