Nach einem Schrecken ohne Ende sieht es in Europa zwar mittlerweile nicht mehr aus - vielmehr signalisieren die Finanzmärkte Entspannung. Durch den Endspurt hat der Dax in diesem Jahr um fast 30 Prozent zugelegt. Die Renditeaufschläge für Staatsanleihen der europäischen Wackelkandidaten haben sich deutlich zurückgebildet.
Dennoch bleiben die als sichere Bank geltenden deutschen Staatsanleihen extrem beliebt. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future, der zum Höhepunkt der Krise im Sommer ein Rekordniveau von 146,89 Prozent erreicht hatte, notiert zum Jahresende immer noch bei 145,69 Prozent.
Neue Hiobsbotschaften aus Spanien und Italien?
Für Arthur Brunner von ICF Kursmakler hängen die Lösung der Eurokrise und die damit verbundene Entwicklung der Zinsen ganz von der Konjunktur ab. "Wenn die Reformmaßnahmen in den Peripherieländern greifen, dann werden die Renditen noch weiter zusammenlaufen." Ausgemacht ist das Brunner zufolge aber noch nicht: "Spanien wird die Vorgabe eines Haushaltsdefizits von 6,3 Prozent in diesem Jahr wohl nicht einhalten können." Überhaupt sei die Lage dort angesichts der hohen Arbeitslosigkeit extrem schwierig.
"Sollte Berlusconi in Italien wieder an die Macht kommen, wären die Zinsen für italienische Staatsanleihen schnell wieder oben", erklärt der Händler. Mit der Kandidatur Mario Montis böten sich hingegen Chancen für Italien, eine führende Rolle zu übernehmen. "Er hat sich in seiner Amtszeit Vertrauen und Respekt verschafft." Was Deutschland angeht, sei die Prognose hingegen leichter: Brunner ist davon überzeugt, dass die Zinsen hierzulande niedrig bleiben: "Die Geldpolitik bleibt expansiv und nach Inflation sieht es nicht aus."
Musterschüler Irland und Portugal
"Das Versprechen der EZB vom Juli, alles Nötige zu tun, hat die Anleger beruhigt", erklärt Rainer Guntermann von der Commerzbank. Diese Entspannung werde sich auch noch fortsetzen. In der "neuen Welt der Finanzrepression und Fiskaldominanz" könnten Anleger zwischen deutlich negativen Realrenditen in den Kernländern und schwächeren Bonitäten wählen. "Die Krise ist noch nicht vorbei. Bundrenditen dürften nur moderat steigen."
2012 sei deutlich geworden, dass der Euroraum nicht mehr über einen Kamm geschoren werde. "Länderthemen gewinnen an Bedeutung." Guntermanns Ansicht nach spricht viel für höhere Risikoaufschläge im ersten Quartal und niedrigere Ende 2013. "Mit Blick auf die einzelnen Länder bleiben wir positiv für Portugal." Hier bahne sich nach Irland eine zweite Erfolgsgeschichte an. Spanien werde wohl zunächst hinter Italien zurückbleiben, das Blatt werde sich mit Hilfsmaßnahmen von EZB und ESM aber wenden.
Eurozone bleibt Eurozone
Die Landesbank Berlin verweist auf Wettquoten des irischen Wettanbieters Intrade: "Danach ist die Austrittswahrscheinlichkeit eines EWU-Mitglieds bis Ende 2013 auf rund 20 bis 25 Prozent gefallen, Mitte Oktober lag sie noch bei 60 Prozent." Allerdings sei es angesichts der weiterhin bestehenden Risiken schwierig, an eine schnelle Normalisierung zu glauben. "In Spanien bleibt das Risiko einer Ratingabstufung, während in Italien durch die vorgezogenen Neuwahlen das Schlagzeilenrisiko zumindest bis zum Frühjahr nicht zu unterschätzen ist." Die Renditen für Bundesanleihen würden daher wahrscheinlich weiter niedrig bleiben.
Die EZB könnte die Leitzinsen sogar nochmals senken. "Die Entwicklungen bei den Euroland-Inflationszahlen - ein Rückgang der Inflationsrate deutlich unter 2 Prozent im ersten Halbjahr 2013 ist möglich - ist aus unserer Sicht eines der stärksten Argumente für eine Zinssenkung im ersten oder zweiten Quartal 2013."
Rücksetzer möglich
Laut Helaba werden die Notenbanken, bei geringem Inflationsdruck, ihre Geldpolitik fortzusetzen. "Die EZB wird den Leitzins bei 0,75 Prozent festzurren und sich auf das Aufkaufprogramm von Staatsanleihen konzentrieren." Die Risikoaufschläge bei Staatsanleihen in den europäischen Krisenländern werden den Analysten zufolge sinken, allerdings könne es Rückschläge geben.
Gleichzeitig sei mit einer rückläufigen Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen zu rechnen. Der Konjunkturpessimismus nehme ebenso ab wie der Rückenwind vom US-Rentenmarkt. "Die Verzinsung zehnjähriger Staatsanleihen wird 2013 in Deutschland zwischen 1,3 und 2,3 Prozent schwanken, in den USA zwischen 1,5 und 2,5 Prozent.
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© 28. Dezember 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)