Euro am Sonntag |
27.03.2016 03:00:01
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Notenbanken: Kein Ende der Geldflut in Sicht
von Alexander Sturm, Euro am Sonntag
Die Fed hat das Bibbern der Börse erhört: Auf ihrer Sitzung am vorvergangenen Mittwoch beließ sie den Leitzins bei 0,25 bis 0,50 Prozent. Auch senkte die Notenbank die Prognose für das Leitzinsniveau zum Jahresende: Die Währungshüter sagen nun ein Zinsniveau von 0,9 Prozent voraus - im Dezember hatten sie noch 1,4 prognostiziert. Das macht nun lediglich zwei Zinserhöhungen bis Jahresende wahrscheinlich. Frühestens im April könnte es so weit sein.
Damit unterbricht Fed-Chefin Janet Yellen die Zinswende, die sie erst im Dezember nach langem Zögern eingeleitet hatte. Sie begründete ihren Beschluss mit der schwächelnden Weltwirtschaft. Die globale Konjunktur und die Turbulenzen auf den Finanzmärkten stellten Risiken dar. "Es ist Vorsicht angebracht", sagte Yellen. Nach dem Einbruch zu Jahresbeginn hatten die Märkte ein Aussetzen der Zinswende erwartet.
Mit dem Zögern der Fed wird endgültig klar, dass es auch in den USA keine schnelle Rückkehr zu höheren Zinsen geben wird. Mit ihrer weiter lockeren Geldpolitik folgt Yellen der EZB mit Präsident Mario Draghi. Er hatte eine Woche zuvor den Leitzins für die Eurozone auf ein Rekordtief von null Prozent gesenkt und die Anleihekäufe der Notenbank überraschend erhöht (siehe Investor-Info). Die EZB kauft bis März 2017 Bonds im Wert 1,74 Billionen Euro. "Sie hat mehr geliefert als erwartet", sagt Stefan Isaacs, Anleiheexperte beim Fondsanbieter M & G.
Allerdings reicht das billige Geld allein nicht, um Aktien auf breiter Front in die Höhe zu treiben. So steht der DAX unter dem Niveau von Januar 2015, als die EZB ihre Anleihekäufe begann. Die kräftigen Gewinne daraufhin haben viele Werte seither wieder abgegeben, da Sorgen um die Weltwirtschaft belasten. Die These mancher Investoren, wonach die Niedrigzinsen eine höhere Bewertung von Aktien rechtfertigen, hat sich nur teils bewahrheitet. Damit der DAX weiter steigt, müssten erst die Konjunkturängste weichen.
Zudem sind Niedrigzinsen für manche Aktien eine Belastung - etwa für Banktitel. Drücken sie doch auf deren Zinseinnahmen. Und für geparkte Einlagen bei der EZB müssen Banken Strafzinsen zahlen. Um die Folgen der Niedrigzinsen zu dämpfen, gewährt die EZB Banken zwar sehr günstige Langzeitkredite, die wiederum an Kredite für Firmen und Verbraucher geknüpft sind. Doch die Bedingungen für Banken bleiben schwierig. Das zeigt die Reaktion von Banklobbyisten - der Bankenverband nannte die Schritte der EZB "vollkommen unnötig".
Weiter zulegen sollten Immobilienaktien. Wohnungsverwalter wie Vonovia profitieren von niedrigen Zinsen, da sie Finanzierungen billiger machen. Künftig dürften zudem noch mehr Investoren unter dem Druck der Niedrigzinsen auf Immobilien ausweichen. Das treibt die Preise. Manche Experten warnen vor Übertreibungen. Zwar gebe es noch keine Anzeichen für eine Blase, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer, aber Anzeichen für eine Überhitzung in Großstädten. Dort seien die Häuserpreise seit 2010 um 30 Prozent stärker gestiegen als die Mieten und um gut ein Drittel stärker als die verfügbaren Einkommen. "Ich glaube, wir sind in eine Phase der Überhitzung eingetreten, die noch viele Jahre anhalten wird."
Weiter fallen dürften die Renditen von Anleihen. Die Anleihekäufe der EZB haben die Renditen europäischer Staatsanleihen tief gedrückt. Nun will sie auch Unternehmensanleihen kaufen. Daher dürften nun dort die Renditen sinken. Da die Notenbank nur Papiere solider Unternehmen aufkauft, könnten Investoren in Anleihen von Firmen mit geringer Bonität flüchten. Diese Hochzinsanleihen würden somit stark von der EZB-Politik profitieren (siehe Investor-Info).
Spätestens mit dem EZB-Entscheid wird klar, dass die Niedrigzinsen auf Jahre zementiert sind. In den USA zeigt das - trotz solider Konjunktur - heftige Ringen der Fed, wie steinig die Rückkehr zu höheren Zinsen ist. Und dass an eine Zinswende in Europa nicht zu denken ist.
Wer sein Vermögen wahren oder fürs Alter sparen will, muss zumindest teilweise in Anlagen wie Aktien umschichten. Doch die vergangenen Monate haben gezeigt, dass auch dieser Weg holprig sein kann und das billige Geld Schwankungen verstärkt. Langer Atem, starke Nerven und breite Streuung sind wichtiger denn je.
Investor-InfoEZB-Beschlüsse im Überblick
Im Januar 2015 startete die EZB ihre Anleihekäufe, im vergangenen Dezember verlängerte sie diese bis März 2017. Nun hat sie nochmals nachgelegt. Das soll die Investitionen und die Kreditvergabe der Banken in Europa fördern und endlich Konjunktur und Inflation anheizen.
• Leitzins: Der wichtigste Zins der Eurozone wird von 0,05 auf 0 Prozent gesenkt - ein Novum. 2008 lag er noch bei 4,25 Prozent.
• Mehr Anleihekäufe: Das Volumen steigt von 60 auf 80 Milliarden Euro im Monat.
• Unternehmensanleihen: Erwarb die EZB bisher Staatsanleihen und Bonds staatlicher Institutionen, wird sie ab Juni auch Anleihen von Unternehmen mit guter Bonität kaufen.
• Negativzinsen: Der Einlagenzins für Banken sinkt weiter auf minus 0,40 Prozent. Statt Geld bei der EZB zu parken, sollen sie Kredite an Firmen und Verbraucher vergeben.
• Langfristkredite für Banken: Um die Folgen der Negativzinsen zu mildern, gewährt die EZB ihnen ab Juni vier sehr günstige Kreditlinien mit je bis zu vier Jahren Laufzeit.Threadneedle Eur. High Yield
Der Fonds von Threadneedle investiert in Hochzinsanleihen, Bonds von Firmen mit niedriger Bonität. Sie dürften profitieren, wenn die EZB solide Firmenbonds kauft und Investoren ausweichen. Im Fonds dominieren Anleihen von Telekommunikations- und Medienkonzernen sowie Banken. Über zehn Jahre steht eine jährliche Rendite von 6,3 Prozent.
DWS Top Dividende
Mit dem EZB-Entscheid werden sichere Anlagen noch weniger Erträge abwerfen. Für konservative Anleger sind Dividendenaktien eine Alternative. Im jährlich ausschüttenden DWS Top Dividende dominieren defensive Werte wie Roche, Nestlé, Allianz, Verizon und Cisco. Auf Sicht von zehn Jahren kommt der Fonds auf eine jährliche Rendite von 6,8 Prozent.
Die Fed hat das Bibbern der Börse erhört: Auf ihrer Sitzung am vorvergangenen Mittwoch beließ sie den Leitzins bei 0,25 bis 0,50 Prozent. Auch senkte die Notenbank die Prognose für das Leitzinsniveau zum Jahresende: Die Währungshüter sagen nun ein Zinsniveau von 0,9 Prozent voraus - im Dezember hatten sie noch 1,4 prognostiziert. Das macht nun lediglich zwei Zinserhöhungen bis Jahresende wahrscheinlich. Frühestens im April könnte es so weit sein.
Damit unterbricht Fed-Chefin Janet Yellen die Zinswende, die sie erst im Dezember nach langem Zögern eingeleitet hatte. Sie begründete ihren Beschluss mit der schwächelnden Weltwirtschaft. Die globale Konjunktur und die Turbulenzen auf den Finanzmärkten stellten Risiken dar. "Es ist Vorsicht angebracht", sagte Yellen. Nach dem Einbruch zu Jahresbeginn hatten die Märkte ein Aussetzen der Zinswende erwartet.
Mit dem Zögern der Fed wird endgültig klar, dass es auch in den USA keine schnelle Rückkehr zu höheren Zinsen geben wird. Mit ihrer weiter lockeren Geldpolitik folgt Yellen der EZB mit Präsident Mario Draghi. Er hatte eine Woche zuvor den Leitzins für die Eurozone auf ein Rekordtief von null Prozent gesenkt und die Anleihekäufe der Notenbank überraschend erhöht (siehe Investor-Info). Die EZB kauft bis März 2017 Bonds im Wert 1,74 Billionen Euro. "Sie hat mehr geliefert als erwartet", sagt Stefan Isaacs, Anleiheexperte beim Fondsanbieter M & G.
Große Folgen für die Börse
Für Anleger bedeuten die Zinsentscheide, dass ordentliche Renditen immer schwieriger zu erzielen sind. Jedoch stützt das billige Geld Aktien, da risikolose Anlagen kaum noch Erträge abwerfen und Investoren daher ausweichen. So liegen die Dividendenrenditen im DAX weit über den Renditen von Bundesanleihen, die bis zu acht Jahren Laufzeit negativ sind.Allerdings reicht das billige Geld allein nicht, um Aktien auf breiter Front in die Höhe zu treiben. So steht der DAX unter dem Niveau von Januar 2015, als die EZB ihre Anleihekäufe begann. Die kräftigen Gewinne daraufhin haben viele Werte seither wieder abgegeben, da Sorgen um die Weltwirtschaft belasten. Die These mancher Investoren, wonach die Niedrigzinsen eine höhere Bewertung von Aktien rechtfertigen, hat sich nur teils bewahrheitet. Damit der DAX weiter steigt, müssten erst die Konjunkturängste weichen.
Zudem sind Niedrigzinsen für manche Aktien eine Belastung - etwa für Banktitel. Drücken sie doch auf deren Zinseinnahmen. Und für geparkte Einlagen bei der EZB müssen Banken Strafzinsen zahlen. Um die Folgen der Niedrigzinsen zu dämpfen, gewährt die EZB Banken zwar sehr günstige Langzeitkredite, die wiederum an Kredite für Firmen und Verbraucher geknüpft sind. Doch die Bedingungen für Banken bleiben schwierig. Das zeigt die Reaktion von Banklobbyisten - der Bankenverband nannte die Schritte der EZB "vollkommen unnötig".
Weiter zulegen sollten Immobilienaktien. Wohnungsverwalter wie Vonovia profitieren von niedrigen Zinsen, da sie Finanzierungen billiger machen. Künftig dürften zudem noch mehr Investoren unter dem Druck der Niedrigzinsen auf Immobilien ausweichen. Das treibt die Preise. Manche Experten warnen vor Übertreibungen. Zwar gebe es noch keine Anzeichen für eine Blase, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer, aber Anzeichen für eine Überhitzung in Großstädten. Dort seien die Häuserpreise seit 2010 um 30 Prozent stärker gestiegen als die Mieten und um gut ein Drittel stärker als die verfügbaren Einkommen. "Ich glaube, wir sind in eine Phase der Überhitzung eingetreten, die noch viele Jahre anhalten wird."
Weiter fallen dürften die Renditen von Anleihen. Die Anleihekäufe der EZB haben die Renditen europäischer Staatsanleihen tief gedrückt. Nun will sie auch Unternehmensanleihen kaufen. Daher dürften nun dort die Renditen sinken. Da die Notenbank nur Papiere solider Unternehmen aufkauft, könnten Investoren in Anleihen von Firmen mit geringer Bonität flüchten. Diese Hochzinsanleihen würden somit stark von der EZB-Politik profitieren (siehe Investor-Info).
Kostenlose Konten vor Aus
Noch weiter werden die Zinsen auf Bankeinlagen wie Tagesgeld sinken. Anleger sollten Konditionen vergleichen und gegebenenfalls die Bank wechseln. Wegen der Strafzinsen der EZB dürften Geldhäuser zudem Kosten auf Sparer umlegen. Zwar scheuen sie negative Einlagenzinsen für Private, doch sie könnten Gebühren für Kreditkarten oder Konten erhöhen. "Die Zeit kostenloser Girokonten ist vorbei", sagte jüngst Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon. Die Sparkassen müssten Gebühren für Dienstleistungen verlangen, die bisher umsonst seien. Sparer sollten auch solche Kosten im Blick haben.Spätestens mit dem EZB-Entscheid wird klar, dass die Niedrigzinsen auf Jahre zementiert sind. In den USA zeigt das - trotz solider Konjunktur - heftige Ringen der Fed, wie steinig die Rückkehr zu höheren Zinsen ist. Und dass an eine Zinswende in Europa nicht zu denken ist.
Wer sein Vermögen wahren oder fürs Alter sparen will, muss zumindest teilweise in Anlagen wie Aktien umschichten. Doch die vergangenen Monate haben gezeigt, dass auch dieser Weg holprig sein kann und das billige Geld Schwankungen verstärkt. Langer Atem, starke Nerven und breite Streuung sind wichtiger denn je.
Investor-Info
EZB-Beschlüsse im Überblick
Paukenschlag in Frankfurt
Im Januar 2015 startete die EZB ihre Anleihekäufe, im vergangenen Dezember verlängerte sie diese bis März 2017. Nun hat sie nochmals nachgelegt. Das soll die Investitionen und die Kreditvergabe der Banken in Europa fördern und endlich Konjunktur und Inflation anheizen.
• Leitzins: Der wichtigste Zins der Eurozone wird von 0,05 auf 0 Prozent gesenkt - ein Novum. 2008 lag er noch bei 4,25 Prozent.
• Mehr Anleihekäufe: Das Volumen steigt von 60 auf 80 Milliarden Euro im Monat.
• Unternehmensanleihen: Erwarb die EZB bisher Staatsanleihen und Bonds staatlicher Institutionen, wird sie ab Juni auch Anleihen von Unternehmen mit guter Bonität kaufen.
• Negativzinsen: Der Einlagenzins für Banken sinkt weiter auf minus 0,40 Prozent. Statt Geld bei der EZB zu parken, sollen sie Kredite an Firmen und Verbraucher vergeben.
• Langfristkredite für Banken: Um die Folgen der Negativzinsen zu mildern, gewährt die EZB ihnen ab Juni vier sehr günstige Kreditlinien mit je bis zu vier Jahren Laufzeit.
Threadneedle Eur. High Yield
Profiteure der Niedrigzinsen
Der Fonds von Threadneedle investiert in Hochzinsanleihen, Bonds von Firmen mit niedriger Bonität. Sie dürften profitieren, wenn die EZB solide Firmenbonds kauft und Investoren ausweichen. Im Fonds dominieren Anleihen von Telekommunikations- und Medienkonzernen sowie Banken. Über zehn Jahre steht eine jährliche Rendite von 6,3 Prozent.
DWS Top Dividende
Konservativer Klassiker
Mit dem EZB-Entscheid werden sichere Anlagen noch weniger Erträge abwerfen. Für konservative Anleger sind Dividendenaktien eine Alternative. Im jährlich ausschüttenden DWS Top Dividende dominieren defensive Werte wie Roche, Nestlé, Allianz, Verizon und Cisco. Auf Sicht von zehn Jahren kommt der Fonds auf eine jährliche Rendite von 6,8 Prozent.
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