Ende der Sanktionen im Blick 26.07.2015 03:00:01

Ölmacht Iran ist nach Ende des Atomstreits wieder da

von Astrid Zehbe, Euro am Sonntag

Bei den Atomverhandlungen in Wien war beides ganz nah: der große Durchbruch und - einmal mehr - der Abbruch der Gespräche mit erneuter Eiszeit zwischen dem Iran und der westlichen Welt. Nach zähen Verhandlungen kam es schließlich zur Einigung im mehr als ein Jahrzehnt währenden Dauerstreit um das iranische Atomprogramm und die Sanktionen gegen das Land. Teheran erklärte sich bereit, sein Atomprogramm zurückzufahren und regelmäßig von internationalen Inspekteuren kontrollieren zu lassen. Im Gegenzug werden die internationalen Sanktionen schrittweise gelockert - allerdings nicht ohne Hintertürchen. Kommt es zu Unstimmigkeiten, können die Handelsbarrieren sofort wieder errichtet werden.

Weltweit wurde die Einigung gefeiert. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hält einen iranischen Griff nach der Atombombe auf absehbare Zeit verlässlich und nachprüfbar für ausgeschlossen. Scharfe Kritik kam hingegen aus Israel, das angesichts des wieder erstarkenden Erzrivalen um seine Sicherheit bangt.

Tatsächlich ist das Abkommen für die iranische Wirtschaft wichtig: Nach Jahren der Isolation darf das Land wieder frei mit seinen Partnern handeln. Ein 80-Millionen-Menschen-Markt wartet auf seine Wiederbelebung, internationale Investoren wittern Milliarden­geschäfte. Was bei vielen Unternehmen für Aufbruchstimmung sorgt, setzt den Ölmarkt mit seinem Überangebot unter Druck: Der Iran besitzt nach Saudi-Arabien die weltweit zweitgrößten Ölvorkommen.

Teheran will deutlich mehr fördern

Wegen der Sanktionen musste das Land seine tägliche Ölproduktion seit 2012 von einst durchschnittlich 3,7 Millionen Barrel um eine Million Barrel pro Tag reduzieren. Mit den wegfallenden Strafmaßnahmen will Iran die Förderung wieder hochfahren. Bereits im April hat es von der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) gefordert, seine Exporte um eine Million Barrel am Tag erhöhen zu dürfen.

Die Märkte reagierten bereits im Vorfeld der Einigung. Angesichts optimistischer Erwartungen rutschten die Preise seit Monatsbeginn um mehr als sechs Prozent nach unten. Mit dem Abkommen am Dienstag fiel die Sorte Brent zwischenzeitlich unter die Marke von 57 Dollar je Barrel, WTI kostete weniger als 52 Dollar. Zum Handelsschluss stabilisierten sich die Notierungen jedoch und legten sogar leicht zu.

Hochfahren der Anlagen dauert

Überraschend war das nicht: Als Termin für die Aufhebung der Sanktionen wurde frühestens 2016 genannt - mehr Zeit als erwartet, um Überkapazitäten abzubauen. Zudem dürfte das Hochfahren der iranischen Produktion länger dauern als gedacht. "Der Iran dürfte kaum in der Lage sein, seine Ölproduktion nach einer Aufhebung der Sanktionen rasch zu erhöhen, weil die Produktions- und Transporteinrichtungen nach mehr als drei Jahren der Still­legung erst wieder instandgesetzt werden müssen", meinen die Analysten der Commerzbank. Realistisch sei darum ein Anstieg des iranischen Ölangebots um maximal 500.000 Barrel pro Tag bis Mitte 2016 und um weitere 500.000 Barrel pro Tag bis Ende 2016. Auch ohne diese iranischen Exporte ist der Ölmarkt nach Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) aber schon massiv überversorgt. Eine zusätzliche iranische Produktion dürfte für fallende Preise sorgen, wenn das Überangebot am Weltmarkt ­bestehen bleibt.

Überangebot wird noch größer

Danach sieht es bisher aus. Saudi-Arabien - der größte Ölproduzent der Region - könnte seine Förderung noch stärker ausweiten als ohnehin in den vergangenen Monaten schon. Ende Juni holte das Land täglich rund zehn Millionen Barrel aus der Erde - so viel wie nie. Gut möglich, dass die Saudis ihre Vormachtstellung auf dem Markt demonstrieren wollen und gleichzeitig die Muskeln spielen lassen, um andere Konkurrenten, beispielsweise Fracking-Anbieter aus den USA, mit einem Preiskrieg vom Markt zu drängen.

Anleger, die auf einen fallenden Ölpreis setzen wollen, können sich ein Knock-out-Short-Zertifikat auf WTI-Öl (ISIN: DE000VZ7Q964) ins Depot legen. Das Produkt bildet die Ölpreisentwicklung umgekehrt und mit einem Hebel von 1,6 ab. Vorsicht: Erreicht der WTI-Preis die Knock-out-Barriere von 80,51 Dollar, drohen herbe Verluste. Zurückgezahlt wird dann nur ein vom Emittenten im Nachhinein berechneter Restwert. Daher: Stoppkurs setzen!

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