10.08.2007 16:15:00

Börse Frankfurt-News: Angst vor Liquiditätsproblemen bei europäischen Banken

        FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Marktbericht vom Handel mit Anleihen

 

10. August 2007. Der sichere Hafen erstrahlt vor den Augen der Anleger, im Hintergrund drohen die finsteren Wolken, die über den Kreditmärkten hängen einfach nicht zu verziehen - stattdessen türmen sich immer noch weitere Sturmwolken dazu. Das Hafengewässer sicherer Anleihen sieht immer attraktiver aus. Ganz und gar nicht beschaulich bringen die Investoren ihre Geldschiffchen in Sicherheit, wo sie beruhigt vor sich hinschaukeln können. Kurz: Sichere Staatsanleihen werden gekauft, Geld wird von den Aktien- in die Rentenmärkte umgeschichtet. Von Hochzinsanleihen und allem, was einem Sturm nicht standhalten könnte, lassen die Investoren derzeit die Finger.

 

Bundesanleihen gesucht

 

"Anleger kaufen vor allem Anleihen im kurzen bis mittleren Laufzeitbereich, also mit Restlaufzeiten von zwei bis fünf Jahren", beobachtet Rolf Maier von der Baaderbank. Rentenfondsanleger glauben sich nach wie vor bei Renten-ETFs mit deutschen Staatsanleihen mit mittleren und langen Laufzeiten auf der sicheren Seite (eb.rexx Gov. Germany 5,5-10,5 EX, WKN 628949 eb.rexx Government Germany 10,5+ EX , WKN A0D8Q3), wie die Market Maker der Hypovereinsbank aus dem Handel mit Renten-ETFs berichten. Die Kurse der Anleihen klettern also nach wie vor nach oben und die Renditen fallen. Für eine Bundesanleihe mit zehnjähriger Restlaufzeit erhält man derzeit einen Ertrag von 4,4 Prozent. Die Renditeunterschiede zu kürzeren Laufzeiten sind nicht hoch: Eine Anleihe mit fünfjähriger Restlaufzeit bringt 4,34 Prozent, eine zweijährige Anleihe 4,33.

 

Bei Hochzinsanleihen spiegelt der Itraxx Crossover-Index wider, was sich Anleger in dieser Anlagekategorie erwarten. Der Index zeigt an, was ein Investor bezahlen müsste, um sich gegen das Ausfallrisiko von 50 Firmen mit schlechter Kreditwürdigkeit abzusichern. Von gestern auf heute sprang der Index um rund 50 Punkte von 310 auf 365/370 nach oben", erklärt Henrik Arvidsson von Close Brother Seydler.

 

Wo stecken weitere Stinkbomben?

 

Die Beweggründe für dieses Verhalten liegen nach wie vor bei der schwelenden Krise am US-amerikanischern Hypothekenmarkt. Immobilienkredite sind in strukturierte Produkte verpackt und stecken über Hedge-Fonds in den Bilanzen der Banken. Und nicht immer ist diesen Produkten anzusehen, wie viele faule Kredite dahinter stecken und wo diese Stinkbomben auftauchen werden. Wie Martin Hüfner, ehemaliger Chefvolkswirt der HypoVereinsbank berichtet, wird derzeit bei Banken und Finanzinvestoren mit Hochdruck nach Schwachstellen in den Bilanzen und Portfolios gesucht. Vergangene Woche geriet die deutsche IKB Bank wegen ihres Engagements am US-amerikanischen Hypothekenmarkt in Schieflage. Die Bundesbank und deutsche Banken müssen zur Rettung beispringen. Der amerikanische Hypothekenfinanzierer American Home Mortgage ist zahlungsunfähig und hat sich am Montag unter Gläubigerschutz gestellt. Und gestern erschütterten weitere Nachrichten den Markt, dass die BNP Paribas wegen großer Wertverluste drei Fonds schließt. Sal. Oppenheim schloss einen 750 Millionen Euro schweren ABS-Fonds, dessen enthaltene Kredite durch Immobilien gesichert seien. ABS steht für Asset Backed Security. Außerdem hat die West LB bekannt gegeben, ebenfalls von den Problemen in den USA betroffen zu sein. Und laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung scheinen Analysten von Goldman Sachs von Liquiditätsproblemen mehrerer europäischer Banken überzeugt zu sein.

 

Nervosität am Geldmarkt

 

Aus Angst davor, dass weitere Banken in Zahlungsschwierigkeiten geraten könnten, haben Finanzinstitute ihr Geld aus dem Interbankengeldmarkt abgezogen, d.h. sie verleihen es nicht mehr an andere Banken. Die Analysten der Hessischen Landesbank sprechen von "Spannungen am Geldmarkt, die panikartige Züge angenommen haben." Der Zinssatz für Tagesgeld ist kurzfristig auf 4,62 Prozent geschossen. Um die Liquidität der Banken zu gewährleisten, hat die EZB Mittel in den Markt geschoben. Gestern 95 Milliarden Euro und heute noch einmal 61 Milliarden Euro, um die "normalen Verhältnisse" am Geldmarkt sicherzustellen. Ähnliche Reaktionen zeigten auch die amerikanische und japanische Notenbank. "Das letzte Mal war die EZB nach den Anschlägen vom 11. September in dieser Form aktiv, wobei das Ausmaß damals bei 130 Milliarden Euro lag", kommentieren die Volkswirte der UBS Investmentbank das geschehen.

 

Und jetzt?

 

Die Zinsen werden etwas sinken", mutmaßt Rolf Meier, "weil die Umschichtungen von Aktien in Anleihen noch fortdauern." Die Analysten der UBS schätzen, dass die derzeitigen Unsicherheiten nicht nur die Rentenmärkte weiter begleiten werden. Aber an eine Kreditklemme glauben sie nicht, denn dazu befände sich die Eurozonen-Volkswirtschaft in einem zu stabilen Zustand. Auch die Bilanzen der Unternehmen wie die der Banken werden als robust genug eingeschätzt, um diese Phase zu überstehen.

 

© 10. August 2007/ Dorothee Liebing

 

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Quelle: Deutsche Börse AG. Beachten Sie bitte weitere Informationen und unseren Disclaimer unter http://deutsche-boerse.com/privatanleger

 

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

 

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