Schwieriger Markt |
26.12.2022 20:36:00
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Wirtschaftsdelegierter: Österreichische Firmen erfreuen sich in Japan großer Beliebtheit
Der japanische Markt sei aus mehreren Gründen anspruchsvoll und schwierig. "Man muss sich vorstellen, bis vor 160 Jahren, in der gesamten Edo-Zeit, das waren 260 Jahre, war Japan total vom Ausland abgeschottet", sagte Lochschmidt. Damals sei es unter Todesstrafe verboten gewesen, das Land zu verlassen oder einzureisen.
Während der Edo-Ära, im 17. Jahrhundert, begann Japan, den Handel mit Europa einzuschränken. In den 1630er-Jahren wurde den im Land agierenden Portugiesen und Spaniern die Einreise verboten, auch Japanerinnen und Japaner durften weder aus- noch einreisen. Die niederländische Ostindien-Kompanie blieb als einziger europäischer Handelspartner, der Austausch war aber auch hier sehr beschränkt. Mit Ausnahme von China gab es kaum Kontakt zu anderen Staaten.
Erst in der Meiji-Zeit, beginnend mit 1868, kam es zur Öffnung des Landes, erzwungen durch die USA. Meiji bedeutet übersetzt "aufgeklärte Herrschaft". Japan wurde zur konstitutionellen Monarchie, es erhielt eine Verfassung und ein Parlament. "Japan wurde zu einem modernen Staat, also einem Staat, der sich ausländischem Einfluss gegenüber geöffnet hat", sagte Lochschmidt. Seit 1947 ist der Souverän das Volk, das höchste Staatsorgan ist das Parlament. Heute ist Japan das einzige Land weltweit, dessen Staatsoberhaupt ein Kaiser ist. Der Kaiser beschränkt sich aber auf zeremonielle Aufgaben, er hat keine eigenständige Autorität in Staatsangelegenheiten.
"Das Land war bis vor 160 Jahren eine Welt für sich" und vieles davon sei bis heute geblieben, so der Wirtschaftsdelegierte. Er verwies dabei auf Besonderheiten in der japanischen Kultur, wie etwa, dass in Japan aufgrund der weiten Verbreitung des Buddhismus über 1.000 Jahre hinweg kein Fleisch gegessen worden sei.
Daraus ergebe sich auch eine der Schwierigkeiten auf dem japanischen Markt, nämlich die sehr eigene Kultur. "Japan ist von den Ländern, die ich kenne, die 'inselste' aller Inseln, the most island of all islands", sagte Lochschmidt.
Eine Besonderheit der japanischen Geschäftskultur ist etwa der Austausch von Visitenkarten, der einen wesentlich höheren Stellenwert hat als im Westen und einem streng geregelten Ritual folgt. Die Übergabe beginnt der Ranghöhere bzw. der Ältere. Die Visitenkarte wird immer beidhändig überreicht, mit einer Verbeugung und so, dass der Empfänger die Karte direkt lesen kann. Angenommen wird die Karte ebenfalls beidhändig, danach wird sie eingehend studiert und sollte anschließend nicht einfach in die Tasche gesteckt, sondern in einem angemessenen Etui verstaut werden.
Eine weitere Schwierigkeit sei die Sprache. "Man glaubt es gar nicht, aber Japan ist kein Land, wo man mit Englisch so ohne weiteres durchkommt", so der Wirtschaftskammer-Experte. Japan sei eines der Länder, wo generell am wenigsten Fremdsprachen gesprochen werden. Dabei gehe es nicht nur um Englisch, die Japaner würden auch kaum Chinesisch, Koreanisch oder andere Fremdsprachen sprechen. Ein Grund dafür sei, das Englisch in japanischen Schulen so unterrichtet werde, wie hierzulande Latein.
Hier spiele eine weitere kulturelle Besonderheit eine große Rolle, nämlich der japanische Perfektionismus. "Was du machst, das mach perfekt", beschrieb Lochschmidt diesen. Das führe etwa auch dazu, dass sich viele Japaner nicht trauen, Englisch zu sprechen, obwohl sie vieles verstehen, weil sie die Sprache nicht perfekt beherrschen. Japanische Firmen seien aufgrund dieses Perfektionismus auch oft absolute Spezialisten auf ihrem Gebiet, den Perfektionismus sehe man "in jedem Detail". Demnach gebe es zum Beispiel auch Restaurants, die nur ein Gericht anbieten, dieses aber perfektioniert haben.
So lasse sich auch erklären, weshalb österreichische Unternehmen so erfolgreich in Japan seien. "Unsere Firmen tun sich normalerweise relativ leicht in Japan, zumindest leichter als manche andere", so Lochschmidt. Ein Grund dafür sei, dass österreichische Unternehmen Produkte von gleichbleibend hoher Qualität liefern. Das sei den Japanern sehr wichtig. Weiters seien viele österreichische Unternehmen Familienbetriebe oder Firmen mit langer Tradition. "Das ist etwas, was in den USA zum Beispiel vollkommen egal ist", so Lochschmidt.
In Japan lege man hingegen großen Wert darauf. "Da ist jemand dahinter, ein Unternehmer mit Gesicht", das wecke großes Vertrauen bei den Japanern. Wichtig sei es etwa, dass Unternehmen immer wieder die gleichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Japan schicken, auch der Firmenchef "sollte sich immer wieder anschauen lassen". Das würden österreichische Firmen oft eher tun als große internationale Konzerne aus anderen Ländern. Weiters seien auch österreichische Firmen oft absolute Spezialisten auf ihrem Gebiet.
Sich auf dem japanischen Markt zu etablieren, sei für neue Firmen oft schwierig, weil sich bestehende Firmen nicht so leicht verdrängen lassen. Das gelte für ausländische Unternehmen, aber auch für japanische Firmen. Für österreichische Betriebe sei das in den meisten Fällen allerdings kein großes Problem, "weil die Firmen Spezialisten sind", und die Chance nützen würden, sich in Nischen zu positionieren. Große Wasserkraftprojekte seien ein Beispiel: Hier werde der japanische Markt von japanischen Firmen dominiert. Kleinere Projekte seien für diese Firmen hingegen nicht interessant, dort seien dann österreichischen Unternehmen erfolgreich in Japan.
Japan ist weltweit die drittgrößte Volkswirtschaft und der drittwichtigste Überseemarkt für Österreich, nach den USA und China. Rund 1.700 österreichische Firmen exportieren direkt nach Japan, davon sind über 80 Prozent kleine und mittlere Unternehmen (KMU). "Für ein Land, das 12, inzwischen muss ich sagen 15 Flugstunden entfernt ist (Anm.: seit Ausbruch des Kriegs wird der Luftraum über Russland und der Ukraine umflogen), ist das eine ganze Menge ", sagte Lochschmidt.
APA
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