27.06.2015 20:20:46

UPDATE/Griechisches Hilfsprogramm soll Dienstagnacht auslaufen

   -- Euro-Finanzminister diskutieren über Konsequenzen

   -- Varoufakis erhebt schwere Vorwürfe gegen die Eurogruppe

   -- Schäuble will nicht über "Plan B" sprechen

   (NEU: mehr Dijsselbloem, Varoufakis, Hintergrund)

   Von Andreas Kißler

   BRÜSSEL/BERLIN (Dow Jones)--Das gegenwärtige Hilfsprogramm für Griechenland wird Dienstagnacht auslaufen, nachdem Athen das Angebot der Gläubiger für eine Einigung im Schuldenstreit abgelehnt und ein Referendum mit negativer Abstimmungsempfehlung für den 5. Juli angekündigt hat. Das kündigte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach Beratungen der Euro-Finanzminister bei einem Sondertreffen in Brüssel an. Bei einem zweiten Treffen sollen nach seinen Worten nun die Konsequenzen daraus diskutiert werden, und "vorbereitet, was immer nötig ist".

   Griechenland steht damit vor der Zahlungsunfähigkeit. Am 30. Juni wird ein Kredit des International Währungsfonds (IWF) über rund 1,5 Milliarden Euro fällig. Die Griechen bräuchten daher dringend die verbliebenen 7,2 Milliarden Euro aus dem bereits zwei Mal verlängerten Hilfsprogramm, das zeitgleich Ende Juni ausläuft. Sie wollen jedoch die von den Gläubigern dafür geforderten Bedingungen nicht erfüllen.

   Dijsselbloem warf der griechischen Regierung vor, mit ihrer negativen Empfehlung zu dem Referendum ihre Verantwortung zu verletzen. "Zu unserem Bedauern hat die griechische Regierung entschieden, zurückzuweisen, was auf dem Tisch lag, obwohl die Gespräche noch nicht beendet waren", sagte der Niederländer.

   "Das Programm wird Dienstagnacht auslaufen", machte er klar. An der anschließenden Sitzung der Euro-Finanzminister werde der Grieche Yanis Varoufakis nicht teilnehmen. Der Beschluss der Eurogruppe sei gegen dessen Stimme erfolgt.

   Varoufakis erhebt schwere Vorwürfe gegen die Eurogruppe

   Gleichzeitig appellierte Dijsselbloem indirekt an das griechische Parlament, bei seiner später am Samstag erwarteten Abstimmung gegen die Abhaltung des Referendums zu votieren, und deutete für diesen Fall weitere Hilfsmöglichkeiten an. "Das griechische Parlament hat das Recht, vollständig zu verstehen, was aktuell auf dem Tisch liegt", sagte der Eurogruppen-Chef auf die Frage, was die Griechen noch tun könnten, um in der Eurozone zu bleiben. Das Parlament solle "eine weise Entscheidung treffen".

   Dijsselbloem betonte, "einfache Programme" seien nicht verfügbar. "Das ist die Wahrheit, und wenn die griechische Regierung nicht bereit ist, das zu akzeptieren und ihren Wählern vorzulegen, hat sie ein Glaubwürdigkeitsproblem." Der EZB-Rat werde die Frage weiterer ELA-Notkredite der Zentralbank "prüfen und beantworten müssen", sagte er zudem auf eine Frage. Der EZB-Rat kündigte eine Sitzung dazu an.

   Varoufakis übte in einer eigenen Pressekonferenz heftige Kritik an der Eurogruppe, weil sie die griechische Bitte um eine Verlängerung des Hilfsprogramms abgelehnt hat. Diese Entscheidung habe "Europas Glaubwürdigkeit dauerhaften Schaden" zugefügt, sagte er. "Europa kann immer noch das griechische Volk bitten, 'Ja' zu einem verbesserten Angebot zu sagen", meinte er.

   Athens Finanzminister ging davon aus, es sei "wahrscheinlich", dass die Griechen für eine Annahme der Rettungsauflagen stimmten, obwohl die Regierung dagegen sei. Die Regierung habe aber "kein Mandat", die Vorschläge anzunehmen oder zurückzuweisen. Diese Vorschläge seien nicht tragfähig, die Finanzierung sei unangemessen, und darin seien keine Elemente enthalten, die Investoren "Hoffnung" gäben, kritisierte er.

   Schäuble will nicht über "Plan B" reden

   Varoufakis bestätigte seinerseits, Athen habe den entsprechenden Beschluss der Eurogruppe nicht gegengezeichnet. Die Entscheidung, in einer weiteren Sitzung über einen Plan zu sprechen, wie es weitergehe, habe Dijsselbloem getroffen. Varoufakis betonte auch, die Entscheidung, die die Griechen treffen sollten, solle nicht über den Verbleib im Euro gehen, denn es gebe in den EU-Verträgen gar keine Bestimmungen für einen Austritt aus der Gemeinschaftswährung. "Jeder, der will, dass wir diese Frage stellen, muss zuerst die Verträge der Europäischen Union ändern", betonte der griechische Finanzminister.

   Dass die Euro-Finanzminister bei ihrem Treffen am Samstag Alternativen zu weiteren Rettungsgeldern für Griechenland diskutieren wollten, um wirtschaftliches Chaos zu verhindern, hatten an den Gesprächen beteiligte Personen bereits vorher erklärt. Der erste Schritt der von den Griechenland-Gläubigern allgemein als "Plan B" bezeichneten Alternativen wäre vermutlich die Einführung von Kapitalkontrollen, um einen Sturm auf die Banken des Landes zu vermeiden, sagten mit der Sache vertraute Personen.

   In Athen haben sich inzwischen lange Schlangen vor den Geldautomaten gebildet. Die Konten werden aus Sorge um die Stabilität des Finanzsystems abgeräumt. Einige Geldautomaten wurden am Samstag vollständig geleert.

   Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wich der Frage nach einem "Plan B" für den Fall einer Nicht-Einigung bei seinem Eintreffen zu der Sitzung in Brüssel aus. "Was heißt Plan B - wir müssen über die Lage reden, wie sie ist", forderte er. Griechenland habe den Verhandlungstisch verlassen. "Damit sind wir in einer Lage, dass am Dienstag das Programm endet, weil es ja gar keine Verhandlungen mehr über irgend etwas anderes gibt," sagte Schäuble.

   Mitarbeit: Gabriele Steinhauser, Viktoria Dendrinou und Nektaria Stamouli

   Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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   June 27, 2015 13:19 ET (17:19 GMT)

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