23.01.2015 20:47:58
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Weser-Kurier: Zum Thema Gewaltkriminalität schreibt Silke Hellwig:
Bremen (ots) - Ist der Mensch von Natur aus gewalttätig? Die
Experten sind sich uneins, aber die Geschichte lehrt, dass Frauen und
Männer, Junge und Alte offenbar seit Menschengedenken zu äußerster
Grausamkeit fähig sind. Ist es also nichts als sogenannte Moralpanik,
die uns bei jedem neuen Fall von schwerer Körperverletzung aus
nichtigem Anlass erfasst und den Untergang des Abendlandes beschreien
lässt? Tatsächlich ist die Erbarmungslosigkeit mancher Taten mehr als
verstörend. Menschen werden geprügelt und getreten, bis sie tot sind,
weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren, weil sie
Zivilcourage zeigten, weil ihre Hautfarbe ihren Angreifern nicht
gefiel. Mitleid? Gibt es nicht. Reue? Nicht immer. Doch so zynisch es
klingen mag: Das Entsetzen ist gerade groß, weil wir weitgehend
friedlich zusammenleben und hierzulande niemand mehr ums Überleben
kämpfen muss. Man muss kein Fachmann sein, um zu erahnen, dass es
gesellschaftliche Entwicklungen gibt, die kaum besonders friedlich
stimmen: brutale und brutalste Darstellungen in Schrift, Bild und
Ton, die Kindern und Jugendlichen oft problemlos zugänglich sind. Die
Verrohung der Sprache. Pädagogische Konzepte, die junge Menschen eher
in Konfliktvermeidung denn -bewältigung unterweisen. Zerborstene
Familien, in denen keine gemeinsamen Regeln oder Grenzen festgelegt
werden. Eine Gesellschaft, die Selbstbestimmung und Individualität
idealisiert, erzeugt weder Rücksichtnahme noch Mitgefühl. Auf seine
eigene Weise brutal ist allerdings auch der hilflose Umgang der
Gesellschaft mit Gewalttätern, die oft ungebremst in ihr Unglück und
eine kriminelle Karriere rennen, weil niemand sie rechtzeitig
aufhält. Das Vermächtnis der Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig
wurde zur Kenntnis genommen und dann ignoriert. Gegenüber allen
potenziellen Gewaltopfern grenzt das schon an unterlassene
Hilfeleistung.
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