30.09.2016 23:02:41

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum gesteuerten Auto fahren

Bielefeld (ots) - Wer im Straßenverkehr in andere Autos schaut, wundert sich schon gar nicht mehr, dass Autofahrer nicht nur wartend vor der Ampel, sondern auch während der Fahrt mit ihren Smartphones beschäftigt sind. Vielleicht hat dieses Bild vom tippenden Autofahrer die Internetkonzerne Apple und Google auf die Idee gebracht, aus Pkw ferngesteuerte Smartphones mit Blechhülle und Sitzgelegenheit zu machen. Denn wer immer online sein will, der kann sich nicht auf den Verkehr konzentrieren. Schon längst scheint nicht mehr die Frage zu sein, ob das automatisierte Autofahren kommt. Es geht nur noch um den Zeitpunkt der Marktreife. Das machen die inhaltlichen Schwerpunkte der eingesetzten Ethik-Kommission ganz deutlich. Die Betrachtungen sind in erster Linie juristischer Art. Was bedeutet: Letztendlich dreht sich fast alles um die Haftung. Wer trägt die Schuld und bezahlt den Schaden, wenn in einem von Software gelenkten Auto der falsch programmierte Algorithmus einen Unfall verursacht? Politik und Wirtschaft sind sich offenbar einig, dass die Autohersteller und ihre Zulieferer aus der Haftungspflicht genommen werden sollen. Der Fahrer müsse stets »wahrnehmungsbereit« sein, heißt es. Was soll das bedeuten? Wer auf seinem Smartphone eine Nachricht schreibt oder einen Text liest, ist mit Sicherheit nicht »wahrnehmungsbereit«. Wenn Paragraph 1 der Straßenverkehrsordnung (»Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht«) in dieser Form auch nach der Einführung selbstfahrender Autos weiter gelten soll, dann drängt sich die Frage auf: Wozu soll das alles überhaupt gut sein? In Deutschland ist die Skepsis groß. Nach dem tödlichen Unfall mit einem computergesteuerten Tesla-Pkw sprachen sich in einer Umfrage 83 Prozent gegen automatisiertes Fahren aus. Dabei dürfte kaum jemand etwas gegen Assistenzsysteme wie Stau- und Einparkautomatik haben. Die Wurzeln für das fehlende Vertrauen liegen viel tiefer. Fremdgesteuertes Fahren beschränkt die Freiheit und die Selbstbestimmung des Individuums. Apple, Google und die von ihnen getriebenen Autohersteller wollen den Leuten einreden, dass es nichts Schöneres gebe, als sich ins Auto zu setzen und die Hände vom Lenkrad zu lassen. Welch ein Irrglaube. Dahinter steckt ein gefährlicher Trend. Ähnlich wie bei der politisch forcierten Abschaffung des Bargelds geht es bei der Beschränkung des selbstbestimmten Individualverkehrs darum, Kontrolle auszuüben. Keine Scheine mehr im Portemonnaie und keinen Autoschlüssel in der Jackentasche - wenn das die Zukunft sein soll, ist es aus mit der Freiheit.

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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261

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