23.11.2018 14:27:00

Wirtschaftsdelegierter: Kein gutes Jahr für die iranische Wirtschaft

2018 ist kein gutes Jahr für die iranische Wirtschaft, sagt der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Teheran, Christoph Grabmayr. "Der Wirtschaft geht es schon das ganze Jahr schlecht, die haben nicht auf das Inkrafttreten der US-Sanktionen am 5. November gewartet", sagte Grabmayr am Freitag vor Journalisten in Wien.

Die iranische Währung habe seit Jahresbeginn zwei Drittel ihres Wertes verloren. "Im Jänner hat man 50.000 Rial für einen Euro bekommen, mittlerweile muss man 150.000 dafür zahlen." Das habe zu großen wirtschaftlichen Problemen geführt, vor allem für Unternehmen, die Maschinen oder andere Produkte importiert haben und diese jetzt in lokaler Währung amortisieren müssen. "Das macht natürlich aus den meisten Businessplänen Makulatur."

Viele Importprodukte seien aus dem Markt "einfach hinausgepreist" worden, aber auch die lokale Produktion sei vielfach nicht mehr profitabel, wenn dafür Rohstoffe importiert und mit Devisen bezahlt werden müssten. Das habe zu einer Verknappung bei bestimmten Waren, zu Konkursen und zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt. Die iranische Politik habe eine Liste von 1.400 Produkten erlassen, deren Einfuhr verboten sei, vor allem Lebensmittel und Textilien. Diese Maßnahme zum Schutz der lokalen Produktion sei aber eine Horuck-Aktion gewesen und jetzt gebe es "Verfeinerungsbedarf", erklärte Grabmayr, denn vom Importverbot seien auch Vormaterialien für die heimische Produktion betroffen.

Die iranische Währung werde im kommenden Jahr "im besten Fall" ihren Wert gegenüber dem Euro halten. In den letzten vier bis sechs Wochen habe die iranische Zentralbank große Devisenreserven in den Sekundärmarkt hineingepumpt, um den Verfall der Währung zu stoppen. "Der Rial pendelt so zwischen 145.000 und 165.000 zum Euro herum."

Österreichische Unternehmen hätten vor allem die zögerlichen Devisenzuteilung durch die iranische Zentralbank als Problem genannt, noch vor den US-Sanktionen. "Im Augenblick wirken sich die Sanktionen vor allem auf den Zahlungsverkehr aus", sagte Grabmayr. Man wisse seit dem 5. September, dass der Zahlungsverkehr eigentlich nicht so streng sanktioniert werde wie befürchtet, zwölf iranische Privatbanken seien von den Sekundärsanktionen ausgenommen. Nicht-Amerikaner könnten also Zahlungen durchführen, wenn das zugrunde liegende Geschäft den amerikanischen Sanktionsbedingungen entspreche. Die meisten europäischen Banken hätten in vorauseilendem Gehorsam ihre Bankgeschäfte im Iran eingestellt "und kommen jetzt darauf, dass das gar nicht notwendig ist".

"Die Sanktionen haben keine österreichische oder europäische Rechtsgrundlage", sagte der Wirtschaftsdelegierte. "Aus unserer Sicht sind sie also im Grunde wie ein Hochwasser. Das hat auch keine Rechtsgrundlage, aber trotzdem kann man es nicht ignorieren."

Versuche der EU, die US-Sanktionen etwas abzufedern, seien ein "großes Experiment", sagte Grabmayr. Dass man jetzt seitens der EU etwas gegen den erklärten Willen der USA unternehmen wolle, "ist für viele europäische Politiker ein absolutes Novum".

Ob sich der Volkszorn wegen der Sanktionen gegen die iranische Führung richten werde, sei fraglich. Es gebe zwar schon das ganze Jahr über Proteste, etwa von den Lkw-Fahrern wegen der hohen Gebühren für ihre Transportlizenzen oder von den Krankenschwestern wegen nicht ausbezahlter Gehälter, doch seien dies lokale und nicht organisierte Proteste. Es könnte durchaus sein, dass die Menschen auf die Sanktionen mit einer "Wagenburg-Mentalität" gegen den äußeren Feind reagieren.

Mit vermehrten Öl-Verkäufen an China und Indien werde der Iran seine Exportausfälle nicht ausgleichen können, meint Grabmayr. Einerseits sei die Nachfrage dieser Länder nicht groß genug, andererseits hätte Teheran früher schon schlechte Erfahrungen mit Indien und China gemacht, die Preisabschläge erzwungen hätten.

(Schluss) ivn/stf

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