23.09.2011 13:54:00
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Perspektiven für den Euroraum: Balanceakt für Konjunktur und Märkte
„Stagnation bis leichte Rezession – das ist das wahrscheinlichste Szenario für Deutschland und den Euroraum im vor uns liegenden Winterhalbjahr.“ So schätzt Dr. Holger Sandte, Chefvolkswirt der WestLB Mellon Asset Management KAG mbH (WMAM KAG), die Konjunkturaussichten für die nächsten Monate ein. Auf der Konjunktur lasten die Nachwirkungen der Ölpreishausse, die in vielen Industrieländern durch Steuererhöhungen und Ausgabekürzungen auf dem Bremspedal stehende Fiskalpolitik und die Verunsicherung infolge der Staatsschuldenkrise. Abmildernd dürfte sich auswirken, dass die Unternehmen dem Gegenwind im Großen und Ganzen mit geringer Verschuldung und damit gut gerüstet begegnen.
Im Euroraum dürfte das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr nicht über ein Prozent hinausgehen. Für eine vergleichsweise robuste deutsche Konjunktur sprechen die Ausrichtung der Exporte auf die rascher wachsenden Emerging Markets und der geringere Bedarf für fiskalpolitische Bremsmanöver hierzulande. Nach einem erwarteten Wirtschaftswachstum in Deutschland von 3% in diesem Jahr liegt die aktuelle Prognose der WMAM KAG für das kommende Jahr bei 1,5% und damit etwas über den Prognosen, die zuletzt von deutschen Forschungsinstituten veröffentlicht wurden. „Es ist allerdings zweitrangig, ob die Wirtschaft um einige Zehntel Prozentpunkte mehr oder weniger wächst. Entscheidend ist, ob ein Abrutschen in eine schwere Rezession verhindert wird, wie wir sie Ende 2008/Anfang 2009 nach der Lehman-Pleite erleben mussten“, so Sandte. Damals war die Wirtschaftsleistung in Deutschland innerhalb von zwei Quartalen um sechs Prozent eingebrochen.
Der Umgang mit der Staatsschuldenkrise kann den Unterschied zwischen einer milden und einer scharfen Rezession ausmachen. Einfache Lösungen ohne Risken und Nebenwirkungen gibt es nicht, sonst hätte die Politik sie schon gefunden und die Expertenmeinungen wären nicht so unterschiedlich. Es gilt, eine Balance zu finden zwischen der Unterstützung für angeschlagene Länder einerseits und dem Durchsetzen von Haushaltssanierung und wachstumsfördernden Reformen andererseits. „Beim Sparen können Staaten den Bogen überspannen: Wenn viele Länder gleichzeitig die Staatsausgaben kürzen und die Steuern anheben, besteht die Gefahr, dass als Ergebnis nicht Wachstum und neues Vertrauen heraus kommen, sondern Rezession und anhaltende Verunsicherung. Auch den stärkeren Ländern im Euroraum wäre damit nicht gedient.“
Wenn Griechenland in die Insolvenz geht, könnte dies auf den Finanzmärkten einen ähnlichen Flächenbrand auslösen wie er durch die Lehman-Pleite vor drei Jahren entstanden war. Eine globale Rezession wäre dann wohl unvermeidlich, zumal die Emerging Markets in diesem Szenario nicht mit einer begrenzten Verlangsamung des Wachstumstempos davon kämen. In diesem Fall wären stark exportabhängige Volkswirtschaften wie Deutschland wahrscheinlich in besonderem Maße betroffen.
Die Möglichkeiten der Wirtschaftspolitik zum Gegensteuern sind heute – bei bereits tiefen Leitzinsen und hoher Staatsverschuldung – geringer als damals, aber es gibt Möglichkeiten. So dürfte die EZB die Leitzinsen im Falle einer scharfen Rezession deutlich senken. Die Notenbanken sind sich der Gefahren für das Bankensystem und die Konjunktur durchaus bewusst und stellen Liquidität in großem Umfang bereit. Diese Maßnahmen können auch noch ausgeweitet werden. Das Problem einer möglichen Kapitalknappheit bei Banken können sie jedoch nicht lösen.
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