13.01.2014 22:10:00
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Badische Zeitung: Die Große Koalition / Verunglückter Auftakt Leitartikel von Armin Käfer
Freiburg (ots) - Deutschland wird gerade vom beliebtesten
Parteienbündnis überhaupt regiert. So waren zumindest die Umfragen
nach der letzten Wahl zu deuten, als Union und SPD zwangsweise
zueinander finden mussten. Weil das Krisenmanagement der ersten
Großen Koalition unter Angela Merkel in Zeiten kollabierender Banken
noch gut in Erinnerung war, erhofften sich viele eine Neuauflage.
Wenn die Damen und Herren Großkoalitionäre aber so weitermachen,
werden sie die hohe Popularität einer Regierung der Volksparteien
bald verspielt haben. Der Auftakt ist verunglückt. Und das hat nichts
mit dem folgenreichen Ausrutscher der Chefin beim Skilanglauf zu tun.
Die Große Koalition hat noch nichts zu Wege gebracht - außer:
Schlagzeilen, in denen das Reizwort "Streit" vorkommt. Seit es sie
gibt, ist diese Regierung vor allem damit aufgefallen, dass sie bei
vielen Fragen unterschiedliche Ansichten vertritt. Die Liste der
Konfliktthemen ist länger als die bisherige Amtszeit nach Wochen. Ob
es nun um den Mindestlohn geht, um eine staatlich subventionierte
Elternteilzeit, um Vorratsdatenspeicherung oder um die Rentenpläne -
überall scheint Dissens zu herrschen. Das erinnert fatal an die
schlechtesten Zeiten von Schwarz-Gelb. Für diesen Eindruck gibt es
drei Gründe: Schwächen des Koalitionsvertrags, falsche Erwartungen
und die Eigentümlichkeiten des politischen Betriebs. Um beim Letzten
zu beginnen: Kaum war der Koalitionsvertrag besiegelt, das Kabinett
vereidigt, verabschiedeten sich die durch zähe Verhandlungen und
langwierige interne Überzeugungsarbeit strapazierten Akteure in den
Weihnachtsurlaub. Auf einer leeren Bühne genießen auch
Nebendarsteller große Beachtung, egal was sie von sich geben. Unter
diesem Aspekt ist das Debüt der beiden SPD-Minister Manuela Schwesig
und Heiko Maas zu betrachten. Schwesig glaubte, ihrer in Sachen
Selbstvermarktung unübertrefflichen Vorvorgängerin von der Leyen
nacheifern zu müssen. Noch mangelt es ihr aber an professioneller
Finesse, um sich ähnlich nachhaltig in Szene zu setzen. Maas wiederum
hat mit seinem Veto gegen einen vorschnellen Gesetzesentwurf zur
Vorratsdatenspeicherung den richtigen Instinkt zur falschen Zeit
bewiesen. Sein Argument, wonach es sich bei der als Schablone
vorgesehenen EU-Richtlinie um Makulatur handeln könnte, hätte ihm
auch schon während der Koalitionsverhandlungen einfallen können. Was
den Koalitionsvertrag angeht, so zeigt sich, dass er keineswegs frei
ist von Konstruktionsfehlern, die wegen leidiger schwarz-gelber
Erfahrungen unbedingt vermieden werden sollten: Es enthält zu viele
Lücken und ungeklärte Details. Das offenbart der Streit über die
Rentenpolitik sowie über die Frage, für wen der angeblich
flächendeckende Mindestlohn alles nicht gelten soll. Mit Rücksicht
auf die Sensibilität des sozialdemokratischen Parteivolks wurde auf
manche Konkretisierung verzichtet. Wegen der Leerstellen drängt sich
nun bisweilen der Verdacht auf, Schwarz-Rot habe die
Koalitionsverhandlungen noch vor sich. Wer eine Große Koalition mit
größtmöglicher politischer Eintracht verwechselt, der muss
zwangsläufig enttäuscht werden. Dass Union und SPD sich auf ein
gemeinsames Regierungsprogramm verständigt haben, ist allein den
parlamentarischen Kräfteverhältnissen aufgrund des Wählervotums
geschuldet - und nicht der plötzlichen Erkenntnis, ihre im
Wahlkampf wechselweise bekämpften Überzeugungen könnten doch ganz gut
harmonieren. Merkels Juniorpartner neigen zur Profilneurose. Den
Sozialdemokraten ist das nach den prekären Erfahrungen mit der
letzten Großen Koalition noch nicht einmal zu verdenken. Am Ende
zählt aber nur, was die Regierung gemeinsam erreicht - nicht worüber
sie sich gestritten hat.
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