28.07.2017 16:40:41

AUF EINEN BLICK/So will die uneinige Regierung den Diesel retten

   Von Christian Grimm

   BERLIN (Dow Jones)--Das Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts zur Luftverschmutzung durch Dieselautos ist ein schwerer Schlag für die Bundesregierung und die deutsche Autoindustrie. Eigentlich wollten die Vorzeigebranche und die Regierung kommenden Mittwoch beim "Nationalen Forum Diesel" den Dieselfahrern Vertrauen einflößen. Softwareupdates der Motorsteuerung sollten die Selbstzünder sauberer machen und Fahrverbote verhindern.

   Mit dem Urteil aus Stuttgart ist das Makulatur. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) drängt schon auf weiterreichende Nachrüstungen, Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) klammert sich hingegen noch an die alte Linie. So sieht die politische Lage derzeit aus:

1. Dobrindt steht weiter zur Branche Der Verkehrsminister war bisher der Herold der Autoindustrie, er stellt sich seit zwei Jahren schützend vor Deutschlands wichtigsten Industriezweig. Doch nach dem jüngst aufgedeckte Autokartell und dem Urteil aus Stuttgart steckt der CSU-Politiker in der Klemme. Er muss reagieren und in die Offensive gehen. Ein ganzer Strauß an Maßnahmen und Beschlüssen soll nun Diesel-Fahrverbote in Städten vermeiden, wie Dobrindt am Freitag tapfer ankündigte.

   Dazu zählen die Verflüssigung des Verkehrs ("Grüne Welle") und digitale Assistenten bei der Parkplatzsuche. Städte und Gemeinden sollen nach seinem Willen außerdem schneller ihre Fahrzeugflotten (Busse, Müllautos) erneuern und den öffentlichen Nahverkehr ausbauen. Bezahlt werden soll das zum Teil aus einem Fonds in dreistelliger Millionenhöhe, der auf dem Diesel-Gipfel beschlossen werden soll.

2. SPD und Opposition verlangen mehr Umweltministerin Handricks wollte die Autohersteller schon viel eher an die Kandare nehmen. Auf den letzten Metern der Legislaturperiode bekommt sie nun Oberwasser und hält plötzlich die besseren Trümpfe in der Hand als Dobrindt. Sie verlangt von den Konzernen, nächste Woche mit klaren Konzepten zu kommen, wie an Motor und Abgasreinigung Hand angelegt werden kann. "Das Urteil bestätigt meine Auffassung, dass Software-Updates dabei nur ein erster Schritt sein können", betont die SPD-Politikerin.

   Dazu sollen die Unternehmen Zahlen vorbereiten, bei wie vielen Autos die Hardware nachgebessert werden kann und was das kostet. Hendricks Fraktion und die Opposition stoßen in das gleiche Horn. "Jetzt muss die Bundesregierung die Hersteller in die Pflicht nehmen: es wird vernünftig auch mit Hardware nachgerüstet, auch wenn das mehr kostet", verlangt Fraktionsvize Oliver Krischer von den Grünen.

3. Autobranche bleibt im Schneckenhaus "Es gibt intelligentere Lösungen als Fahrverbote, um die Luftqualität in Städten zu verbessern", erklärte der Verband der Automobilindustrie nach der schweren Schlappe in Stuttgart. Nach den Enthüllungen zum Autokartell befindet sich die Branche in Schockstarre. Ihre defensive Haltung wird ihr nun zum Verhängnis, weil mit Dobrindt der Hauptverteidiger schwer unter Druck gerät.

   Die Branche schließt sich seinen Forderungen nach Begleitbeschlüssen an, will aber bisher keinen Deut mehr liefern. "Wir erwarten, dass das Nationale Forum Diesel in Berlin ein wichtiges Signal setzt und Klarheit für die Verbraucher schafft", forderte der VDA.

   Die Autoindustrie hat offenbar noch nicht verstanden, dass das Signal von ihr kommen muss.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/chg/jhe

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   July 28, 2017 10:09 ET (14:09 GMT)

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