Umstrukturierung mit Folgen? |
17.11.2020 23:03:00
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Aus diesen Gründen könnte sich die Bewertung für Ant Groups IPO halbieren
• Neue chinesische Regulationen könnten bei Ant zu Umstrukturierung führen
• Neuaufstellung der Online-Kreditvergabe dürfte zu Einbußen bei der Bewertung führen
Es hätte der größte Börsengang der Welt werden sollen: Am 5. November 2020 hätte das chinesische Mega-Fintech Ant Financial mit einem Doppellisting am Shanghai STAR Board und der Börse Hongkong IPO-Geschichte schreiben sollen. Schließlich wurde ein Erlös von 34,5 Milliarden US-Dollar bei dem Börsendebüt erwartet, was noch über den 29 Milliarden US-Dollar gelegen hätte, die der Ölriese Saudi-Aramco seinerseits mit dem IPO eingenommen hatte.
Doch zwei Tage vor dem großen Tag kam dann jedoch überraschend die Wendung. Der Alibaba-Zögling zog die Reißleine und sagte sein Doppel-IPO völlig überraschend ab. Die Gründe für den drastischen Schritt waren zunächst unklar, schon bald wurde jedoch bekannt, dass neue Regularien in China hinter der Absage steckten. Dazu muss man wissen, dass sich die Ant Group auf das Vergeben von Krediten, Versicherungen und Vermögensverwaltung spezialisiert hat.
Chinesische Aufsichtsbehörden nehmen sich Ants Online-Kreditvergabe vor
Knackpunkt für die chinesischen Aufsichtsbehörden ist insbesondere das Geschäft mit der Online-Kreditvergabe. Denn im Gegensatz zu einer herkömmlichen Bank finanziert Ant Financial nur zwei Prozent der Kredit selbst, 98 Prozent werden von den rund 100 Banken und Finanzpartnern des Unternehmens gestellt bzw. besichert. Dieser minimale Prozentsatz soll nach den neuen Vorschriften der Behörden auf 30 Prozent angehoben werden. Ein Schritt, der das Geschäftsmodell des chinesischen Riesen-Fintechs massiv beeinflussen dürfte. Denn mit der neuen Vorgabe wäre die Ant Group gezwungen mehr Kapital zu halten und das bisherige "Capital-Light"-Modell müsste weichen.
Wie Iris Tan von Morningstar in einem Kundenbericht verlautet, könnte dies bedeuten, dass die Ant Group künftig 50 bis 90 Milliarden Yuan zusätzlich halten müsse. Zwar habe das Fintech das nötige Kapitalpolster durchaus zur Verfügung, es könnte jedoch die Wachstumsaussichten des Tech-Unternehmens schmälern.
Bewertung durch Umstrukturierung halbiert?
Die Umstrukturierung hat also weitreichende Folgen, wie sich viele Analysten einig sind - unter der auch die Bewertung des Fintech massiv leiden dürfte. Bisher wurde mit dem Doppel-IPO bei Ant Financials von einer Bewertung von rund 313 Milliarden US-Dollar ausgegangen. Diese wurde von verschiedenen Experten jedoch mittlerweile nach unten korrigiert. So geht Eric Schiffer von The Patriarch Organization davon aus, dass der Wandel von einem Tech-Fintech hin zu einer "kapitalintensiven regulierten Bank" die Bewertung "mehr als halbieren und unter 150 Milliarden US-Dollar" drücken könnte, wie er gegenüber CNBC verlautete.
Auch David Hsu von der University of Pennsylvania’s Wharton School geht davon aus, dass die Bewertung durch die Umstrukturierung der Online-Kreditvergabe angepasst werden müsste. Schließlich würde sich die Ant Group durch die neue Regulierung weg von einem "Tech-Unternehmen, welches Tech-Services verkauft mehr zu einer Art Bank entwickeln, die Kredite mit ihrer Bilanz besichern. Der Blick auf die Bewertung wird ebenfalls beeinflusst werden, weil die Ergebnisse von Tech-Multiples viel höher sind", so Hsu zu CNBC.
Tan geht davon aus, dass die Bewertung Ants 25 bis 50 Prozent sinken könnte, wenn das Kurs-Buch-Verhältnis von vor dem IPO auf das Level von weltweiten Top-Banken zurückfällt, wie Bloomberg die Analystin wiedergibt.
Doch nicht alle Experten sind so pessimistisch eingestellt. Bernstein-Analyst Kevin Kwek kann sich vorstellen, dass Ant zwar eine niedrigere Bewertung erreiche, diese dürfte seiner Meinung nach jedoch nicht auf ein Niveau von Banken-Multiples herabfallen angesichts der Technologie und der Bezahlapp AliPay, die Ant Financial sein eigen nennt, und die auf Milliarden von Mobiltelefonen installiert ist, wie Bloomber Kwek indirekt zitiert.
Wie es nun tatsächlich mit dem China-Fintech weitergeht, bleibt noch abzuwarten. Auch zu den IPO-Plänen gibt es bisher nur wenige neue Informationen. Wie die Financial Times kürzlich in einem Pressebericht jedoch vermutete, könnte sich der Börsengang mindestens um sechs Monate verschieben. So lange dauere es, ein neues Börsenprospekt zu erstellen, das an die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen angepasst ist.
Redaktion finanzen.at
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