27.02.2018 14:27:49

BLOG Diesel-Urteil/CDU-Wirtschaftssprecher: Bogen bei Diesel nicht überspannen

Kommentare und Einschätzungen zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts über Dieselfahrverbote in Düsseldorf und Stuttgart:

Pfeiffer/CDU warnt vor umfassenden Fahrverboten - Bogen nicht überspannen

Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, hat vor umfassenden Fahrverboten nach dem Leipziger Diesel-Urteil gewarnt. "Es gilt, Schnellschüsse zu vermeiden, bei allen Maßnahmen Maß und Mitte zu bewahren und die aufgeheizte Debatte zu versachlichen", mahnte Pfeiffer. So seien verkehrsbedingten Stickoxidemissionen laut Umweltbundesamt zwischen 1990 und 2015 um 70 Prozent gesunken. Es gelte nun, "den Bogen nicht zu überspannen und die europäische Automobilindustrie nicht weiter unnötig zu belasten". Der Dieselmotor hat trotz der aktuellen Entscheidung für den Abgeordneten eine Zukunft. Er sieht noch viel Potenzial bei der Sparsamkeit und dem Stickoxid-Ausstoß.

ZDK: Diesel-Nachrüstverordnung nun noch dringender

Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) fordert eindringlich eine Nachrüstverordnung für ältere Dieselfahrzeuge. Das Kfz-Gewerbe sei nach wie vor der Überzeugung, dass sich die innerstädtische Luftreinhaltung am wirksamsten durch die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen mit stickoxidreduzierender Abgasreinigungstechnik erreichen lasse. "Würden sich die Fahrzeughersteller dem nicht massiv widersetzen, hätten schon längst Lösungen erzielt werden können", so der ZDK. Umso wichtiger sei es, dass jetzt so schnell wie möglich auf Bundesebene eine Verordnung mit Nachrüstungskriterien auf den Weg gebracht werde. Die Nachrüstung durch private wie gewerbliche Halter müsse öffentlich gefördert werden. Die Hersteller sehe man zumindest in der "moralischen Pflicht", gleichfalls Mittel beizusteuern.

Handwerk: Fahrverbote nicht alternativlos

Das deutsche Handwerk hat Fahrverbote als "existenzbedrohend" für seine Betriebe abgelehnt und auch die Einführung einer blauen Plakette für schadstoffarme Autos zurückgewiesen. "Fahrverbote sind der falsche Weg", sagte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer. "Wir lehnen sie weiter entschieden ab und appellieren an die Kommunen und Städte, alles zu tun, um sie zu vermeiden." Fahrverbote seien "nicht alternativlos", denn es gebe zahlreiche Wege, um Schadstoffe spürbar zu reduzieren. Eine blaue Plakette sei keine Alternative zu Fahrverboten, "sondern käme fast einem Komplettverbot gleich". Der Anteil der Dieselfahrzeuge mit Euro-6-Standard liege bei den Nutzfahrzeugen im Handwerk unter 10 Prozent.

Handel: Neue Antriebe, ÖNV fördern, Lockerung Nachtbelieferung

Der Handelsverband Deutschland fordert von der Politik nun weitreichende Umsteuerung, damit trotz möglicher Fahrverbote sowohl Waren als auch Kunden weiterhin "unkompliziert zu ihnen (den Händlern) kommen können", sagte HDE-Präsident Josef Sanktjohanser. Damit sich Kunden in Zukunft nicht auf die Grüne Wiese oder den Online-Handel umorientierten, müsse die Politik nun alternative Logistikdienstleistungen und neue Antriebsformen stärker fördern und sich dabei nicht nur einseitig auf Elektromotoren konzentrieren, fordert der Verband. Weiterhin solle die Politik die Vorgaben für die Belieferung bei Nacht lockern und den öffentlichen Nahverkehr für die Kunden ausbauen. In einer aktuellen HDE-Umfrage äußerten über drei Viertel der Händler an potentiell betroffenen Standorten Sorgen vor Umsatzverlusten durch Fahrverbote.

Umwelthilfe: Urteil bedeutet "großen Tag für saubere Luft"

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßte das Urteil zu Diesel-Fahrverboten. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sprach in Leipzig von einem "ganz großen Tag für saubere Luft in Deutschland". Nun sei die Autoindustrie in der Pflicht, durch Nachrüstungen an den Fahrzeugen für bessere Luft zu sorgen. "Ab heute erwarte ich von der Autoindustrie, dass sie liefert", sagte Resch. Die DUH hatte in einer Reihe von Städten geklagt. Die Umweltschutzorganisation will erreichen, dass die Pläne zur Luftreinhaltung dort so geändert werden, dass die vorgeschriebenen Grenzwerte für Stickstoffdioxid eingehalten werden.

Allianz pro Schiene: "Fukushima für die Verkehrswende"

Die Allianz pro Schiene hofft nach dem Urteil auf eine grundsätzliche Wende hin zu einer stärkeren Förderung der Bahn. Die Leipziger Richter hätten klargestellt, "dass die Luftverschmutzung durch den Straßenverkehr kein Schicksal ist, das wir einfach erdulden müssen", erklärte Dirk Flege, der Geschäftsführer des Bündnisses von nicht gewinnorientierten Organisationen. "Das könnte das Fukushima für die Verkehrswende bedeuten", erwartete er. Die neue Regierung wäre "gut beraten, ein bahnpolitisches Maßnahmenbündel zu schnüren". Deutschland brauche mehr öffentlichen Verkehr und mehr Eisenbahn. Dafür müssten die Trassenpreise sinken, im Güter- aber auch im Personenverkehr.

Ernst & Young: Fahrverbote schwächen Vertrauen in Dieseltechnik zusätzlich

Besitzer von Dieselautos können nun nicht mehr sicher sein, jederzeit ins Stadtgebiet fahren zu dürfen. Bundesweit seien nach Berechnung von Ernst & Young etwa 15 Millionen Diesel-Pkw unterwegs, von denen nur etwa 4 Millionen Euro-6-Fahrzeuge seien. "Potenziell betroffen von Fahrverboten sind also mehr als 10 Millionen Bundesbürger", so die Experten. Obwohl alle aktuell verkauften Dieselfahrzeuge die Euro-6-Norm einhalten - also nicht von Fahrverboten betroffen sein werden - besteht offenbar nur geringes Vertrauen, dass Fahrverbote auch zukünftig ausgeschlossen sind, wie E&Y weiter erklärte. "Unabhängig davon, in welchem Umfang Fahrverbote tatsächlich umgesetzt werden: Allein die Möglichkeit von Fahrverboten wird das Vertrauen in die Technologie weiter schwächen und die Gebrauchtmarktpreise purzeln lassen", meint Peter Fuß, Senior Advisor Automotive bei E&Y.

Ohoven warnt vor Berufsverbot für Mittelständler

Der Präsident des Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven, sieht nach dem Urteil die Gefahr eines "faktischen Berufsverbotes" für Mittelständler. "Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, Dieselfahrverbote in Städten rechtlich zuzulassen, gefährdet die Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen", warnte er. Fahrverbote kämen "einer Enteignung von Betriebsvermögen gleich". Nun müsse die Politik endlich aktiv werden, und es sei an den Autokonzernen, bei den betroffenen Fahrzeugen "ohne Wenn und Aber auf eigene Kosten die Hardware nachzurüsten".

Logistikverband fürchtet Lahmlegung der Innenstädte

Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) bedauert das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Diesel-Fahrverbote für Kurier-Express und Paketfahrzeuge würden "die Grundversorgung des Handels und der Haushalte" mit solchen Diensten in den Innenstädten lahmlegen, befürchtet der BIEK-Vorsitzende Florian Gerster. Insbesondere die kleinen Geschäfte und Gewerbetreibenden seien auf die Belieferung angewiesen, aber auch der Endverbraucher. "Fahrverbote stellen somit keine Lösung dar", meinte Gerster.

EVG fordert mehr Geld für Schiene - Urteil ist Zäsur in Verkehrspolitik

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) nimmt das Urteil zum Anlass, mehr Investitionen in die Schieneninfrastruktur zu fordern. Der Vorsitzende Alexander Kirchner forderte ein "überzeugendes Gesamtkonzept" und "attraktive Angebote für alle, die von Auto auf die Eisenbahn umsteigen wollen", insbesondere im ländlichen Raum. Notwendig sei eine sinnvolle Vernetzung und ein Plan zur Lenkung der Verkehrsströme, "um Mensch und Umwelt wieder in Einklang zu bringen". Bisher habe jede neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Tatsächlich seien die Eisenbahnen immer wieder benachteiligt worden.

VDMA: Diesel-Fahrverbote sind der falsche Weg

Der VDMA sieht in Diesel-Fahrverboten keine gute Lösung. "Generelle Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge sind der falsche Weg, um ein Problem zu lösen, das nur an ganz bestimmten Orten unter ganz bestimmten Bedingungen auftritt", sagte Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. "Denn solche Fahrverbote treffen auch jene Verkehrsteilnehmer wie Handwerker oder Servicetechniker, die für ihren Beruf auf die Nutzung vorhandener Diesel-Kleintransporter angewiesen sind. Weitaus sinnvoller zur Luftreinhaltung wäre eine bessere und intelligentere Verkehrssteuerung und ein attraktiver ÖPNV."

BUND zeigt sich erleichtert

Der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, hat sich nach dem Urteil "erleichtert" gezeigt. "Endlich ist höchstrichterlich bestätigt, dass Kommunen zum Schutz der Gesundheit ihrer Bürger auch schon jetzt Fahrverbote erlassen können", erklärte er. Das einzig auf die Vermeidung von Fahrverboten ausgelegte Krisenmanagement von Bundesregierung und Autoindustrie sei gescheitert. Weiger nannte das Urteil "eine umweltpolitische Ohrfeige für die Bundesregierung" und forderte, die kommende Regierung müsse durch die schnelle Einführung einer blauen Plakette Regelungen mit unterschiedlichen Schildern und Kennzeichnungen verhindern.

DIW: Politik und Hersteller müssen endlich handeln

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February 27, 2018 08:28 ET (13:28 GMT)

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