23.02.2014 19:38:00
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Westdeutsche Zeitung: Ukraine braucht die nationale Versöhnung = von Anja Clemens-Smicek
Was das Land nach dem Blutvergießen auf dem Maidan aber erst einmal am dringendsten braucht, ist eine nationale Versöhnung. Niemand sollte vergessen, dass der Osten und Süden der Ukraine immer noch pro-russisch eingestellt sind. Genauso kann der euphorisch bejubelte Auftritt der Galionsfigur Julia Timoschenko vom Wochenende nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit Ex-Boxer Vitali Klitschko ein weiterer Oppositionsführer um das Präsidentenamt kämpft. Da sind Konflikte programmiert, wo Einheit nötig ist.
Gerade hinter der Rolle der Ex-Regierungschefin, die die vergangenen zweieinhalb Jahre im Gefängnis verbrachte, steht ein großes Fragezeichen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Timoschenko mehr vom Hass auf das ihr widerfahrene Unrecht angetrieben wird als von dem Wunsch, die großen gesellschaftlichen Konflikte zu lösen. Sie muss schnell das Bild ihrer Kritiker widerlegen, eine skrupellose Opportunistin ohne klare Position zu sein.
Nicht zuletzt ist die Ukraine ein Testfall für die europäische Außenpolitik. Mit dem Partnerschaftsabkommen hat Brüssel den Menschen einst die Freiheit versprochen. Dafür haben diese sich erhoben und ihr Leben gelassen. Nun muss die EU dem gebeutelten Land eine Perspektive geben, sich aber gleichzeitig davor hüten, falsche Erwartungen zu wecken. Denn eine EU-Mitgliedschaft liegt noch in weiter Ferne. Wer den Anspruch hat, die Ukraine aus den Fängen Russlands zu befreien, kann nur scheitern. Der gefährdet Einheit und territoriale Integrität, denn für Kreml-Chef Wladimir Putin ist die Ex-Sowjetrepublik von großer strategischer Bedeutung. Ein neuer Machtkampf zwischen Ost und West ist das Letzte, was die internationale Staatengemeinschaft jetzt gebrauchen kann.
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