08.10.2008 16:12:00

UPDATE4: Notenbanken senken weltweit die Leitzinsen

(NEU: aktualisierte Marktreaktionen, weitere Reaktionen von Bankvolkswirten, IWF-Chefvolkswirt Blanchard, Hintergrund)

Von Hans Bentzien und Peter Trautmann Dow Jones NEWSWIRES FRANKFURT (Dow Jones)--Zentralbanken in der ganzen Welt haben am Mittwochmittag vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Finanzkrise ihre Leitzinsen im Rahmen einer konzertierten Aktion gesenkt. Unter anderem reduzierten US-Notenbank, Europäische Zentralbank (EZB), Bank of England (BoE), Bank of Canada (BoC), Schweizerische Nationalbank (SNB) und schwedische Riksbank ihr Leitzinsniveau um jeweils 50 Basispunkte. Die Bank of Japan (BoJ) änderte ihren Leitzins hingegen nicht. Sie erklärte, dieser sei bereits sehr niedrig.

   In einer ersten Reaktion erholten sich die Kurse an den europäischen Aktienmärkten deutlich, fielen aber im späteren Verlauf des Nachmittags wieder. An Wall Street startete der Handel mit Kursgewinnen. Die Rentenmärkte gerieten am langen Marktende unter Druck, die Zinskurven wurden dabei steiler. Die starke Anspannung an den Geldmärkten hielt trotz der Zinssenkungen weltweit an. Der Euro zog zunächst stärker gegenüber dem US-Dollar an, gab seine Gewinne aber später wieder etwas ab und notierte gegen 16.00 Uhr bei knapp 1,37 USD. Gegenüber dem Yen fiel der Dollar unter die Marke von 100 JPY.

   Ökonomen meinten, der konzertierte Schritt sei nicht völlig überraschend gekommen und weitere Zinssenkungen in den kommenden Monaten seien nicht auszuschließen. Der Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF), Olivier Blanchard, erklärte, die koordinierten Zinssenkungen seien "ein Schritt in die richtige Richtung". Dennoch sei eine zusätzliche Zusammenarbeit erforderlich, um der größten Finanzkrise seit den 1930er Jahren zu begegnen. Impulse erwarte er dabei auch von fiskalpolitischer Seite, sagte der Franzose in Washington anlässlich der Präsentation des halbjährlichen IWF-"Weltwirtschaftsausblicks".

   Die EZB senkte ihren Leitzins auf 3,75%, nachdem sie am vergangenen Donnerstag noch auf der monatliche Ratssitzung das Zinsniveau beibehalten hatte. Es war die erste EZB-Zinssenkung seit Juni 2003. Die Notenbank begründete ihren Schritt damit, dass der Inflationsdruck in einer Reihe von Ländern nachzulassen beginne. Zudem habe die jüngste Verschärfung der Finanzkrise die Abwärtsrisiken für das Wachstum erhöht, womit sich auch die Aufwärtsrisiken für die Inflation verringerten.

   EZB-Ratsmitglied Axel Weber erklärte, angesichts der Zuspitzung der Turbulenzen hätten die Notenbanken entschlossen handeln müssen. "Die Zentralbanken haben damit ein klares Signal gesendet, dass sie alles tun werden, um eine weitere Verschärfung der Finanzkrise zu verhindern", sagte der Bundesbankpräsident. Besonnenes und verantwortungsvolles Handeln aller Marktteilnehmer sei auch jetzt geboten.

   Die Fed senkte ihren Leitzins auf nunmehr 1,50%, der Reposatz der Bank of England sank auf 4,50%, der SNB-Leitzins reduzierte sich auf 2,50%. Der Leitzins der schwedischen Riksbank liegt nun bei 4,25%. Die US-Notenbank hatte bereits zwischen September 2007 und April 2008 ihren Zielsatz für Tagesgeld um insgesamt 325 Basispunkte verringert, ihn dann aber vor dem Hintergrund anhaltender Inflationsrisiken in den vergangenen Monaten unverändert gehalten.

   Bankvolkswirte sahen die konzertierten Zinssenkungen als gerechtfertigt und in einigen Fällen als überfällig an. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer sagte, aus Sicht der EZB sei die Zinsentscheidung nunmehr auch durch fundamentale Entwicklungen untermauert gewesen. "Eine Rezession in der Eurozone ist sehr wahrscheinlich, außerdem sind die Inflationserwartungen zuletzt deutlich gesunken", erklärte er. Er rechne zudem für dieses Jahr mit einer weiteren Zinssenkung der EZB auf 3,50%. "Im Verlauf des kommenden Jahres wird der EZB-Leitzins sogar bis auf 2,75% heruntergenommen", sagte Krämer weiter.

   Auch die US-Notenbank dürfte nach Einschätzung der meisten Ökonomen die Geldpolitik in der kommenden Zeit weiter lockern. "Wir glauben nicht, dass die aggressive Politikreaktion schon am Ende ist", sagte Michelle Meyer von Barclays Capital/Lehman Brothers. Insgesamt werde die Fed ihren Leitzins in den kommenden Monaten wohl noch um 100 Basispunkte - auf nur noch 0,50% - senken, meinte die Volkswirtin. Sie gehe außerdem davon aus, dass weitere weltweit konzertierte Maßnahmen zur Bewältigung der Finanzkrise beschlossen werden.

-Von Hans Bentzien und Peter Trautmann, Dow Jones Newswires, +49 (0) 69/297 25- 313, konjunktur.de@dowjones.com DJG/ptt (END) Dow Jones Newswires

   October 08, 2008 10:10 ET (14:10 GMT)

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