18.03.2016 18:57:47
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UPDATE2/EU besiegelt umstrittenen Flüchtlingspakt mit Ankara
-- Alle ab Sonntag in Griechenland ankommenden Flüchtlinge sollen zurückgeführt werden
-- Pakt großer, aber auch heikler Erfolg für Merkel
(NEU: Äußerungen Merkels nach Gipfelabschluss, Kritik von Oxfam)
BRüSSEL (AFP)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich durchgesetzt: Durch die Rückführung aller ab Sonntag in Griechenland eintreffenden Flüchtlinge in die Türkei soll die Migrationskrise eingedämmt werden. Trotz Vorbehalten zur Behandlung der Flüchtlinge und zu den Forderungen aus Ankara wurde der Pakt am Freitag vom EU-Gipfel und dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu besiegelt, wie Gipfelchef Donald Tusk verkündete.
Der Pakt ist ein großer, aber auch heikler Erfolg für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich intensiv dafür eingesetzt hatte. Sie sieht darin die Chance zu einer europäischen Lösung. "Europa wird es schaffen, auch diese schwierige Bewährungsprobe zu bestehen", sagte sie mit Blick auf die Flüchtlingskrise und den Streit darüber in der EU. Durch die Rückführung aller Flüchtlinge soll der irregulären Einwanderung der Boden entzogen werden.
Merkel und ihre 27 Kollegen hatte sich in der Nacht zum Freitag nach stundenlangen Beratungen auf eine gemeinsame Position verständigt. Am Vormittag folgten dann Verhandlungen von EU-Ratspräsident Donald Tusk mit Davutoglu, der den Plan vor elf Tagen erstmals präsentiert hatte.
Er sieht vor, dass alle neu auf den griechischen Inseln eintreffenden Flüchtlinge in Schiffen in die Türkei zurückgebracht werden. Im Gegenzug soll die EU für jeden so abgeschobenen Syrer einen syrischen Flüchtling aus der Türkei auf legalem Wege einreisen lassen.
Gegen das Vorhaben gab es große rechtliche Bedenken. Die Türkei sollte deswegen garantieren, die zurückgenommenen Flüchtlinge gemäß der internationalen Konventionen zu schützen und nicht in gefährliche Herkunftsregionen abzuschieben. Daraus wurde letztlich das gemeinsame Bekenntnis, "relevante" Standards zu respektieren: Eine Aufweichung der ursprünglichen EU-Forderung.
Die Hilfsorganisation Oxfam reagierte enttäuscht auf den Deal. Er sei "ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Unmenschlichkeit". Auch künftig würden Grenzkontrollen mit Menschenleben bezahlt.
Große Vorbehalte hegten verschiedene Mitgliedstaaten gegen das von Ankara verlangte Ende des Visazwangs für türkische Bürger ab Juni und die Ausweitung der EU-Beitrittsverhandlungen. Das Resultat: Die Visafreiheit soll ab Juni kommen, aber nur, wenn Ankara alle 72 dafür festgeschriebenen Kriterien erfüllt. Und zunächst wird ein Beitrittskapitel eröffnet, weitere sollen vorbereitet werden.
Die Umsetzung des Paktes ab Sonntag stellt Griechenland nun vor enorme Herausforderungen: Binnen kürzester Zeit muss die administrative und juristische Infrastruktur auf den griechischen Inseln aufgebaut werden. Athen selbst hat dafür nur 270 Juristen und Richter, benötigt würden aber 2.000 zusätzliche Experten, sagte der griechische Regierungschef Alexis Tsipras. Merkel sagte bereits personelle und finanzielle Hilfe zu. Über Klagen gegen Abschiebungen können aber nur griechische Richter entscheiden.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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(END) Dow Jones Newswires
March 18, 2016 13:27 ET (17:27 GMT)- - 01 27 PM EDT 03-18-16
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