30.03.2014 18:14:49
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WDH/ROUNDUP: Mindestlohn ab 2015 erzürnt die Obst- und Gemüsebauern
(Im letzten Absatz, erster Satz, muss der Name von FDP-Fraktionschef heißen: Hans-Ulrich Rülke.)
KARLSRUHE (dpa-AFX) - Mehrere Agrarverbände haben vor Preissteigerungen und Betriebsschließungen gewarnt, falls bereits 2015 ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro in der Landwirtschaft eingeführt wird. In einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa kritisierten die Verbände den Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums, der Anfang April dem Bundeskabinett vorgelegt werden soll. Sie forderten eine stufenweise Anpassung an das Mindestlohnniveau bis Ende 2016.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) zeigte sich optimistisch, dass eine Branchenlösung für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft zustande kommt. Damit könne die gesetzliche Ausnahmefrist genutzt und der Anstieg auf den Mindestlohn von 8,50 Euro zum Jahr 2017 erfolgen, sagte Schmidt der "Passauer Neuen Presse" am Samstag. "Das wäre ein sanfter Übergang, der hoffentlich größere Verwerfungen in der Branche verhindert." Es gebe aber noch offene Fragen, da Saisonarbeiter oft keine Stunden-, sondern Leistungslöhne erhielten. Auch Unionsfraktionsvize Michael Fuchs sprach sich für Ausnahmen etwa für Erntehelfer und Praktikanten aus.
Laut dem Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken, ist von den bisherigen Plänen der Bundesregierung vor allem der arbeitsintensive Obst- und Gemüseanbau betroffen. "Das ist eine echte Herausforderung und bedeutet für die Betriebe eine Kostensteigerung im zweistelligen Prozentbereich". Diese würden ein massives wirtschaftliches Problem haben, wenn sie die Mehrkosten im Markt nicht erwirtschaften könnten.
Beim Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE), hieß es, dass der Mindestlohn ab 2015 Preissteigerungen von 10 Prozent bis 20 Prozent mit sich bringen werde. Spargel und Erdbeeren sowie Radieschen, Gurken, Hopfen oder Wein sind die Haupterzeugnisse, bei deren Produktion die rund 330 000 Saisonarbeitskräfte in der deutschen Landwirtschaft eingesetzt werden - von ihnen kommen 290 000 aus osteuropäischen Ländern wie Polen und Rumänien.
"Unsere große Angst ist, dass wir hier Produktion verlieren, weil es uns der Einzelhandel nicht mehr abnimmt, wenn wir zu teuer werden", sagte der Vorsitzende des Gesamtverbands der Deutschen land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA), Martin Empl. VSSE-Geschäftsführer Simon Schumacher schätzt, dass bei einem Mindestlohn ab 2015 zehn Prozent der Spargel- und Erdbeerbetriebe die Produktion einstellen müssen.
"Für uns wäre das eine Katastrophe, wenn im nächsten Jahr die 8,50 Euro kommen", sagte der Präsident des Landesverbands Erwerbsobstbau Baden-Württemberg, Franz Josef Müller. Der Einzelhandel werde das Obst zu deutlich höheren Preisen abnehmen müssen, allein bei Erdbeeren um 20 bis 25 Prozent. "Sonst stehen Existenzen auf dem Spiel", sagte Müller. Dies betreffe nicht nur die Obsterzeuger, sondern auch davon abhängige Branchen: "Der Landmaschinenhandel wird nichts mehr verdienen und die Märkte werden Personal abbauen müssen."
Enttäuscht äußerte sich Müller über die Bundesregierung. "Die CDU muss zeigen, dass sie der große Partner in der Koalition ist und nicht der Juniorpartner, der alles schluckt, was die SPD macht." Er erwarte, dass die CDU zu ihrem Wort im Koalitionsvertrag stehe - demnach sollten bestehende Tarifverträge weiter gültig sein, sofern sie bis Ende 2016 das Mindestlohnniveau erreichen. Außerdem kündigten die Koalitionspartner damals an, bei der Einführung des Mindestlohns "mögliche Probleme z.B. bei der Saisonarbeit" zu berücksichtigen.
CDU-Landeschef Thomas Strobl teilte am Sonntag mit: "Die CDU hat bei den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, dass bestehende Tarifverträge in der Landwirtschaft zunächst weiter gelten." Für Saisonarbeitskräfte und Sonderkulturen werde es eine Lösung geben, versprach Strobl. "Darauf wird die CDU Baden-Württemberg bestehen."
FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte zur Sorge der Obst- und Spargelbauern: "Die FDP sperrt sich nicht gegen einen politischen Mindestlohn, wo kein auskömmlicher Tariflohn zustande kommt oder Missbrauch erkennbar ist. Der Einheits-Mindestlohn von Schwarz-Rot aber macht ein Vorgehen mit Augenmaß unmöglich und droht zu einer Arbeitsplatzvernichtung von unüberschaubarem Ausmaß zu führen."/pz/DP/he
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