Britische Pfund - Euro - Kurs (GBP - EUR)
Frage der Perspektive |
15.10.2022 22:48:00
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US-Dollar klettert auf Mehrjahreshoch: Ist die US-Währung tatsächlich so stark - oder sind Euro und Co. bloß schwach?
• Niedrigere Zinsniveau schwächt Euro, Yen und Co.
• Einige Währungen haben dagegen zum Dollar zugelegt
Der US-Dollar sei die "Abrissbirne" der Weltwirtschaft, indem er die internationalen Kapitalmärkte durchrüttele und Investitionen außerhalb der USA, insbesondere in den Schwellenländern, unattraktiv mache. In dieser oder in einer ähnlichen Form wurde ein solches Argument von verschiedenen Politikern und Ökonomen zuletzt häufig geäußert. Jedoch fragen sich andere Beobachter, ob es nicht vielmehr die Schwäche der anderen Währungen ist, die für die Turbulenzen auf dem Devisenmarkt verantwortlich ist.
Dollar-Index auf 20-Jahres-Hoch
Die relative Stärke des Dollars wird normalerweise mit vier Faktoren begründet, die je nach Interpretation unterschiedlich gewichtet werden: Die überdurchschnittlich offensive Zinserhöhungspolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zwecks der Inflationsbekämpfung, die vergleichsweise starke US-Konjunktur mit historisch niedrigen Arbeitslosenzahlen, die Unabhängigkeit der USA von russischen Rohstofflieferungen und schließlich die hohe Unsicherheit der Märkte, was traditionell die Nachfrage nach der Weltleitwährung steigert. Diese miteinander verflochtenen Faktoren sorgten zuletzt für einen rapiden Anstieg des Dollar-Index, der die Stärke des Greenback im Verhältnis zu einem Korb anderer Leitwährungen misst. Dieser Index ist im laufenden Jahr um rund 20 Prozent gestiegen und befindet sich auf dem höchsten Niveau seit knapp 20 Jahren.
Offensive Zinserhöhungen der Fed stärken den US-Dollar
Tatsächlich ist das Zinsniveau in den USA deutlich höher als in Japan oder in der Eurozone, weshalb es wenig überraschend ist, dass der Japanische Yen und der Euro zum US-Dollar an Wert verloren. Durch ein hohes Zinsniveau werden nämlich Investoren in den Währungsraum angezogen, während niedrigere Leitzinsen eine Währung tendenziell unattraktiver machen. Während in den USA bereits ein Leitzinssatz von 3 bis 3,25 Prozent gilt, liegt dieser in der Eurozone bei 1,25 Prozent, im Vereinigten Königreich bei 2,25 Prozent und in Japan weiterhin bei null Prozent. Alle drei Währungen verloren deshalb an Attraktivität zum US-Dollar.
Weitere Zinsschritte in den USA sehr wahrscheinlich
Die Fed geht unter Leitung von Jerome Powell nach anfänglichem Zögern seit März mit Hochdruck gegen die höchsten Inflationsraten seit vierzig Jahren vor. Bislang zeigte der Plan, mittels höherer Zinsen die Nachfrage nach Gütern und Arbeitskräften zu reduzieren und dadurch wieder in eine bessere Balance zum vorhandenen Angebot zu bringen, allerdings eher durchwachsene Erfolge. Der am Freitag veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht für September zeigte sogar, dass die Arbeitslosenquote trotz höherer Leitzinsen von 3,7 auf 3,5 Prozent sank. Die Fed dürfte damit an ihrer restriktiven Zinspolitik somit auch in den ersten Monaten des nächsten Jahres festhalten, auch dies eine Rezession auslösen sollte.
Fed-Vizepräsidentin Brainard: "Verfrühtes Abrücken unbedingt vermeiden"
Vergangene Woche kündigte die Vizepräsidentin der Fed, Lael Brainard, denn auch an, dass die Fed auf absehbare Zeit eine falkenhafte Zinspolitik fahren wird. "Die Geldpolitik wird noch einige Zeit restriktiv sein müssen, damit wir darauf vertrauen können, dass sich die Inflation wieder auf das angestrebte Ziel zubewegt. Aus diesem Grund wollen wir das verfrühte Abrücken davon unbedingt vermeiden", zitierte die "Neue Zürcher Zeitung" die US-Geldpolitikerin. Die Aussicht auf weitere Zinssteigerungen unterstützt wiederum den US-Dollar.
Auch wenn viele Investoren der Meinung sind, dass Powell & Co. zu aggressiv an der Zinsschraube drehen, relativieren sich die jüngsten Leitzinserhöhungen (drei Prozent Zinssteigerung in sechs Monaten) im historischen Vergleich jedoch. So erhöhte die Fed 1980/81 unter der Leitung des Ex-Präsidenten Paul Volcker die Leitzinsen innerhalb von sechs Monaten um satte acht Prozent.
US-Dollar profitiert von der Schwäche anderer Währungen
Die Anleger sowie auch die Geldpolitiker selbst kennen das Phänomen der Inflation meist nur vom Hörensagen oder aus Geschichtsbüchern, haben diese aber oft nicht am eigenen Leibe erfahren. Seit den frühen 1980er-Jahren hatten die Notenbanker in den USA und Europa stattdessen meist mit deflationären Tendenzen zu kämpfen. Die unterschätzte Gefahr der Inflation wird von einigen Experten als einer von mehreren Gründen für die Politik des ultrabilligen Geldes seit der Finanzkrise 2008 angeführt. Besonders in den südlichen Euro-Ländern und auch in Japan wurden im Zuge dessen derart hohe Schulden angehäuft, dass die Erhöhung der Leitzinsen (und somit auch der Kreditkosten) sich dort nochmal deutlich negativer als in den USA auswirken könnte. Den Notenbankern bei der EZB, der Bank of England oder auch der Bank of Japan steht die Zinsschraube als Mittel der Inflationsbekämpfung deshalb nur bedingt zur Verfügung. Dies schwächt den Euro sowie auch den Japanischen Yen enorm. Auch der Britische Pfund ist in den vergangenen Wochen erheblich abgewertet worden und markierte sogar ein neues Rekordtief zum US-Dollar. Die Inflation ist auf den britischen Inseln besonders ausgeprägt, zudem dürfte sich das britische Staatsdefizit durch geplante Steuersenkungen nochmals gravierend erhöhen.
Zu diesen Währungen hat der Dollar an Wert verloren
Interessanterweise befinden sich die Währungen, bei denen die entsprechenden Notenbanken bereits seit Monaten offensiv die Zinsen erhöhen, gegenüber dem US-Dollar keineswegs auf Talfahrt. Der Mexikanische Peso hat in diesem Jahr gegenüber dem US-Dollar leicht zugelegt und auch der Brasilianische Real ist sogar um zeitweise fast acht Prozent gestiegen. Die Ursache: Die brasilianische Notenbank hat bereits im März 2021 mit den Leitzinserhöhungen begonnen. Inzwischen liegt der Leitzins in Brasilien bei satten 13,75 Prozent, wie Christof Leisinger von der "NZZ" betont. Auch zum Schweizer Franken, der als besonders stabile Währung gilt, liegt der US-Dollar trotz einer Aufwärtsbewegung in den letzten Monaten weiterhin tiefer als noch 2019. Die Inflation ist in der Schweiz nämlich vergleichsweise gering, außerdem gilt die Schweizer Wirtschaft unter anderem aufgrund der guten Staatsfinanzen als besonders krisenfest.
Kurzum: Der US-Dollar bewegt sich nicht einem Vakuum, sondern dessen Stärke kann immer nur in einem Gegenwert bemessen werden - üblicherweise in Euro, Pfund oder Yen. Ausgerechnet in diesen Staaten scheute die Geld- und auch die Fiskalpolitik angesichts hoher makroökonomischen Risiken bislang deutliche Zinserhöhungen und die Verringerung der Staatsausgaben, was deren Währungen unattraktiver macht.
Redaktion finanzen.at
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