09.06.2013 12:08:30
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US-Geheimdienstchef nennt Details zu Spionageprogramm Prism
Ein hochrangiger US-Geheimdienstler hat am Samstag erstmals Details zu Zielen und Umsetzung des Spionageprogramms Prism, das auf amerikanische Internetkonzerne zielt, genannt. Der Nationale Geheimdienstdirektor James R. Clapper veröffentlichte eine Erklärung und ein Datenblatt, mit denen er die "bedeutsamen Fehlinterpretationen" in Artikeln der Zeitungen Guardian und Washington Post geraderücken wolle.
Die Zeitungen hatten geschrieben, die Geheimdienste hätten direkten Zugriff auf die Server der Unternehmen. Die Berichte basierten auf einer Präsentation der National Security Agency. Dort wurde der bisher unbekannte Begriff Prism genannt.
Clapper betonte, die Regierung beziehe nicht "einseitig" Daten von den Servern der Konzerne. Prism wird in dem Datenblatt als eine Technologie beschrieben, die bereits bekannte Informationskanäle der US-Regierung unterstützt. Sie sei kein grundsätzlich neuer Weg der Datengewinnung.
"Prism ist kein bisher geheimes Datensammelprogramm", heißt es. "Es ist ein regierungsinternes Computersystem, das die genehmigte Sammlung ausländischer Geheimdienstdaten von elektronischen Kommunikationsanbietern unter richterlicher Aufsicht erleichtert."
Nach den Medienberichten vom Donnerstag hatte die Obama-Regierung die Existenz der Spähbemühungen eingestanden, unter anderem bei Google, Facebook, Apple und Microsoft. Die Unternehmen hatten erklärt, dem Geheimdienst keinen direkten Zugang zu den Servern zu gewähren und den Begriff Prism nicht zu kennen.
In dem Datenblatt ist zu lesen, dass die Internetkonzerne die Informationen "auf schriftliche Aufforderung des Generalsstaatsanwalts und des Nationalen Geheimdienstdirektors" herausgegeben hätten. Dies richte sich gegen ausländische Staatsbürger, die außerhalb der USA lebten. "Die Anbieter stellen der Regierung Informationen zur Verfügung, wenn sie rechtlich dazu verpflichtet sind", heißt es weiter. Die Datensammlung werde von allen drei Armen der US-Bundesregierung überwacht.
Präsident Barack Obama hatte am Freitag verteidigt, dass die NSA Telefondaten der Handyanbieter sammelt und auch bei Internetunternehmen Informationen wie die Betreffzeilen von E-Mails oder hochgeladene Fotos abgreift. Die beschriebenen Programme seien vom Kongress gebilligt und von Gerichten abgesegnet. Sie seien so zugeschnitten, dass die nur ausländische Bürger überwachten, die unter Beobachtung der US-Behörden stehen.
In der Erklärung von Clapper heißt es, die Datensammlung habe zu Erfolgen im Kampf gegen den Terror geführt. "Sie hat bedeutsam zu erfolgreichen Operationen gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und verwandten Technologien beigetragen." Zudem seien mögliche Angriffe auf Computernetzwerke entschärft worden.
Unterdessen schlägt die Abhöhraffäre in Deutschland hohe Wellen. "Erste Äußerungen von US-Seite, die Überwachungsmaßnahmen würden sich nicht gegen US-Bürger sondern nur gegen Personen richten, die ihren Wohnsitz außerhalb der Vereinigten Staaten haben, beruhigen mich überhaupt nicht", schrieb Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), in einem Blogbeitrag im Datenschutz-Forum der BfDI-Webseite.
"Angesichts der Vielzahl deutscher Nutzer von Google-, Facebook-, Apple- und Microsoft-Diensten erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie sich für Aufklärung und für eine Begrenzung der Überwachung einsetzt", fügte er hinzu.
Auch aus der Politik kommt die Forderung, dass eine Überwachung von Telefon und Internet durch den amerikanischen Geheimdienst nicht ohne Konsequenzen bleiben darf. Die Debatte darüber müsse nun ein "Wendepunkt für die sicherheitspolitische Diskussion werden", sagte der innen- und netzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, Handelsblatt Online. "Wir müssen jetzt auf nationaler, europäischer wie auch auf internationaler Ebene versuchen, die Staaten auf rechtsstaatliche Standards zu verpflichten", betonte der Grünen-Politiker.
Wohlwollend zu der Überwachung äußerte sich dagegen der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. "Ich habe die große Hoffnung, dass wir uns in Deutschland nicht langer auf unser Glück verlassen, sondern der Bevölkerung klipp und klar sagen, was zur Verbesserung polizeilicher Analysekompetenz nötig ist", sagte Wendt dem Handelsblatt Online. Das "wertvollste" Bürgerrecht sei immer noch der Schutz vor Terror und Kriminalität. "Präsident Barack Obama argumentiert mutig, entschlossen und er hat fachlich hundertprozentig recht", betonte der Gewerkschafter. "Diese Politik wünschte ich mir auch in Deutschland und Europa."
"Bei uns regieren völlig überzogener Datenschutz, föderaler Egoismus und wilde Überwachungsfantasien von Politikern, die den Menschen immer wieder einreden wollen, die Polizei würde sie bespitzeln und aushorchen", legte er nach. Im Ergebnis würden schwere Verbrechen nicht aufgeklärt, weil zum Beispiel Telekommunikationsdaten gelöscht seien.
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June 09, 2013 05:38 ET (09:38 GMT)
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