Seit fast drei Wochen sind die Aktienmärkte unter Druck, zuletzt kletterten auch die Renditen für Staatsanleihen der Peripherieländer wieder nach oben. "Die Zinserhöhungsdiskussion hält an. Die Frage ist: Wie kommt man aus der Phase des extrem billigen Geldes heraus, ohne dass der Markt kollabiert?", bemerkt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft. Laut Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierhandelsbank war die Woche daher - und wegen der Anhörungen vor dem Bundesverfassungsgericht in Sachen Eurorettung - von Volatilität und Unsicherheit geprägt.
"Am 19. Juni hat die US-Notenbank bei ihrer Sitzung die Möglichkeit, den Finanzmärkten wieder etwas Orientierung zu geben", erklären Cyrus de la Rubia und Stefan Gäde von der HSH Nordbank. Sie werde damit allerdings wohl scheitern. Denn zum einen sei eine unveränderte Fortsetzung der Anleiheankäufe angesichts der stabileren konjunkturellen Lage nicht mehr glaubwürdig und von einigen Fed-Mitgliedern nicht mehr gewünscht. Zum anderen zweifelten immer mehr Anleger an der Allmacht der Zentralbank. "Der Renditeanstieg in Japan, der trotz des XXL-Ankaufprogramms stattgefunden hat, ist ein warnendes Zeichen."
Banger Blick gen Karlsruhe
Zur Unruhe führte daneben der Beginn des Verfassungsgerichtsverfahrens über die Eurorettungsstrategie der EZB. "Furcht kam auf, dass das EZB-Programm doch nicht so schnell durchgewinkt wird", erklärt Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Anleihen der Peripheriestaaten seien daher abgestoßen worden. "Die Rendite für zehnjährige griechische Staatsanleihen, die vergangenen Freitag noch bei 9,5 Prozent lag, kletterte zwischenzeitlich über 10 Prozent." Italien musste bei einer Neuemission Brunner zufolge tiefer in die Tasche greifen. "Für dreijährige Anleihen wurden 2,38 Prozent gezahlt, im März waren es nur 1,92 Prozent." Allerdings sei das geplante Volumen problemlos platziert worden.
Der Euro-Bund-Future tritt, nach dem deutlichen Rückgang seit Mai, derzeit auf der Stelle. Am heutigen Freitag notiert das Rentenbarometer bei 143,64 Punkten, vor einer Woche waren es 143,45 Punkte. Zehnjährige Bundesanleihen werfen eine Rendite von 1,53 Prozent ab - nach 1,54 am vergangenen Freitag.
Viele Fremdwährungen stürzen ab
Anleger, die während der Hochzeit der Krise Fremdwährungsanleihen gekauft haben, machen derzeit lange Gesichter. Zahlreiche Währungen, etwa der südafrikanische Rand, die türkische Lira, der brasilianische Real und der australische Dollar, haben in den vergangenen Wochen nämlich massiv an Wert verloren. Zu einer Verkaufswelle bei Fremdwährungsanleihen führte das in dieser Woche aber nicht: "Investoren sehen das als Chance und steigen ein", berichtet Daniel. Zugegriffen werde etwa in auf türkische Lira lautende Papiere der Rabobank (WKN A1HFU3) und der KfW (WKN A1RE8Q). Beide hatten allerdings zuvor deutlich an Wert verloren: Die KfW-Anleihe war etwa von über 100 Prozent Anfang Mai auf unter 95 Prozent Anfang dieser Woche gefallen.
Ebenfalls abgegeben hat die norwegische Krone gegenüber dem Euro, allerdings nicht ganz so heftig. Doch auch hier wird zugekauft, wie Klaus Stopp von der Baader Bank berichtet. "Wenn der Emittent dann noch ein alter Bekannter wie BMW (WKN A1GPV2) oder VW (WKN A1G8MN) ist, rutschen diese Titel auf die Kauflisten."
Hochverzinsliches unter Druck
Daneben kamen Stopp zufolge auch in Euro notierte Titel von ThyssenKrupp (WKN A1R08U) sowie Metro (WKN A1HDSJ) gut an. Daniel meldet eine rege Nachfrage nach der bis 2014 laufenden Air Berlin-Anleihe (WKN AB100C). "Dabei waren hochverzinsliche Bonds diese Woche eher unter Druck." Der Kursrutsch von Mitte Mai sei bei Air Berlin damit fast wieder wettgemacht. Die Anleihe notiert mit aktuell 104,25 Prozent weit über pari. Laut Hellwig setzten sich die zwischenzeitlichen Erholungstendenzen bei einer Commerzbank-Nachranganleihe (WKN CB83CE) nicht fort.
Dass zahlreiche hochverzinsliche Papiere, darunter auch viele Mittelstandsanleihen, Anfang der Woche unter die Räder kamen, war zum einen der allgemein gestiegenen Risikoscheu, zum anderen aber auch kritischen Presseberichten geschuldet, wie Rainer Petz von Close Brothers Seydler berichtet. "Die Valensina-Anleihe (WKN A1H3YK), die vergangenen Freitag noch bei 101 Prozent notierte, rutschte auf 88, hat sich jetzt aber schon wieder erholt und wird zu 95 Prozent gehandelt."
Ähnlich sei es Semper Indem Underberg (WKN A1H3YJ) ergangen. "Aufgrund negativer Berichte wird verkauft, und der Kurs reagiert extrem." Einen eher schwierigen Start hatte Petz zufolge auch die neue Anleihe der Reederei Rickmers (WKN A1TNA3). "Nach einer volatilen Phase in einem schwierigen Umfeld notiert das Papier jetzt aber über Reoffer."
Pro und Contra Mittelstandsanleihen
Mit Blick auf Mittelstandsanleihen macht Klaus Stopp übrigens noch einmal darauf aufmerksam, dass hohe Zinsen immer auch ein höheres Risiko bedeuten. Gleichzeitig will er Mittelstandsbonds allerdings auch nicht verteufeln. Im Gegenteil, der Markt habe vielen Unternehmen eine neue, wertvolle Finanzierungsmöglichkeit erschlossen. "Aus Anlegersicht aber gilt es, genau auf die Solidität der Geschäftsmodelle zu achten und sich über die Risiken, die man eingeht, klar zu werden."
Auch in der kommenden Woche gibt es einen neuen Kandidaten im Segment Mittelstand: Die Karlie Group, einer der führenden europäischen Anbieter von Heimtierbedarf, begibt eine Anleihe (WKN A1TNG9) mit einem Volumen von bis zu 30 Millionen Euro. Der Zinssatz liegt bei 6,75 Prozent bei einer Laufzeit von fünf Jahren. Die Zeichnungsfrist geht vom 18. Juni, also dem kommenden Dienstag, bis voraussichtlich 21. Juni 2013. Vorzeitig beendet wurde heute die Zeichnung für gamigo (WKN A1TM8Z), schon ab Montag ist die Anleihe im Handel. Noch voraussichtlich bis zum 25. Juni läuft hingegen die Zeichnung der Anleihe des Rohstoffunternehmens Metalcorp Group (WKN A1HLTD). Das Papier, fällig 2018, bietet einen Festzins von 8,75 Prozent.
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© 14. Juni 2013 Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)