von Jörg Billina, Euro am Sonntag

Euphorie, Entsetzen, Erleichterung - die extremen Schwankungen an den Börsen in Shanghai und Shenzen sorgen für Stress bei den Anlegern. Von Oktober bis Mitte Juni hatten chinesische Aktien um 140 Prozent zugelegt.

Trotz der fulminanten Rally fürchteten Kleinanleger keine Korrektur. Um Aktienkäufe zu finanzieren, nahmen sie Kredite auf, beliehen ihr Depot, um noch mehr Wertpapiere zu erwerben. Die allmächtige Regierung, die Wachstumsraten und Ernten exakt zu prognostizieren weiß, werde den politisch gewollten Boom schon am Laufen halten. Noch Ende April konnten Anleger der Parteizeitung "People’s Daily" entnehmen, dass kontinuierliche Kurszuwächse eine entscheidende Rolle bei der von der Regierung in Angriff genommenen Transformation der chinesischen Wirtschaft spielen.

Pekings Plan: Ein Teil der ­Aktiengewinne fließt in den Konsum und stärkt so den Binnenmarkt. Außerdem werden sich Techunternehmen via Bör­se ­Kapital für Investitionen beschaffen. Denn auch Innovationen sollen das Wachstum an­kurbeln. Für die hoch verschuldeten Staatsfirmen sah man ebenfalls Vorteile: Boomt die Börse, können sie leichter Kapitalerhöhungen durchführen.

Doch das Vertrauen in die Lenkungskompetenz der Regierung ist seit dem jüngsten Crash erschüttert. Innerhalb von nur vier Wochen wurden Börsenwerte in Höhe von mehr als drei Billionen Euro vernichtet.

Ausgelöst wurde die Talfahrt von Versuchen der Regierung, das Ausmaß kreditfinanzierter Aktienkäufe einzuschränken. Peking weist jedoch jede Schuld von sich. Kriminelle Drahtzieher hätten die Börse manipuliert, um von fallenden Kursen zu profitieren.

Massive Markteingriffe

Ebenfalls enttäuscht sind internationale Investoren. Der im November eröffnete Zugang zu an der Börse in Shanghai gehandelten Aktien hatte sie zunächst optimistisch gestimmt. Die massiven Interventionen der Regierung gegen den Kursverfall aber mahnen zur Vorsicht.

Von freier Preisbildung sind Chinas Festlandbörsen trotz eines zunehmend liberalen Kurses in der Wirtschaftspolitik weit entfernt. "Die Notierungen entwickeln sich weitestgehend unabhängig von Wirtschafts­daten oder Unternehmens­gewinnen, sondern reagieren weiterhin in erster Linie auf ­politische Signale", sagt Björn Conrad vom Forschungsinstitut Merics.

Doch Peking scheint nur noch bedingt Herr des Verfahrens. Ziel war es, einen deutlich verhalteneren Bullenmarkt zu etablieren. Das ist gescheitert. Um die Kontrolle über die Kurse zurückzugewinnen und den Markt zu stabilisieren, hat Peking das Spiel der Kräfte drastisch ein­geschränkt: 400 von zunächst 1.400 Aktien sind weiter vom Handel ausgesetzt. Großaktionäre sind gezwungen, ihre Anteile nach Kauf sechs Monate zu halten. Versicherer und staatliche Firmen wurden angewiesen, verstärkt Aktien zu kaufen.

Bei ausländischen Investoren kommt das nicht gut an. Seit Anfang Juli zogen sie einem Bericht der "Financial Times" zufolge mehr als sieben Milliarden Dollar aus chinesischen A-Aktien ab. Auch Jonathan Garner sieht nach dem jüngsten Kurssturz keine Kaufgelegenheit: Der China-Analyst von Morgan Stanley hält in den nächsten Monaten in Shanghai einen weiteren Verlust von bis zu 30 Prozent für möglich (siehe Investor-Info).

Investor-Info

DB X-Trackers CSI 300
Zu hohe Risiken

Der ETF bildet die Wertentwicklung von 300 Aktien ab, die an den Börsen in Shanghai und Shenzen notieren. 37 Prozent davon ­entfallen auf Finanzwerte wie die China Merchants Bank. Industriewerte wie China Shipbuilding Industries sind mit 19 Prozent gewichtet. Zwar haben sich nach dem Crash die Kurse wieder erholt. Doch Skepsis ist angebracht. Chinas Aktienmärkte bergen derzeit nicht ausreichend Gewinnpotenzial, um die Risiken eines Einstiegs zu rechtfertigen.

Morgan Stanley Em Equity
Begrenztes Engagement

Nur auf China-Aktien zu setzen, birgt aktuell Gefahren. In einem breit aufgestellten Schwellenländerfonds haben sie jedoch ihre Berechtigung. Der Morgan Stanley Emerging Markets Equity hat chinesische Aktien mit 17 Prozent gewichtet. Den Rest der Mittel verteilt Manager Ruchir Sharma auf taiwa­nesische, indische, südkoreanische oder ­mexikanische Werte. Seit Jahresanfang erzielte er ein Plus von zwölf Prozent, auf Sicht von drei Jahren schaffte er 21 Prozent.

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