19.07.2015 17:11:45

UPDATE/Schäubles Grexit-Kurs spaltet die Koalition

   --Finanzminister: Denke nicht über Rücktritt nach

   --Gabriel: Wir waren nicht informiert

   --Tauber rügt Nein-Sager

   (NEU: Gabriel im ZDF-Sommerinterview, Kauder im Deutschlandfunk)

   Von Stefan Lange und Jürgen Hesse

   BERLIN (Dow Jones)--Die Planspiele von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für einen zeitweisen Euro-Austritt Griechenlands haben tiefe Gräben in der Regierungskoalition aufgerissen. Vizekanzler Sigmar Gabriel kritisierte, er habe von Schäubles Plänen nichts gewusst und sei auch von Kanzlerin Angela Merkel zunächst nur allgemein informiert worden. Die Grexit-Debatte halte er für falsch, sagte der SPD-Vorsitzende. Schäuble bestritt diese Darstellung. Er schloss außerdem einen Rückzug vom Ministeramt im äußersten Fall nicht aus, betonte gleichzeitig aber, dass er aktuell keine Rücktrittsgedanken habe.

   Wirtschaftsminister Gabriel sagte im ZDF-Sommerinterview, Schäuble habe am Freitag vergangener Woche - unmittelbar vor den finalen Griechenland-Verhandlungen in Brüssel - um 16 Uhr den Vorschlag für einen zeitlich begrenzten Grexit in die Verhandlungen eingebracht. "Davon wussten wir gar nichts", sagte Gabriel. Er sei erst am Samstag von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel "sehr allgemein" darüber informiert worden.

   Die Sozialdemokraten hätten stets darauf gedrungen, das Vorgehen beim Thema Griechenland mit Frankreich abzustimmen, sagte Gabriel. Deshalb habe er es auch nicht für klug gehalten, diesen Vorschlag als deutschen Vorschlag einzubringen. "Das ist etwas, was ich jedenfalls nicht gemacht hätte", sagte er.

   "Schäuble hat die SPD gegen sich aufgebracht"

   Dass die Debatte über einen Grexit nun weitergehe, halte er für falsch, sagte Gabriel mit Blick auf Schäuble, der seine Grexit-Forderungen auch nach dem Gipfel von Brüssel mehrfach wiederholt hatte. Schäuble habe damit die SPD gegen sich aufgebracht, kritisierte Gabriel. Der Finanzminister habe gewusst, dass die Sozialdemokraten nur für einen einzigen Fall bereit gewesen wären, über einen Grexit zu reden, nämlich "wenn die Griechen das selbst wollen". Dies sei nicht der Fall gewesen.

   Schäuble hingegen kritisierte Gabriel, der stets bestritten hatte, Schäubles Plänen für eine fünfjährige Euro-Auszeit Griechenlands zugestimmt zu haben. "Jede Partei hat ihre Probleme", sagte Schäuble in einem Interview mit dem Spiegel. In einer Koalition nehme man aber Rücksicht aufeinander. "Man sollte eigene Probleme nicht durch unzutreffende Behauptungen über andere lösen wollen", sagte Schäuble.

   Unions-Fraktionschef Volker Kauder schloss sich dieser Darstellung an. "Es ist klar, dass er eingebunden war", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk zur Rolle des Vizekanzlers. Kauder rief die Koalition zugleich dazu auf, jetzt den Blick nach vorne zu richten.

   "Nein, wie kommen Sie darauf?"

   Auf die Frage, ob er über einen Rücktritt nachdenke, sagte Schäuble dem Spiegel: "Nein, wie kommen Sie darauf?" Gleichzeitig schloss er einen solchen Schritt grundsätzlich nicht aus, wenn die Kritik an ihm überhand nehmen sollte. "Politiker haben ihre Verantwortung aus ihren Ämtern", sagte er. Niemand könne sie zwingen, gegen ihre Überzeugungen zu handeln. "Wenn das jemand versuchen würde, könnte ich zum Bundespräsidenten gehen und um meine Entlassung bitten", sagte Schäuble.

   In dem Gespräch räumte er ein, dass Merkel und er in den vergangenen Wochen bei der Rettung Griechenlands unterschiedliche Auffassungen vertreten hätten. "Es gehört zur Demokratie, dass man auch einmal unterschiedliche Meinungen hat", sagte er.

   Rüge für die "Nein-Sager"

   CDU-Generalsekretär Peter Tauber trat unterdessen im Tagesspiegel "Spekulationen" über einen möglichen Rücktritt von Schäuble wegen erkennbarer Differenzen mit der Kanzlerin entgegen. "Wolfgang Schäuble und Angela Merkel sind vielleicht nicht immer einer Meinung, aber gehen immer einen gemeinsamen Weg", sagte der Politiker. Tauber fügte hinzu, er habe den Eindruck, dass Schäuble "seine Aufgabe trotz aller Anstrengungen auch mit einer gewissen Freude ausübt".

   Gleichzeitig rügte Tauber aber auch alle 60 Bundestagsabgeordneten in der Unionsfraktion, die sich bei der Abstimmung am Freitag gegen Verhandlungen über ein neues Hilfspaket für Griechenland ausgesprochen hatten. Die Gegner weiterer Griechenland-Hilfen sollten ihre Haltung überdenken, forderte Tauber. "Manche Kollegen in der Fraktion fanden diesen Weg von Anfang an falsch und waren nicht bereit, ihr 'Nein' zu überprüfen. Sie haben sich festgelegt. Sie sollten sich vielleicht an Konrad Adenauer halten, der gesagt hat: Mich kann niemand daran hindern, klüger zu werden." Dass man die Schuldenkrise auch erfolgreich bewältigen könne, zeigten die Reformerfolge in Spanien, Portugal, Zypern und Irland.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   July 19, 2015 10:41 ET (14:41 GMT)

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