13.12.2015 16:26:46

UPDATE2/Klimaschutzabkommen stößt auf überwiegend positive Resonanz

   --Erderwärmung soll unter 2 Prozent begrenzt werden, möglichst sogar bei 1,5 Prozent

   --Bundesumweltminitserin Hendricks sieht Ende des Lohle- und Ölzeitalters

   --Überwiegend positive Reaktion bei Umwelt- und Wirtschaftsverbänden

   --Ifo-Präsident Sinn skeptisch

   (NEU: Weitere Stimmen, Meinungen und Einodnungen)

   LE BOURGET (AFP)--Nach langem Ringen ist das weltweite Klimschutzabkommen von allen 195 beteiligten Staaten einmütig beschlossen worden. "Ich sehe den Saal, die Reaktion ist positiv, ich höre keine Einwände", sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius, bevor er die Einigung am Samstagabend auf der UN-Klimakonferenz in Le Bourget bei Paris per Hammerschlag besiegelte. Ziele des Vertrages sind die Begrenzung der Erderwärmung und Hilfen für Entwicklungsländer.

   Das Abkommen ist das erste Klimaschutzabkommen, in dem alle Staaten eigene Beiträge im Kampf gegen die Erderwärmung zusagen. Diese soll auf "deutlich unter zwei Grad" begrenzt werden, möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter.

   Da die bislang vorliegenden nationalen Emissionsziele zum Erreichen dieser Ziele nicht ausreichen, sollen sie ab 2023 alle fünf Jahre überprüft werden. Laut einer ebenfalls beschlossenen ergänzenden Entschließung soll es zudem bereits 2018 eine erste informelle Bestandsaufnahme geben. In der zweiten Jahrhunderthälfte soll Emissionsneutralität bei Treibhausgasen erreicht werden.

   Festgeschrieben wird auch das Versprechen der Industriestaaten, den Ländern des Südens jedes Jahr hundert Milliarden Dollar für Klimaschutz und Anpassung zur Verfügung zu stellen. Diese Summe solle der Basiswert für die Zeit ab 2020 sein, eine neue Zahl "wird spätestens 2025 festgelegt werden". Allerdings steht auch dies nur in der Entschließung. Im Vertragstext bekennen sich die Industriestaaten allgemein zu gegebenen Verpflichtungen. Hintergrund sind sonst drohende Ratifizierungsprobleme in den USA.

   "Ich bin sehr froh über das, was wir hier erreicht haben", sagte in einer ersten Stellungnahme Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Sie sprach von einem "historischen Erfolg", doch sei "Paris nicht das Ende, sondern der Anfang eines langen Weges". "Das ist unser Erfolg, der Erfolg aller Staaten in diesem Prozess", erklärte die luxemburgische EU-Ratspräsidentschaft. Hendricks sieht mit dem Klimaabkommen den Abschied von fossilen Energieträgern eingeleitet. "Wir sehen das Ende des Zeitalters von Kohle und Öl", sagte die Bundesministerin. Von diesen werde sich die Welt "in den kommenden Jahrzehnten verabschieden müssen".

   US-Präsident Barack Obama hat das Abkommen als "stark" und "historisch" begrüßt. Es könne einen "Wendepunkt für die Welt" sein, sagte Obama in Washington. Die Übereinkunft lege den nötigen Rahmen zur Beilegung der Klimakrise fest.

   Zuvor hatten Frankreichs Präsident François Hollande und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Le Bourget eindringlich um ein Ja zu dem Vertrag geworben. "Dieses Abkommen wird ein großer Schritt für die Menschheit sein", sagte Hollande. "Es liegt jetzt an Ihnen zu entscheiden", rief er den Delegierten zu. "Nationalen Interessen wird dann am besten gedient, wenn alle im Interesse der internationalen Gemeinschaft handeln", hob Ban hervor. "Unsere Kinder würden uns nicht verstehen, noch würden sie uns vergeben", warnte auch Fabius vor einem Nein.

   Umweltverbände beurteilten den Vertrag fast einhellig positiv, riefen aber auch zu raschem Handeln auf, um die darin definierten Ziele zu erreichen. "Paris gibt der Welt Hoffnung" und sende ein klares Signal für die Abkehr von fossilen Brennstoffen, erklärte der Greenpeace-Klimaexperte Martin Kaiser. Der politische Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, Christoph Bals, erklärte: "Das Abkommen wird die Welt der Energie- und Klimapolitik verändern."

   Der WWF Deutschland lobte das Abkommen gar als "Meisterstück der Klimadiplomatie". Die Präsidentin der Entwicklungsorganisation Brot für die Welt, Cornelia Füllkrug-Weitzel, warnte vor Schlupflöchern in der Vereinbarung und Untätigkeit. "Jetzt müssen sofort die Schnürschuhe angezogen werden, um in großen Schritten den in Paris immerhin vorgezeichneten Weg zur Minderung der Treibhausgase rasch zu betreten", forderte sie.

   Lob kam auch aus der Wissenschaft: "Wenn dies umgesetzt wird, bedeutet das eine Senkung der Treibhausgasemissionen auf Null in wenigen Jahrzehnten", erklärte der Leiter des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber. Sein Stellvertreter Ottmar Edenhofer bezeichnete das Abkommen als "Durchbruch". Nun hänge "das Schicksal der Erde" davon ab, wie schnell und wie umfassend die beschlossenen Maßnahmen umgesetzt würden.

   Das Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel (IfW) sieht in der Einigung nur ein Ziel. Nun müssten Handlungen folgen. "Die Einigung in Paris ist ein wichtiger politischer Schritt für die Menschheit. Alle Staaten der Welt haben sich auf das Ziel geeinigt, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. Das ist allerdings nur ein Ziel, das noch nicht durch ausreichende Handlungen unterstützt ist", kommentierte Gernot Klepper, Leiter IfW-Forschungsbereich Umwelt und natürliche Ressourcen und stellvertretender Vorsitzender Deutsches Klimakonsortium (DKK), die Ergebnisse. Es sei aber ein Signal für die Wirtschaft, dass das Zeitalter der fossilen Energien einem Ende entgegen gehe. Das werde Investitionen verstärkt in die Entwicklung und den Ausbau erneuerbarer Energien lenken.

   Die Ergebnisse weisen für den Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) eindeutig in die richtige Richtung. "(...) Aus Sicht des Verbandes ist das Ergebnis ein Erfolg, auch wenn es nicht das von vielen erhoffte klare und verbindliche Abkommen darstellt", resumierte Naemi Denz, Mitglied der VDMA-Hauptgeschäftsführung. "Aber es ist ein von allen Nationen bestätigter Vertrag, der eine ambitionierte Zielsetzung bestätigt. Die nationalen Klimaschutzpläne werden regelmäßig überprüft und weiterentwickelt, außerdem wird die Definition von Strategien geregelt, um bis zur Jahrhundertmitte zu einem niedrigen Level der Treibhausgasemissionen zu kommen", erläutert Denz. Der VDMA geht davon aus, dass nicht nur Industrie-, sondern auch Schwellen- und Entwicklungsländern nun die lange überfälligen Investitionen in eine moderne Energieversorgung, effiziente und emissionsarme Produktionsstandorte und eine klimafreundlichere Abfallwirtschaft tätigen.

   Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn zeigte sich dagegen skeptisch. "Das Abkommen enthält vor allem moralische Appelle und Lippenbekenntnisse, die die willigen Länder ermuntern, die Reduktion des Verbrauchs fossiler Brennstoffe weiter voranzutreiben. Es sieht jedoch keinerlei Instrumente vor, mit Hilfe derer die unwilligen Länder zum Mitmachen bewegt werden könnten", sagte er. "Der Durchbruch zu einem weltweiten Emissionshandelssystem, das die einzige Lösung für das Klimaproblem ist, liegt in weiter Ferne."

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/smh/flf

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   December 13, 2015 09:56 ET (14:56 GMT)- - 09 56 AM EST 12-13-15

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