14.11.2016 17:15:46
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UPDATE3/Union und SPD einig: Steinmeier soll Bundespräsident werden
--Union schwenkt ein
--Mehrheit für Bundesversammlung steht
--Merkel spricht von wichtigem Signal
--Schulz könnte Nachfolger im Außenamt werden
(NEU: Merkel, Gabriel, CSU-Vorstand)
Von Stefan Lange und Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Im Ringen um die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck hat sich die SPD mit ihrem Kandidaten Frank-Walter Steinmeier bei CDU und CSU durchgesetzt. Aus CDU-Kreisen hieß es am Montagmorgen nach einer Telefonkonferenz, Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel habe sich in ihren Reihen die Zustimmung zu Steinmeier bestätigen lassen.
In einem Statement am Nachmittag bestätigte Merkel die Einigung und lobte die Eignung Steinmeiers für das höchste Amt in Staat. "Herr Steinmeier ist ein Mann der politischen Mitte, geachtet in der Wirtschaft und Gesellschaft im In- und Ausland und aus diesem Grunde, so glaube ich, für das Amt des Bundespräsidenten ausgezeichnet geeignet", sagte sie. "Gerade in Zeiten weltweiter Unruhe und Instabilitäten ist ein Signal der Stabilität und damit auch die Unterstützung der Union für die Kandidatur von Herrn Steinmeier aus meiner Sicht ein wichtiges und richtiges Signal."
SPD-Chef Sigmar Gabriel begründete die Kandidatur Steinmeiers mit dessen hohem Ansehen in der Bevölkerung. "Viele Bürger wünschen sich Steinmeier als Bundespräsidenten", sagte Gabriel am Montag in Berlin. Steinmeier genieße das Vertrauen der Menschen und könne es schaffen, Sprachlosigkeit zwischen einzelnen Teilen der Gesellschaft zu überwinden. Am Mittwoch wollen die drei Parteichefs der Großen Koalition mit dem gemeinsamen Kandidaten vor die Presse treten, kündigten Merkel und Gabriel unabhängig voneinander an.
In München schloss sich auch der CSU-Vorstand offiziell der Nominierung Steinmeiers zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten an. "Frank-Walter Steinmeier ist ein guter, geeigneter Kandidat für dieses hohe Amt", erklärte CSU-Chef Horst Seehofer am Montag - machte gleichzeitig aber deutlich, dass er sich auch einen anderen Kandidaten hätte vorstellen können. Die Entscheidung für Steinmeier sei auf die Verantwortung zurückzuführen, die die CSU für Deutschland trage, sagte Seehofer.
Mehrheit in der Bundesversammlung Damit könnte Außenminister Steinmeier bei der Bundesversammlung am 12. Februar im ersten Wahlgang zum neuen Bundespräsidenten gewählt werden. Union und SPD verfügen dort mit 540 beziehungsweise 385 Sitzen (Hochrechnungen) über die absolute Mehrheit, die im ersten oder zweiten Wahlgang erforderlich ist.
Von der SPD kamen erwartungsgemäß überschwängliche Reaktionen. "Steinmeier wird ein hervorragender Bundespräsident werden", erklärte Fraktionschef Thomas Oppermann. Chefhaushälter Johannes Kahrs freute sich, dass nun der "beste Mann" Staatsoberhaupt werden soll.
Auch die Grünen zeigten Anerkennung für den Kandidaten der Sozialdemokraten. "Wir sind gegenüber ihm positiv eingestellt", sagte Parteichef Cem Özdemir. Nun müssten sich die Gremien der Partei beraten, wie sie sich zu Steinmeier positionieren werde. "Wir werden dann zeitnah sagen, wie wir uns verhalten", ergänzte Özdemir.
Wer Steinmeier als Außenminister folgt, ist noch nicht klar. Gute Chancen werden dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, eingeräumt. Der SPD-Politiker ist seit Januar 2012 mit Unterbrechung in dieser Funktion. Das Parlament hat ohnehin verabredet, dass ein Stabwechsel im Januar 2017 erfolgen und das Amt auf einen EVP-Kandidaten übergehen soll. Schulz könnte also nahtlos ins Auswärtige Amt wechseln.
Zähes Ringen Der Entscheidung über die Gauck-Nachfolge waren zähe Verhandlungen von Union und SPD vorausgegangen. Noch am Wochenende hatten Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bei einem Treffen in Berlin eine Einigung versucht. Die Runde ging allerdings nach 50 Minuten ohne Ergebnis auseinander. Gabriel beharrte offenbar auf Steinmeier als Kandidaten.
Vizekanzler Gabriel kann die Personalie Steinmeier nun als großen Erfolg für sich verbuchen. Sie dürfte ihm auch Rückenwind für die Kanzlerkandidatur geben.
Rückschlag für Merkel Für Merkel hingegen bedeutet die Benennung von Steinmeier eine Schwächung. Wochenlang hatte die Kanzlerin versucht, einen Unions-Kandidaten zu finden. Merkel nahm unter anderem mit den Grünen Kontakt auf, deren Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt war ebenso im Gespräch für die Gauck-Nachfolge wie der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Einen Grünen-Kandidaten indes wollte die CSU nicht mittragen.
Bereits bei der Benennung eines Nachfolgers für Altbundespräsident Christian Wulff hatte die SPD ihren Kandidaten durchgesetzt: Die damalige Regierungskoalition aus Union und FDP hatte Joachim Gauck zunächst abgelehnt, nach einem Treffen dann aber doch unterstützt.
Merkel wollte mit der jetzigen Entscheidung pro Steinmeier offenbar eine Niederlage in der Bundesversammlung verhindern. Die Union hat dort zwar die meisten Stimmen, hätte aber in den ersten beiden Wahlgängen alleine keinen Kandidaten durchsetzen können.
Selbst im dritten Wahlgang - bei dem die relative Mehrheit reicht - hätte es für Merkel und die Union eine Klatsche geben können, wenn SPD, Linke und Grüne gemeinsam Steinmeier unterstützt hätten. Ein solches rot-rot-grünes Bündnis wiederum wäre als Signal für die Bundestagswahl 2017 gedeutet worden. Und das wollte Merkel unbedingt verhindern.
(Mitarbeit: Christian Grimm und Andrea Thomas)
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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November 14, 2016 10:42 ET (15:42 GMT)
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