19.09.2016 19:46:46
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UPDATE2/SPD stimmt unter Auflagen für Ceta-Freihandelsakommen mit Kanada
--Gabriel: Mit Ceta werden keine Standards gesenkt
--Änderungen sollen in Protokollen festgehalten werden
--Deutsche Wirtschaft reagiert mit Zurückhaltung
(NEU: Reaktionen der Wirtschaft)
Von Christian Grimm
BERLIN/WOLFSBURG (Dow Jones)--Die SPD spricht sich für das umstrittene Freihandelsabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada aus. Ein Parteikonvent in Wolfsburg erteilte am Montag Bundeswirtschaftsminister und Parteichef Sigmar Gabriel unter Auflagen die Erlaubnis, im Rat der EU-Handelsminister noch in dieser Woche für das Abkommen zu stimmen. "Mit Ceta werden keine Standards gesenkt, es geht eher darum, Standards zu erhöhen", sagte Gabriel zum Abschluss des Konvents. Zwei Drittel der Delegierten stimmten für Gabriels Linie.
Der Vorsitzende hatte sich zuvor für den Vertrag mit den Kanadiern stark eingesetzt. In Berlin wurde deshalb spekuliert, dass Gabriel im Falle einer Ablehnung als Parteichef zurückgetreten wäre.
Die SPD will nun, dass die Änderungswünsche parallel zu dem eigentlichen Vertragstext in gesonderten Protokollerklärungen festgeschrieben werden. "Das wird sicher eine Mehrheit im EU-Parlament finden", sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) in Wolfsburg.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström habe bereits signalisiert, einzelne Änderungen aufzugreifen. Die deutsche Sozialdemokratie, so Schulz, habe damit Weichen in Europa gestellt. In vielen europäischen Ländern sei anders als in Deutschland mit den Freihandelsabkommen die Hoffnung auf mehr Arbeitsplätze verknüpft. "Sigmar Gabriel hat heute nicht nur seinen Führungsanspruch, sondern auch seine Führungsfähigkeit unter Beweis gestellt", lobte Schulz. Der SPD-Chef habe den Konvent "gerockt", berichtete Schulz.
Keine Freudensprünge bei der Wirtschaft Aus der deutschen Wirtschaft kamen nach dieser Zustimmung unter Bedingungen gemischte Signale. "Leider unterstützt die SPD Ceta nur halbherzig. Die vorgeschlagenen Auflagen dürfen nicht dazu führen, dass zu viel Zeit vergeht, bis Ceta in Kraft tritt", meinte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Laut Gabriel wird es Jahre dauern, bis alle EU-Mitgliedstaaten Ceta ratifiziert haben. Ein Großteil des Abkommens kann jedoch schon nach der Zustimmung des EU-Parlaments vorläufig in Kraft treten.
Die Exporteure sehen die Entscheidung der Genossen nur als Zwischenstufe. "Das ist ein Sieg der Vernunft. Jetzt muss sich die Vernunft nur noch bei TTIP durchsetzen", sagte der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbandes BGA, Anton F. Börner, zu dieser Nachrichtenagentur. Der Wirtschaftsminister wollte Börner aber keine Hoffnungen machen.
Die Amerikaner seien unzufrieden darüber, dass Europa und Kanada ein so hohes Schutzniveau erreicht hätten. Dazu sei Washington aber nicht bereit. Gabriel glaubt anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht daran, dass mit der aktuellen US-Regierung unter Präsident Barack Obama in diesem Jahr noch eine grundsätzliche Einigung beim Freihandelsabkommen TTIP erreicht werden kann.
SPD dringt auf Nachbesserungen Während des Konvents war Gabriel mittels eines Kompromissvorschlags auf seine parteiinternen Kritiker zugegangen. Verbindlich festgeschrieben werden soll zum Beispiel das in der EU geltende Vorsorgeprinzip und ein Sanktionsmechanismus bei Verstößen gegen Arbeits-, Sozial und Umweltstandards.
Das Recht von Parlamenten, Gesetze und Vorschriften zu erlassen, darf nach dem Willen der SPD ausdrücklich nicht eingeschränkt werden, wie Ceta-Gegner befürchten. Außerdem soll in einem Anhörungsprozess vor der Abstimmung im EU-Parlament festgelegt werden, welche Bereiche des Vertrages mit Kanada in die Zuständigkeit der EU und welche in die Zuständigkeit der EU-Mitgliedstaaten fallen.
Beim umstrittenen Investorenschutz müsse sichergestellt werden, "dass keine Bevorzugung von ausländischen gegenüber inländischen Investoren oder Bürgerinnen und Bürgern stattfinden", wie es im Änderungsantrag des Parteitags heißt. Dow Jones Newswires hat Einblick in das Dokument. Auch bei der kommunalen Daseinsvorsorge drängt die SPD auf Nachbesserungen: "Es muss sich aus dem CETA-Vertrag unmissverständlich ergeben, dass bestehende und künftig entstehende Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht vom Vertrag erfasst werden."
Laut Teilnehmern hat auch die Rede der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland vor den knapp 240 Delegierten in Wolfsburg das Blatt pro Ceta gewendet. "Die Kanadier haben Dinge gemacht, die ich vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten habe", sagte Gabriel. Die neue kanadische Regierung unter Premier Justin Trudeau zeigte sich offen, mit den Europäern wichtige Änderungen nachzuverhandeln.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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September 19, 2016 13:15 ET (17:15 GMT)
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