14.11.2013 21:24:01
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Weser-Kurier: Zum Prozess gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff schreibt der Bremer WESER-KURIER:
Bremen (ots) - Der Vorwürfe oder Behauptungen, der Aussagen oder
Ausreden sind genug gewechselt, nun sieht das Land auch Taten im
juristischen Sinne. Christian Wulff steht vor Gericht. Ein
Mordsspektakel angesichts der Anklage wegen Vorteilsnahme, die sich
um eine dreistellige Summe dreht. Nun ja - Ehre, wem Ehre gebührt.
Das gilt eben nicht nur für den gleichnamigen Sold in Höhe von rund
200<ET>000 Euro, den Wulff pro Jahr weiterhin bezieht, sondern auch
für den Fall, dass sich ein ehemaliger Bundespräsident vor Gericht
verantworten muss. Indes gibt es das Gericht nicht, vor dem Wulff
eigentlich der Prozess gemacht werden müsste. Das wäre die Instanz,
der sich auch Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, der ehemalige
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Ex-Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg und viele andere stellen müssten: eine Art
moralisches Tribunal, das Taten nicht nach Paragrafen und Schaden
nicht nach Geld misst. Sondern dessen Grundlagen ungeschriebene
Gesetze sind, eine gemeinsame Sittlichkeit, die die Gesellschaft
offenbar (noch) in sich trägt. Und man könnte kühn behaupten, dass
eine solche Institution mehr fehlt denn je, dass - weil sie fehlt -
immer schamloser gegen die guten Sitten verstoßen wird, weshalb sie
mithin mehr fehlt denn je. Und so passiert meist nix - noch jeder
Sturm der Entrüstung hat sich wieder gelegt, und nicht jeder wurde
davon wie Wulff vom Thron gepustet. Die guten Sitten sind ein
Fundament des friedlichen und gerechten Zusammenlebens. Was sich
gehört und was nicht, muss von Generation zu Generation weitergegeben
werden. Misslingt das auf Dauer, müssten ungeschriebene Gesetze
tatsächlich geschrieben werden, ist das Gemeinwesen am Ende. Und so
muss sich einjeder von seinem Gewissen leiten lassen. Wulff muss sich
selbst Kläger, Angeklagter, Verteidiger und Richter sein - am Abend,
wenn er vor dem Spiegel steht. Vermutlich hat er bei diesen inneren
Dialogen zu viel Milde walten lassen. Daran kann auch das Landgericht
in Hannover nichts ändern, einerlei, zu welchem Urteil es kommen mag.
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