18.05.2015 18:30:47

UPDATE/Union und SPD streiten sich in BND-Affäre immer heftiger

   -- Spähaffäre entzweit Große Koalition zunehmend

   -- Seehofer greift Gabriel scharf an

   -- SPD will noch diese Woche Klarheit über NSA-Spionageliste

   (NEU: Seehofer, Fahimi)

   Von Andreas Kißler und Christian Grimm

   BERLIN (Dow Jones)--Die Affäre um den Bundesnachrichtendienst (BND) und seine Kooperation mit dem US-Geheimdienst NSA scheint die Große Koalition zunehmend zu entzweien. Die SPD schlägt immer schärfere Töne an und erhöht den Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - und die Union keilt zurück.

   Wie verbissen der Streit in der Führungsetage der Großen Koalition inzwischen offenbar geführt wird, belegt die jüngste Kritik des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer: In München brandmarkte der bayerische Ministerpräsident das Verhalten von SPD-Chef Sigmar Gabriel als "völlig inakzeptabel" und giftete: "Das entspricht nicht der Staatsverantwortung, die eine Regierungspartei hat."

   Das mochte die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi nicht lange auf ihrem Parteivorsitzenden sitzen lassen. "Ich finde, dass das Verhalten unseres Vizekanzlers Sigmar Gabriel genau das ist, was man von einem verantwortlichen Staatsmann erwarten sollte - nämlich dass er auf eine Aufklärung in der Sache drängt," drehte sie den Spieß in Berlin um. Die Anwürfe von München nach Berlin und zurück sprechen Bände über die Stimmung zwischen Union und SPD. Inzwischen ist der Streit ganz offenkundig auf der Ebene der Parteichefs angekommen.

   Seehofer hat sich in die Debatte eingeschaltet, nachdem die SPD in der Sache nicht locker lässt und das Kanzleramt zur raschen Herausgabe der Spionageliste gedrängt hat. "Diese Woche erwarte ich, dass wir Klarheit bekommen", sagte Christian Flisek, Obmann seiner Partei im NSA-Untersuchungsausschuss, im ARD-Morgenmagazin. Der Ausschuss bemüht sich um die Aufklärung der von Edward Snowden aufgedeckten Schnüffelei des US-Geheimdienstes NSA.

   Fahimi bekräftigte die Forderungen der Sozialdemokraten und will die Listen notfalls auch gegen den Willen der USA offenlegen. "Wir fordern einen Einblick in die Listen der Selektoren der NSA mindestens für ausgewählte Vertreter des Untersuchungsausschusses", konkretisierte sie. Wer zu diesem Personenkreis zählen soll, müssten die parlamentarischen Gremien verhandeln.

   "Ich gehe davon aus, dass wir in dieser Woche dazu eine Empfehlung bekommen", sagte Fahimi, die vor Journalisten mehrfach betonte, es gehe den Sozialdemokraten "in keinster Weise darum, ein Zerwürfnis mit den USA zu provozieren" - und es geht auch nicht darum, "einer Öffentlichkeit diese Listen vorzulegen".

   Flisek verlangte von Kanzleramt und Bundesregierung, den Amerikanern klar zu machen, welche Dimension die Affäre mittlerweile erreicht habe. "Ich gehe davon aus, dass das Kanzleramt die deutschen Interessen berücksichtigt", betonte der Abgeordnete.

   Es gilt als unwahrscheinlich, dass Washington grünes Licht für die Herausgabe der Liste mit Suchbegriffen an den Untersuchungsausschuss gibt, mit denen der BND Internet und Telefonverkehr durchkämmte. CDU und CSU wollen den Verbündeten nicht brüskieren und verweisen darauf, dass Deutschland auf die Informationen der US-Dienste angewiesen sei.

   Gabriel hatte am Wochenende den Druck auf das Kanzleramt und damit auch auf Merkel erhöht. "Wir müssen dem deutschen Parlament in geeigneter Weise Einblick in die Unterlagen des BND geben", forderte der Vizekanzler in der Bild am Sonntag. Und setzte nach: "Da muss man als Bundesregierung auch mal Rückgrat zeigen." Der Verdacht der Wirtschaftsspionage gegen deutsche und europäische Firmen müsse schnellstens ausgeräumt werden. "Das wäre eine Staatsaffäre", betonte der SPD-Vorsitzende.

   Die Union wollte sich nicht vollends in die Defensive drängen lassen und schoss zurück. Der Fraktionschef und Merkel-Vertraute Volker Kauder kritisierte am Sonntagabend im ZDF den Stil des Koalitionspartners. "So geht man nicht miteinander um in einer Koalition", klagte Kauder über die "schrillen Töne aus der SPD-Parteizentrale". Er sprach sich für eine ruhige und sachliche Aufklärung der Vorwürfe aus.

   Die CDU-Chefin von Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, warf der SPD vor, aus dem Skandal Profit schlagen zu wollen. "Man bekommt immer mehr den Eindruck, dass die SPD dringend ein Thema sucht, um aus ihren schlechten Umfragewerten zu kommen", sagte sie dem Tagesspiegel. Sie warnte die SPD davor, "in der Regierungskoalition die Opposition geben zu wollen".

   Doch Fahimi gab sich trotz aller Misstöne in der Koalition optimistisch, dass sich die Koalition letztlich im Sinne der SPD festlegen wird. Woraus sich dieser Optimismus speist, sagte sie allerdings nicht. "Ich bin zuversichtlich, dass es eine Einigung über ein geeignetes Verfahren in den nächsten Tagen geben kann", erklärte die SPD-Generaklsekretärin, "davon gehe ich jedenfalls aus".

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@dowjones.com

   DJG/ank/kla

   (END) Dow Jones Newswires

   May 18, 2015 12:00 ET (16:00 GMT)

   Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.- - 12 00 PM EDT 05-18-15

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!