Am 9. September war es wieder soweit. Zum fünften Mal begingen Elektro­fahrzeuge-Enthu­siasten den World EV Day, der sich auf die Rolle von batterie­betrie­benen Elektro­fahr­zeugen (EVs) bei der Förderung von Nach­haltigkeit und der Reduzierung der Umwelt­ver­schmutzung durch null Abgas­emissionen konzentriert. Einiges hat sich seit dem ersten EV Day 2020 geändert, nicht zuletzt für Europas Autobauer.

Im Jahr 2023 wurden weltweit rund 14 Millionen Elektrofahrzeuge verkauft, was 18 Prozent aller verkauften Autos entspricht. Schätzungen zufolge könnten es in diesem Jahr 20 Prozent sein. Die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte ist zu einem zentralen Thema für mehr als 20 globale Automobilhersteller geworden, die im Jahr 2023 90 Prozent des weltweiten Autoabsatzes abdeckten und sich alle Elektrifizierungsziele gesetzt haben. Ein Land sticht hervor, wenn es darum geht, den EV-Markt im Inland und zunehmend auch im Rest der Welt zu dominieren – und es liegt weder auf dem alten Kontinent noch in der neuen Welt.

Im Juli 2024 waren 51 Prozent der in China verkauften Autos batteriebetriebene Elektro- oder Plug-in-Hybride. Ein Grund dafür ist der extreme Preiskrieg, vor allem weil chinesische Marken westliche Konkurrenten stärker im eigenen Land bedrängen. Als Folge waren mehr als 60 Prozent der im letzten Jahr in China verkauften Elektrofahrzeuge billiger als die durchschnittlichen Preise für Autos mit Verbrennungsmotor. Im Vergleich dazu sind die Anschaffungskosten für Elektrofahrzeuge in Europa und den USA nach wie vor 10 bis 50 Prozent höher als für Verbrenner. Auf China entfallen mittlerweile fast drei von fünf weltweit verkauften Elektrofahrzeugen.

Dank dieser Erfolge, aber sicher auch aufgrund von Überkapazitäten, die selbst das rasante Wachstum im eigenen Land überfordern, haben chinesische Marken ihren Blick nun auf internationale Märkte gerichtet. Chinas Autohersteller waren dabei zuletzt besonders in anderen Schwellenmärkten erfolgreich. In Brasilien haben sich die Verkäufe von Elektrofahrzeugen im Jahr 2023 fast verdreifacht, und die in China ansässigen Autohersteller machen nun 76 Prozent aller Elektrofahrzeugverkäufe im Land aus. Zugegeben machen die gesamten Elektrofahrzeugverkäufe immer noch weniger als 5 Prozent aller Pkw-Verkäufe in Brasilien aus. Aber Brasilien ist kein Einzelfall, wie unser „Chart der Woche“ zeigt. So ist der Anteil chinesischer Autohersteller an den Elektrofahrzeugverkäufen in Thailand von 46 Prozent im Jahr 2022 auf 77 Prozent im Jahr 2023 gestiegen. Während ihre Durchdringung der europäischen Märkte deutlich geringer ist, hat sie sich von etwas mehr als 2 Prozent der europäischen Elektrofahrzeugverkäufe im Jahr 2020 auf 11 Prozent im vergangenen Jahr mehr als verfünffacht. 

Als Reaktion auf die zunehmende Bedrohung ihrer eigenen inländischen Hersteller wird in den USA, der EU und Kanada zunehmend der Ruf nach höheren Zöllen auf chinesische Elektrofahrzeugimporte laut. In Europa folgte diese Maßnahme einer Untersuchung, die unfaire Subventionen zugunsten chinesischer Elektrofahrzeughersteller aufzeigte. Wichtiger wäre wohl, dass sich die Politik mit dem zügigen, flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur beschäftigt. Chinas Dominanz auf dem Elektrofahrzeugmarkt dürfte so oder so kurzfristig anhalten, da sich chinesische Investitionen von der Batterieproduktion zur Herstellung von Elektrofahrzeugen in Europa verlagern. Ungarn ist eines der ersten EU-Mitgliedsländer, das bedeutende chinesische Direktinvestitionen im Bereich Elektrofahrzeuge erhält.

Europäische Autohersteller stehen vor einer weiteren Bedrohung: Die Loyalität der Verbraucher gegenüber europäischen Premiummarken scheint fragil zu sein, wenn sie von Autos mit Verbrennungsmotor auf Elektrofahrzeuge umsteigen. Einer Umfrage zufolge sind zwei Drittel der europäischen Kunden daran interessiert, eine völlig neue Marke zu kaufen, wenn sie auf ein Elektrofahrzeug umsteigen, wobei asiatische Neuanbieter am beliebtesten zu sein scheinen.

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Grafik: Mit seinen Elektroautos ist China in vielen Ländern der Welt auf der Überholspur © DWS