22.05.2014 20:10:32
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Weidmann sieht Rückschlagpotenzial bei Peripherieanleihen
Von Hans Bentzien
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat die Anleger vor unbedachten Investments in Staatsanleihen einiger Euro-Peripherieländer gewarnt. Beim Jahresempfang des Deutschen Aktieninstituts bekräftigte Weidmann zudem den Willen des EZB-Rats, auch unkonventionelle Methoden einzusetzen, wenn das notwendig werden sollte.
"Durch die in den vergangenen Monaten deutlich gesunkenen Langfristzinsen einiger Euro-Staaten sinken auch deren Finanzierungskosten. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Marktbewertung den Anpassungsprozessen vorausläuft", sagte Weidmann laut vorab verbreitetem Redetext. Die derzeitigen längerfristigen Renditen einiger europäischer Staaten schienen "die notwendigen Anpassungserfolge gewissermaßen vorwegzunehmen", merkte Weidmann an und warnte: "Dadurch entsteht ein hohes Rückschlagpotenzial."
Der Rückgang der Zinsen, die südeuropäische Länder für neue Staatsanleihen erleben, ist ein Bestandteil der insgesamt sinkenden Risikowahrnehmung im Euroraum. Eingeleitet wurde diese Entspannung von EZB-Präsident Mario Draghi, der im Juni 2012 versprochen hatte, dass die EZB alles Notwendige von ihrem Mandat Gedeckte tun werde, um den Euro zu erhalten.
Konkretisiert wurde dieses allgemeine Versprechen später durch die Zusage des EZB-Rats, im Notfall unbegrenzt Staatsanleihen von Staaten zu kaufen, deren Zinsen aus Sicht der EZB deshalb überhöht sind, weil die Märkte mit ihrem ungewollten Ausscheiden aus dem Euro rechnen. Weidmann stimmte gegen diese Zusage zu Outright Monetary Transactions (OMT). Er vertritt die Meinung, dass die EZB nicht alle Vorbedingungen für die Bewahrung der Preisstabilität oder des Euro selbst herstellen kann.
Der Bundesbank-Präsident hat nach dem OMT-Versprechen wiederholt davor gewarnt, dass dieses Programm falsche Anreize setze und Regierungen von notwendigen Reformen abhalten könne. Nachdem das OMT die von Draghi beabsichtigte Wirkung entfaltet hat, sagte Weidmann: "Umso wichtiger ist es, dass die Politik nun dafür sorgt, dass die notwendigen Fortschritte auch tatsächlich erreicht werden. Gewisse Zweifel an der Entschlossenheit sind da durchaus angebracht."
Zugleich bekräftigte Weidmann die Aussage des EZB-Rats, im Notfall mit ungewöhnlichen Methoden gegen Deflationsrisiken vorzugehen. Er ließ im Vorfeld der Anfang Juni anstehenden Ratssitzung jedoch offen, ob er den Notfall bereits jetzt gekommen sieht.
"Das Risiko einer Deflation ist zwar sehr gering, eine ausgedehnte Phase sehr niedriger Inflation kann aber ebenfalls negative Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft haben", sagte das EZB-Ratsmitglied. Um den Risiken einer zu lang anhaltenden Phase niedriger Inflation wirksam entgegenzutreten, sei der EZB-Rat auch bereit, zusätzliche unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen, sofern dies nötig sei.
Beobachter rechnen nach entsprechenden Kommentaren von EZB-Direktoriumsmitgliedern damit, dass die EZB ihre Leitzinsen noch einmal senken und dabei den Satz für Bankeinlagen bei der EZB in den negativen Bereich bewegen wird.
Weidmann äußerte sich zu solchen Details nicht. Er warnte aber vor übertriebenen Hoffnungen auf die von der EZB angestrebte Wiederbelebung des Markts für Kreditverbriefungen. "Die sehr heterogene Struktur des Sektors der kleinen und mittleren Unternehmen, mit den großen Informationsasymmetrien zwischen Kapitalgebern und Unternehmern, impliziert hohe unternehmensspezifische Überwachungskosten auf Seiten der Kapitalgeber", sagte er.
Manche Ökonomen rechnen damit, dass die EZB trotz des geringeren Volumens des Verbriefungsmarktes demnächst damit beginnen wird, solche Papiere aufzukaufen, um die sehr schwache Kreditvergabe anzukurbeln. Die Idee dahinter ist, dass Banken ihre Bilanz per Verbriefung von Altkrediten befreien und damit Platz für neue Kredite schaffen. Die Nachfrage nach solchen Verbriefungen würde bei EZB-Käufen deutlich steigen.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@wsj.com
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May 22, 2014 12:12 ET (16:12 GMT)
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