Robuste Konjunktur |
11.10.2015 08:00:02
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Widerstandsfähige Schweizer trotz Franken-Freigabe
von Christophe Bernard, Gastautor von Euro am Sonntag
Tatsächlich war im ersten Quartal das reale BIP in der Schweiz zum ersten Mal seit 2011 rückläufig. Verantwortlich hierfür waren hauptsächlich steigende Importe und gleichzeitig sinkende Exporte. Der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes ist seit Dezember 2014 markant gefallen, hat sich seit dem Tiefpunkt im Februar jedoch erholt und sogar den 50er-Schwellenwert wieder überschritten.
Auch das KOF-Konjunkturbarometer der ETH Zürich hat sich im Juli wieder deutlich erholt und den Wert des Schlussquartals 2014 erreicht. Die Arbeitslosenrate hat sich seit Auflösung des Mindestkurses ebenfalls nur marginal von 3,2 auf 3,3 Prozent im Juli erhöht. Die offenen Stellen, die zwischen Januar und April stark zurückgingen, haben sich seit Mai sogar wieder erholt.
Gegenüber der Aufwertung der Währung scheint die Schweizer Wirtschaft also erstaunlich robust zu sein. Sollte sich der Euro beim derzeitigen Niveau von rund 1,10 Franken stabilisieren, dann rechnen wir damit, dass sich die Schweizer Wirtschaft sukzessive an die neue Wechselkursrelation anpasst. Wir halten deshalb an unserer Prognose eines realen Wirtschaftswachstums von 0,9 Prozent in diesem Jahr und 1,5 Prozent im nächsten Jahr fest.
Sollte sich der Euro jedoch wieder Richtung Parität abschwächen, so steigt mittelfristig das Risiko, dass der Standort Schweiz aufgrund zu hoher Lohnstückkosten an Attraktivität verliert. Dies hieße wohl, dass die Unternehmen vermehrt Produktionsstätten ins Ausland verlagern würden.
Auch von China gehen keine Rezessionsgefahren aus. Zwar ist die Schweizer Wirtschaft eine der exportabhängigsten der Welt, allerdings gehen nur rund fünf Prozent der Exporte in das Reich der Mitte. Die Exporte nach China machen also nur 3,5 Prozent des Schweizer BIP aus. Eine Wachstumsabschwächung von 2,5 Prozentpunkten in China hätte in der Schweiz einen Rückgang von nur 0,1 Prozentpunkten zur Folge.
Während gemäß unseren Berechnungen der faire Wechselkurs des Euro 2010 noch bei rund 1,34 Franken lag, beträgt dieser Wert inzwischen lediglich 1,20 Franken. Damit ist der Schweizer Franken gegenüber dem Euro derzeit um neun Prozent überbewertet. Berücksichtigt man noch die unterschiedlichen Inflationsraten in der Schweiz und in den Ländern der Handelspartner, so beträgt die reale Aufwertung seit Anfang des Jahres lediglich sieben Prozent. Eine solche reale Aufwertung der Währung hat die Schweizer Wirtschaft schon öfter erlebt, ohne dramatische Konsequenzen. Zudem wurden die negativen Auswirkungen des schwachen Euro dadurch abgeschwächt, dass der Schweizer Franken gegenüber dem US-Dollar sogar an Wert verloren hat. Inzwischen ist der Schweizer Franken gegenüber dem Greenback praktisch fair bewertet.2015 noch Deflation,
Der starke Franken führte zudem dazu, dass die Schweiz wieder in die Deflation zurückfiel. Zwar wurden die Konsumentenpreise allein durch den rückläufigen Erdölpreis nach unten gezogen, jedoch rutschte wegen des starken Franken auch die um Energie und Nahrungsmittel bereinigte Kernteuerung in den negativen Bereich. Wir rechnen damit, dass die Deflation in der Schweiz bis zum Ende dieses Jahres anhält. Für das Gesamtjahr sagen wir eine Jahresdurchschnittsinflation von minus 1,1 Prozent voraus. Für 2016 rechnen wir mit einer bescheidenen Jahresdurchschnittsinflation von 0,2 Prozent.
Kurzvita
Christophe Bernard,
Chefstratege der Bank Vontobel
Bernard ist auch Leiter der neu geschaffenen Balanced-/Multi Asset Class-Boutique (MAC) im Asset Management. Der Franzose arbeitet seit 2012 bei der Zürcher Privatbank.
Vontobel Asset Management bietet eine Multi-Boutique-Strategie und verwaltet rund zehn Milliarden Franken an Kundengeldern.
Die Schweiz gilt seit Jahrzehnten als Inbegriff von Qualität, Zuverlässigkeit und Stabilität. Vor allem hat sich die helvetische Wirtschaft seit der Finanzkrise von 2008/2009 im internationalen Vergleich sehr gut geschlagen. Doch als Mitte Januar 2015 die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Anbindung des Franken an den Euro überraschend aufkündigte und der Euro infolgedessen unter die Marke von einem Schweizer Franken einbrach, kam erstmals Verunsicherung auf. Die Befürchtung war groß, dass die starke Aufwertung des Franken nicht nur die heimische Exportindustrie schwächen, sondern auch die Importe verbilligen könnte, was der heimischen Wirtschaft massiv schaden würde.
Tatsächlich war im ersten Quartal das reale BIP in der Schweiz zum ersten Mal seit 2011 rückläufig. Verantwortlich hierfür waren hauptsächlich steigende Importe und gleichzeitig sinkende Exporte. Der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes ist seit Dezember 2014 markant gefallen, hat sich seit dem Tiefpunkt im Februar jedoch erholt und sogar den 50er-Schwellenwert wieder überschritten.
Auch das KOF-Konjunkturbarometer der ETH Zürich hat sich im Juli wieder deutlich erholt und den Wert des Schlussquartals 2014 erreicht. Die Arbeitslosenrate hat sich seit Auflösung des Mindestkurses ebenfalls nur marginal von 3,2 auf 3,3 Prozent im Juli erhöht. Die offenen Stellen, die zwischen Januar und April stark zurückgingen, haben sich seit Mai sogar wieder erholt.
Gegenüber der Aufwertung der Währung scheint die Schweizer Wirtschaft also erstaunlich robust zu sein. Sollte sich der Euro beim derzeitigen Niveau von rund 1,10 Franken stabilisieren, dann rechnen wir damit, dass sich die Schweizer Wirtschaft sukzessive an die neue Wechselkursrelation anpasst. Wir halten deshalb an unserer Prognose eines realen Wirtschaftswachstums von 0,9 Prozent in diesem Jahr und 1,5 Prozent im nächsten Jahr fest.
Sollte sich der Euro jedoch wieder Richtung Parität abschwächen, so steigt mittelfristig das Risiko, dass der Standort Schweiz aufgrund zu hoher Lohnstückkosten an Attraktivität verliert. Dies hieße wohl, dass die Unternehmen vermehrt Produktionsstätten ins Ausland verlagern würden.
Auch von China gehen keine Rezessionsgefahren aus. Zwar ist die Schweizer Wirtschaft eine der exportabhängigsten der Welt, allerdings gehen nur rund fünf Prozent der Exporte in das Reich der Mitte. Die Exporte nach China machen also nur 3,5 Prozent des Schweizer BIP aus. Eine Wachstumsabschwächung von 2,5 Prozentpunkten in China hätte in der Schweiz einen Rückgang von nur 0,1 Prozentpunkten zur Folge.
Während gemäß unseren Berechnungen der faire Wechselkurs des Euro 2010 noch bei rund 1,34 Franken lag, beträgt dieser Wert inzwischen lediglich 1,20 Franken. Damit ist der Schweizer Franken gegenüber dem Euro derzeit um neun Prozent überbewertet. Berücksichtigt man noch die unterschiedlichen Inflationsraten in der Schweiz und in den Ländern der Handelspartner, so beträgt die reale Aufwertung seit Anfang des Jahres lediglich sieben Prozent. Eine solche reale Aufwertung der Währung hat die Schweizer Wirtschaft schon öfter erlebt, ohne dramatische Konsequenzen. Zudem wurden die negativen Auswirkungen des schwachen Euro dadurch abgeschwächt, dass der Schweizer Franken gegenüber dem US-Dollar sogar an Wert verloren hat. Inzwischen ist der Schweizer Franken gegenüber dem Greenback praktisch fair bewertet.
2015 noch Deflation,
Nullinflation im Jahr 2016
Der starke Franken führte zudem dazu, dass die Schweiz wieder in die Deflation zurückfiel. Zwar wurden die Konsumentenpreise allein durch den rückläufigen Erdölpreis nach unten gezogen, jedoch rutschte wegen des starken Franken auch die um Energie und Nahrungsmittel bereinigte Kernteuerung in den negativen Bereich. Wir rechnen damit, dass die Deflation in der Schweiz bis zum Ende dieses Jahres anhält. Für das Gesamtjahr sagen wir eine Jahresdurchschnittsinflation von minus 1,1 Prozent voraus. Für 2016 rechnen wir mit einer bescheidenen Jahresdurchschnittsinflation von 0,2 Prozent.
Kurzvita
Christophe Bernard,
Chefstratege der Bank Vontobel
Bernard ist auch Leiter der neu geschaffenen Balanced-/Multi Asset Class-Boutique (MAC) im Asset Management. Der Franzose arbeitet seit 2012 bei der Zürcher Privatbank.
Vontobel Asset Management bietet eine Multi-Boutique-Strategie und verwaltet rund zehn Milliarden Franken an Kundengeldern.
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