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22.08.2016 23:02:42

Westfalen-Blatt: zum IS-Terror

Bielefeld (ots) - Die Türkei ist angreifbar wie noch nie - wegen des Kriegs in Syrien und wegen der spaltenden Politik des Präsidenten Erdogan. Seit einem Jahr wird das Land von islamistischen Anschlägen terrorisiert. Die Ziele der Attentäter sind der Tourismus, staatliche Einrichtungen und immer wieder Kurden, wie am vergangenen Samstag in Gaziantep. Das besonders hinterhältige Verbrechen, bei dem ein Jugendlicher als Sprengstoffträger benutzt worden sein soll, trägt die Handschrift des »Islamischen Staates« (IS). Türkische Sicherheitskreise sprechen von einem Vergeltungsakt für die Vertreibung der IS-Miliz aus der nordsyrischen Stadt Manbidsch durch kurdische Kämpfer. Die Anschläge fordern Dutzende Opfer und senden ein fatales Signal in die Bevölkerung: Der Staat ist derzeit nicht in der Lage, seine Bürger zu schützen. Eine Ursache liegt darin, dass Erdogan den Staatsapparat »säubern« lässt und damit personell schwächt. Seit dem gescheiterten Putschversuch sind Zehntausende Beamte suspendiert worden, die in den öffentlichen Einrichtungen fehlen - auch in den Sicherheitsbehörden. Ob der Ankündigung der türkischen Regierung, nun massiv gegen den IS vorgehen zu wollen, endlich auch Taten folgen werden? Zweifel bleiben, weil Erdogan die gleichen Feinde hat wie die Islamisten: den syrischen Machthaber Assad und die Kurden. Mit dieser simplen Rechnung hat der türkische Präsident bislang Außenpolitik gemacht. Die Nato-Staaten, allen voran die USA, müssen Erdogan begreiflich machen, dass die Türkei als Transit- und Rückzugsort für IS-Kämpfer, ägyptische Muslimbrüder und die palästinensische Hamas selbst zum Schlachtfeld zu werden droht. Von der innenpolitischen Entwicklung in der Türkei ist das Flüchtlingsabkommen mit der EU noch nicht betroffen. Brüssel und Berlin gelingt es einigermaßen, den Deal mit Ankara davon frei zu halten. Doch das dürfte sich spätestens dann ändern, wenn Erdogan die EU nachdrücklich an die Visafreiheit für Personen mit türkischem Pass erinnert. Denn diese ist der für ihn wichtigste Teil des Flüchtlingsdeals. Nur: Erdogan kann für seine Bürger nicht die Visafreiheit verlangen und gleichzeitig türkische Wissenschaftler mit Ausreiseverboten überziehen. Das wäre absurd, könnte aber die Vereinbarung mit der EU am Ende scheitern lassen - falls Brüssel ausnahmsweise einmal konsequent wäre. Die Türkei beherbergt knapp drei Millionen Flüchtlinge - so viele wie kein anderes Land weltweit. Dafür bekommt die Türkei Unterstützung. Wenn diese nicht ausreicht, muss Europa mehr Geld geben, aber darf auf keinen Fall die Visafreiheit durchwinken.

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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261

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