02.11.2014 21:42:58
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Joachim Gauck
Bielefeld (ots) - »Menschen, die die DDR erlebt haben und in
meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um
dies zu akzeptieren.« Nicht mehr und nicht weniger hat Joachim Gauck
in Bezug auf einen möglichen Ministerpräsidenten der Linkspartei in
Thüringen gesagt. Ja, der Bundespräsident darf das. Daran kann es
keinen Zweifel geben. Ein guter Bundespräsident muss das sogar sagen.
Joachim Gauck ist jemand, der sich einmischt, Debatten aufgreift und
anstößt. Das ist gut so. Er versteht sich als politisches
Staatsoberhaupt. Der Bundespräsident ist deshalb so anerkannt und
beliebt, weil er Themen wie Integration, Zuwanderung, Hooligan-Demos,
Flüchtlinge und die Rolle Deutschlands in der Welt in die
gesellschaftliche und politische Diskussion holt. Deutschland
braucht keinen »grüßenden August«, sondern einen Mahner und Warner,
einen, der gesellschaftliche Defizite anspricht. Einen ersten Mann im
Staat, der in der politischen Debatte Wegweisendes beizutragen hat
und eine moralische Instanz ist, die den Zeigefinger hebt, damit wir
zum Nachdenken kommen. Genau das ist es, wonach die Menschen sich
sehnen: Orientierung zu erhalten, weil vieles in Deutschland und in
der Welt aus dem Lot geraten ist. Nehmen wir einmal an, Gauck würde
sich kritisch zur Rente mit 63 äußern. Wäre er dann gleichzeitig ein
Bundespräsident, der die Demokratie und die Große Koalition
grundsätzlich in Frage stellt? Sicher nicht. Vielleicht hat Joachim
Gauck mit seinen Worten einfach nur einen Einblick in sein Gefühls-
leben gegeben. Vielleicht hat er die Debatte auch bewusst angestoßen,
damit wir den Mauerfall vor 25 Jahren nicht vergessen. Grundsätzlich
gilt: Wer einen Ministerpräsidenten stellen möchte, muss bereit sein,
Verantwortung zu übernehmen. Und wer mit einer Linkspartei, die trotz
der politischen Ansichten zwar ihre grundsätzliche Berechtigung, aber
auch ihre Vorgeschichte hat, gemeinsam Regierungspolitik machen
möchte, sollte sich bewusst sein, was er tut - oder besser lassen
sollte. Die Linke ist bisher nicht als eine Partei wahrgenommen
worden, der es mit der Aufarbeitung wirklich ernst ist. Die Tatsache,
dass sie Schwierigkeiten hat, die ehemalige DDR als einen
Unrechtsstaat zu sehen und das auch zu sagen, kommt erschwerend
hinzu. Auch wenn er es für falsch hält: Joachim Gauck wird nichts
daran ändern können, wenn Bodo Ramelow tatsächlich Ministerpräsident
wird. Richtig ist aber auch: Gerade zum Jubiläum des Mauerfalls
gehören ein Ministerpräsident der SED-Nachfolgepartei und
insbesondere dieses fragwürdige rot-rot-grüne Bündnis in die
politische Diskussion - nicht nur in Thüringen. Dazu hat Joachim
Gauck beigetragen.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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