Das portugiesische Verfassungsgericht hatte am Freitag vier wichtige Punkte des Sparhaushalts als verfassungswidrig gekippt. Dadurch klafft im Haushalt eine Deckungslücke von etwa 1,3 Milliarden Euro. Dies entspricht rund einem Fünftel der in diesem Jahr vorgesehenen Haushaltskürzungen. Portugals Regierungschef Pedro Passos Coelho kündigte am Sonntag weitere Einsparungen im sozialen Bereich an. Steuererhöhungen lehnte er ab. Gekürzt werden soll jetzt vor allem im Sozialbereich, bei der Bildung, im Gesundheitswesen und bei Staatsbetrieben. Nach Einschätzung von Berenberg Bank-Volkwirt Christian Schulz stellen die neuen Vorschläge keine zusätzlichen Sparmaßnahmen dar, da sie lediglich die bisherigen ersetzen. "Positiv ist der Verzicht auf Steuererhöhungen, da diese das Wachstum stärker belastet hätten."
Portugal hatte im Jahr 2011 ein Hilfspaket in Höhe von 78 Milliarden Euro von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten. Im Gegensatz zu Griechenland wurden die geforderten Spar- und Reformanstrengungen nach Einschätzung der sogenannten Troika (EU, EZB und IWF) immer umgesetzt. Auch bei Investoren erlangte Portugal Vertrauen zurück. So ist die Rendite für zehnjährige Anleihen von rund 17 Prozent Anfang des vergangenen Jahres auf jetzt 6,3 Prozent gesunken.
Erschwert wird die geplante umfassende Rückkehr Portugals an die Finanzmärkte jedoch durch eine harte Rezession. So wird die Wirtschaft im laufenden Jahr laut der Prognose der Troika um 2,3 Prozent schrumpfen. Die Arbeitslosenquote liegt bei 17,5 Prozent. Nach Einschätzung von Schulz haben jedoch die durchgeführten Reformen, die Voraussetzungen für eine möglich Erholung geschaffen. So hätten entschlossene Arbeitsmarktreformen die Lohnstückkosten gedrückt. Das Leistungsbilanzdefizit sei fast beseitigt worden. Und trotz der Rezession sei das Haushaltsdefizit von 10,2 Prozent im Jahr 2009 auf 4,9 Prozent im Jahr 2012 gesunken./jsl/jkr