10.08.2015 23:02:42
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur CDU/CSU-Fraktion
Bielefeld (ots) - Volker Kauder hatte bislang wenig gemeinsam mit
Herbert Wehner. Der frühere SPD-Fraktionschef (1969 - 1983) galt als
Zuchtmeister alten Stils. Er war in der Wahl seiner Mittel wie seiner
Worte nie zimperlich. Jetzt zieht auch der Vorsitzende der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Zügel an. 60 Nein-Stimmen bei der
Probeabstimmung über das dritte Hilfspaket für Griechenland haben ihm
zugesetzt. Aus dem üblichen Kesseltreiben gegen Abweichler hinter den
Kulissen ist eine öffentliche Kampfansage geworden. In der »Welt am
Sonntag« teilte Kauder mit, die Neinsager könnten nicht in
Ausschüssen bleiben, in denen es darauf ankommt, die Mehrheit zu
behalten, etwa im Haushaltsausschuss. So die glasklare Drohung, die
allerdings zwei Fehler enthält. Ausschussmitglieder können nicht
abberufen werden und die Regierungsmehrheit ist in einer Großen
Koalition sowieso sicher. Abweichler bekamen allerdings auch zu
Wehners Zeiten zu spüren, dass sie bei der Neubesetzung von Ämtern
den kürzeren ziehen. Das ist dann aber auch schon die Höchststrafe,
mit der Kauder jetzt seine Leute auf Kurs bringen kann. Und das ist
auch gut so. Denn der Bundestagsabgeordnete ist laut Grundgesetz
allein seinem Gewissen verpflichtet. Im politischen Alltag gibt es
jedoch eine Reihe nachgeordneter Umstände, die der vom Volk und nicht
von von einer Fraktion gewählte Abgeordnete beachten sollte. Das wäre
zuvorderst der Wähler. Unter ferner liefen sollte die Fraktion mit
ihrer Satzung rangieren. Letztere sieht vor, dass die Mitglieder nach
interner Meinungsbildung am Ende der Mehrheitsmeinung folgen. Darauf
beruft sich Kauder. Allerdings kommt das Wort »Fraktion« im
Grundgesetz nur beiläufig vor und Parteien sind laut Verfassung
lediglich Mitwirkende bei der Willensbildung. Sie haben mitnichten
Weisungsbefugnisse. Die Entrüstung innerhalb der Fraktion ist groß.
Auch Abgeordnete, die dem dritten und gewiss nicht letzten Hilfspaket
für Griechenland zugestimmt haben, fühlen sich als Stimmvieh
brüskiert. Da hilft es auch nicht, dass Kauder gestern verbreiten
ließ, das sei alles nicht so gemeint gewesen. Es ginge um Appelle an
den Korpsgeist der Fraktion. Alles weiße Salbe. Die Abgeordneten sind
zu oft vergattert worden, einer Linie zu folgen, die spätestens am
Freitagabend im heimischen Wahlkreis nur noch schwer zu halten war.
Kauder muss aufpassen. 236 seiner 311 Mitglieder zählenden Fraktion
sind direkt gewählte Volksvertreter. Das macht sie besonders
unabhängig und im Konfliktfall streitbar. 60 Nein-Stimmen zuzüglich
fünf Enthaltungen und einige Fälle von Diplomatengrippe machen schon
mehr als 20 Prozent der Fraktion aus. Das sind nicht ein paar ewige
Abweichler, das ist die letzte Warnung, den alten Onkel Wehner ruhen
zu lassen.
OTS: Westfalen-Blatt newsroom: http://www.presseportal.de/nr/66306 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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