02.08.2017 23:47:56
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Weser-Kurier: Hans-Ulrich Brandt über Sozialausgaben
Mit Zahlen lässt sich bekanntlich alles belegen, man muss nur die für seine Zwecke richtigen präsentieren. Einmal mehr liefern sich Bundesregierung, Arbeitgeber, Gewerkschaften und Sozialverbände bei der Interpretation des Sozialberichts einen Kampf um die Deutungshoheit. Während für Arbeitsministerin Andrea Nahles der Umfang der Sozialleistungen "im Einklang mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" steht und damit alles im Lot ist, warnt das Arbeitgeberlager schon fast reflexhaft vor einer "Verteuerung der Arbeit" und "massiven Jobverlusten". Und wer hat nun recht? Zunächst einmal: Wer jetzt jammert, jammert auf hohem Niveau. Deutschland ist ein reiches Land, die Wirtschaftsleistung wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt. In ihrem Wahlprogramm kündigt zum Beispiel die Union an, bis zum Jahr 2025, also in nur acht Jahren, die derzeitige Arbeitslosenzahl von rund 2,5 Millionen Jobsuchenden zu halbieren. Träfe das zu, die Arbeitslosenquote läge dann deutschlandweit unter drei Prozent. Das wäre Vollbeschäftigung. Wenn trotzdem die Sozialausgaben steigen, ist das aber auch ein Warnsignal. Ja, der Anstieg erklärt sich in weiten Teilen durch die Alterung der Gesellschaft. Immer mehr Menschen beziehen länger Rente, weil die Lebenserwartung deutlich höher ist als früher. Auch die Gesundheitsausgaben steigen, weil ärztliche und medizinische Versorgung teurer geworden sind. Doch sie steigen auch trotz Rekordbeschäftigung und Wirtschaftswachstum, weil der Preis dafür eine bedenklich um sich greifende Niedriglohnpolitik ist. Darüber reden Arbeitgeber allerdings nicht so gerne. 918 Milliarden Euro wurden 2015 für Sozialleistungen ausgegeben: für die Absicherung von Krankheitsrisiken, Pflege, Invalidität, Alter und Tod, für Sozialhilfe und Hilfen für Geflüchtete. Gemessen an unserer Wirtschaftsleistung sind das nur etwa 29 Prozent. Wer wollte da ernsthaft von ausufernden Lasten sprechen.
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