MÄRKTE EUROPA/Kurse drehen ins Minus - Ölpreis belastet erneut

   Von Thomas Leppert

   FRANKFURT (Dow Jones)--Nach einem freundlichen Handelsstart drehen die Kurse an den Börsen in Europa am Dienstagmittag ins Minus. Nach der Rally der beiden vorangegangenen Handelstage wird die Luft für weitere Kursgewinne erneut dünn. Investoren nutzen das inzwischen erreichte Niveau, ihr Engagement am Aktienmarkt zurückzufahren. Belastend wirkt sich aus, dass Saudi-Arabien und Russland zwar bereit sind, ihre Ölförderung auf dem Januar-Niveau einzufrieren, wenn andere große Förderländern sich diesem Schritt anschließen. Doch an der Börse hatte es die Hoffnung gegeben, dass die Förderung zurückgefahren wird. Darauf fällt der Ölpreis von 31,50 Dollar je WTI-Kontrakt im Tageshoch auf 29,85 Dollar.

   Der Dax verliert 0,8 Prozent auf 9.132 Punkte, nachdem er im Tageshoch bereits bei 9.269 Punkten notiert hat. Der Euro-Stoxx-50 tendiert 0,4 Prozent leichter bei 2.823 Punkten. Vor allem die Finanzwerte stehen unter Druck, der Sektor der Banken verliert 2 Prozent, für die Versicherer geht es im Schnitt um 0,8 Prozent nach unten. Mit Spannung wird an der Börse auf die Handelseröffnung an der Wall Street gewartet, die am Montag auf Grund eines Feiertages geschlossen blieb.

Spannung vor Entscheidung in Karlsruhe In Karlsruhe findet vor dem Bundesverfassungsgericht die mündliche Verhandlung zum Anleihekaufprogramm der EZB statt, mithin dazu, ob es sich dabei um eine nicht erlaubte Staatsfinanzierung handelt. Nach Meinung der Societe Generale dürfte es den Richtern nicht leicht fallen, ihre zuvor geäußerten schwerwiegenden Bedenken einfach beiseite zu wischen.

   Die Commerzbank glaubt derweil nicht, dass selbst ein Verbot des Programms bzw ein Untersagen der Beteiligung der Bundesbank große Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben würde. 2012 habe das Versprechen der Europäischen Zentralbank vor allem gewirkt, weil das Programm für den Krisenfall unbegrenzte Staatsanleihen-Käufe verhießen habe. Von dieser Zusage sei die EZB mittlerweile still und leise abgerückt, ohne dass es den Markt interessiert habe.

Berichtssaison auf vollen Touren Bei den Einzelwerten steht vor allem die Berichtssaison im Fokus. Die Zahlen von Heidelbergcement kamen zunächst an der Börse gut an. Vor allem der operative Gewinn liege über den Erwartungen, gleichzeitig gefalle der Ausblick, hieß es im Handel. Doch die Aktie ist mittlerweile ins Minus gedreht und gibt 1,3 Prozent ab. "Vermutlich haben einige Marktteilnehmer auf die höheren Synergien aus der Übernahme von Italcementi gehandelt", sagt ein Händler. Die seien jedoch nicht neu, es habe schon Ende vergangenen Jahres Hinweise auf Synergien in Höhe von 400 Millionen Euro gegeben. Folgerichtig sei der Kurs anschließend wieder abgebröckelt. Hier dürften nach dem fast 10-prozentigen Kurssprung seit Freitag auch Gewinnmitnahmen nach dem Motto 'Sell on good News' eine Rolle spielen.

   Air Liquide hat zwar im vierten Quartal in der wichtigen Sparte Gas & Services den Umsatz überraschend gesteigert, wie ein Händler sagt. Allerdings lägen der operative und auch der Nettogewinn leicht unter den Prognosen. Das Papier gibt um 4,5 Prozent nach. Der Kurs des deutschen Konkurrenten Linde handelt 1,9 Prozent im Minus.

   Zu Michelin heißt es, der französische Reifenhersteller habe sowohl mit den Ergebnissen für 2015 als auch mit dem Ausblick auf das laufende Jahr die Erwartungen erfüllt. Die Dividende liege mit 2,85 Euro je Aktie leicht über der Prognose seines Hauses. Die Aktie gewinnt gegen den Trend 3 Prozent.

   Für Electricite de France SA (EDF) geht es sogar um übe1 10 Prozent nach oben. "Die Zahlen zeigen, dass die Gerüchte über eine mögliche Kapitalerhöhung unberechtigt waren", sagt ein Händler. Mit der zum Vorjahr gesenkten Dividende sei genügend Kapital im Unternehmen. Negativ wertet der französische Broker Exane in einer ersten Einschätzung die Ergebnisse von Telecom Italia. Zwar lägen die Umsätze im Rahmen der Erwartungen, das EBITDA habe die Prognose jedoch um 6 Prozent verfehlt. Das Papier fällt um 3,4 Prozent zurück.

   Neben den Finanzwerten stehen auch die Minenwerte unter Druck. Schwächster Wert ist Anglo American, die Aktie verliert am Mittag 6 Prozent. Der aggressive Restrukturierungsplan von Anglo American sei zwar eine gute Nachricht, so die Analysten der Citigroup. Er sei jedoch schwer durchführbar sein, da er von Verkäufen zur Schuldenrückzahlung in einem gedrückten Marktumfeld abhänge. Der Kurs der MTU-Aktie bricht um über 6 Prozent ein. Der Triebwerkspezialist hat wegen Verschiebungen im Seriengeschäft im vergangenen Jahr die eigene Umsatzprognose verfehlt.

   Am Devisenmarkt tut sich wenig. Der zuletzt wieder deutlich gesunkene Yen notiert knapp unter 114 je US-Dollar, nachdem er zum Ende der Vorwoche noch bei unter 111 gelegen hatte. Das Gold kann sich nach seinem kräftigen Rücksetzer im Zuge der wieder gestiegenen Risikofreude der Anleger oberhalb von 1.200 Dollar stabilisieren.

DEVISEN zuletzt +/- % Di, 9.05 Uhr Mo, 18.05 Uhr EUR/USD 1,1158 0,02% 1,1156 1,1144 EUR/JPY 127,26 -0,31% 127,65 127,81 EUR/CHF 1,1017 0,00% 1,1017 1,1010 GBP/EUR 1,2923 -0,14% 1,2942 1,2954 USD/JPY 114,04 -0,33% 114,42 114,68 GBP/USD 1,4422 -0,08% 1,4434 1,4436 === Kontakt zum Autor: thomas.leppert@wsj.com

   DJG/thl/raz

   (END) Dow Jones Newswires

   February 16, 2016 07:02 ET (12:02 GMT)

   Copyright (c) 2016 Dow Jones & Company, Inc.- - 07 02 AM EST 02-16-16