Krieg in der Ukraine 28.03.2022 22:12:00

Hedgefonds-Manager: Ölpreis von 200 US-Dollar in diesem Jahr möglich - Schlechte Chancen für russisches Öl

Hedgefonds-Manager: Ölpreis von 200 US-Dollar in diesem Jahr möglich - Schlechte Chancen für russisches Öl

• Ölmarkt seit Kriegsbeginn angespannt
• Nachfragesenkung könnte Defizit ausgleichen
• Bullishes Kursziel


Krieg in der Ukraine sorgt für Bewegung am Ölmarkt

Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar stieg der Ölpreis zunächst deutlich an. So war die Angst groß, dass russische Rohstofflieferungen in Folge der Sanktionen gegen den Angriffskrieg ausbleiben und es zu einer Ölknappheit in Europa und den USA kommt. Russland ist weltweit einer der größten Produzenten von Rohöl. Während der Preis für ein Barrel WTI in den letzten Wochen auf bis zu 123,70 US-Dollar stieg, kostete die Sorte Brent seit Kriegsbeginn bis zu 127,98 US-Dollar. Zuletzt sank der Ölpreis zwar wieder etwas, befindet sich aber immer noch auf einem hohen Niveau. Für weitere Anspannung sorgte die Möglichkeit weiterer Sanktionen gegen Russland. Laut der Deutschen Presse-Agentur könnte die EU etwa einen Importstopp für russisches Erdöl umsetzen. Eine EU-weite Einigung scheint in diesem Punkt aber noch nicht erfolgt zu sein, Deutschland lehnte zuletzt etwa ein vollständiges Verbot von Ölimporten ab. Die USA und Großbritannien haben Öllieferungen aus Russland bereits eingestellt.

Hedgefonds-Manager: Lieferungen von russischem Öl werden ausbleiben

Der Hedgefonds-Manager Pierre Andurand sieht das Ende der Fahnenstange aber noch lange nicht erreicht. Laut "MarketWatch" wettete der Gründer der Investmentgesellschaft Andurand Capital Management in der Vergangenheit noch darauf, dass der Ölpreis ins Minus fällt - was im Frühjahr 2020 im Zuge des Corona-Crashs auch tatsächlich passiert war -, mittlerweile ist das Preisziel des Marktexperten aber deutlich bullisher. Wie Andurand kürzlich im "Bloomberg"-Podcast "Odd Lots" erklärte, sei momentan nicht davon auszugehen, dass Öl aus Russland in Zukunft nach Europa und in die USA geliefert wird - unabhängig davon wie schnell Russland und die Ukraine zu einer Einigung kommen. "Für mich geht es also nicht nur um den Waffenstillstand, sondern ich denke, dass die Sanktionen gegen Russland so lange aufrechterhalten werden, bis der Westen das Gefühl hat, dass er ihnen vertrauen kann und dass sie nicht ein paar Monate später einen anderen Nachbarn angreifen oder NATO-Länder angreifen werden", so der Investor im Podcast. "Ich meine, man kann nicht von der Angst vor Atomschlägen und dem Einsatz von chemischen und biologischen Waffen plötzlich verhandeln und ihnen wieder Geld geben." Daher rechnet Andurand damit, dass russisches Öl von den westlichen Märkten verschwinden wird.

Ölpreis könnte in diesem Jahr noch auf 200 US-Dollar klettern

Dennoch können die westlichen Staaten die fehlenden Öllieferungen nicht so einfach ersetzen. Schätzungen des Hedgefonds-Managers zufolge dürften etwa 4 Millionen Barrel Öl aus russischen Lieferungen wegfallen, von denen die Golfstaaten ungefähr 1,5 Millionen Barrel ersetzen könnten. Die restliche Differenz werde aus Reserven der westlichen Länder entnommen werden müssen, wobei diese nach zweieinhalb Jahren ausgeschöpft sein dürften. Auch dürften Schieferproduzenten und einige OPEC-Mitglieder ihre Produktionskapazitäten nicht allzu rasch hochfahren können. Für eine Entspannung der Lage am Ölmarkt könnte Andurand zufolge sorgen, dass die Nachfrage nach dem Rohstoff durch steigende Preise gesenkt werde. So hält der Marktbeobachter einen Ölpreis von 200 US-Dollar in diesem Jahr für realistisch. "Um die gleichen Auswirkungen auf die Wirtschaft zu haben wie bei dem hohen Preis von 2008, als er bei 150 US-Dollar lag, könnte er nun eher bei 250 US-Dollar liegen", erklärte der Experte.

Hohe Versteuerungen könnten Ölknappheit etwas abfedern

Auf seinem Twitter-Account äußerte sich der Andurand Capital-Gründer wenige Tage nach seinem Auftritt im Bloomberg-Podcast erneut zu möglichen Öl-Sanktionen gegen Russland. "Eine einfache Lösung wäre es, russisches Öl, das von europäischen Ländern importiert wird, mit einer 100%igen Steuer zu belegen. Auf diese Weise würden diejenigen, die dazu in der Lage sind, alternative Fässer kaufen oder russisches Öl mit 50 % Rabatt anbieten", schrieb Andurand auf dem Kurznachrichtendienst.

"Länder wie Deutschland, die sich sehr abhängig von russischem Öl gemacht haben, würden am Ende mehr zahlen, und es ist nur fair, für Fehler der Vergangenheit zu bezahlen, anstatt Europa als Geisel zu halten." Zwar rechnet der Experte damit, dass die Öllieferungen dann immer noch nicht ausreichen würden, die Freigabe strategischer Reserven, die Reduzierung der Nachfrage sowie Lieferungen aus den Golfstaaten könnten das Defizit aber auffangen.

Treuhandkonto für Wiederaufbau der Ukraine

Darüber hinaus schlug der Hedgefonds-Manager vor, dass europäische Länder 30 Prozent des Preises für Öllieferungen an Russland bezahlen und die restlichen 70 Prozent auf ein Treuhandkonto wandern, auf das die russische Regierung erst im Falle einer Kehrtwende im Ukraine-Krieg zugreifen könne. "Das von der Zentralbank, den sanktionierten Personen und dem Treuhandkonto eingefrorene Geld würde für den Wiederaufbau der Ukraine verwendet werden", so Andurand. Möglicherweise übrig gebliebene Geldmittel aus dem Konto würden dann an Russland fließen, sollte die russische Regierung verantwortungsvolles Verhalten an den Tag legen.

Laut der Finanzzeitung "Financial Times" konnte der Andurand Commodities Discretionary Enhanced Fund zwischen Jahresbeginn und Anfang März um etwa 109 Prozent zulegen, da der Investor auf steigende Rohstoffpreise gewettet hatte. Insgesamt soll die Investmentgesellschaft etwa 1,1 Milliarden US-Dollar verwalten.

Redaktion finanzen.at

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Rohstoffe in diesem Artikel

Ölpreis (Brent) 73,65 0,69 0,95
Ölpreis (WTI) 70,18 0,63 0,91